Der Thriller um Michael Jackson. Hanspeter Künzler
Reichert, 41, Betriebswirtin Druck, Leonberg
Die Frage zu meinen Lieblingswerken kann ich kaum beantworten. Jedes seiner Lieder ist auf seine Weise etwas ganz Besonderes und steht für sich selbst. Das ist bei ihm eben das Erstaunliche. Ich liebe Musik und höre wann immer ich kann Radio oder eine CD. Doch in der Regel weiß ich nicht wirklich, wer welches Lied singt. Ich mag auch nicht oft mehrere Lieder von einem Interpreten. Doch bei MJ ist das eben ganz anders. Seine Musik verzaubert mich immer wieder aufs Neue. Wenn ich allein durch den Wald laufe und dabei seine Musik höre, habe ich das Gefühl, mit jeder Faser meines Körpers bei dem Stück zu sein. Ich habe das Gefühl, fühlen zu können, was er sagen wollte. Ich bekomme das Gefühl, die Dinge klarer zu sehen, und nehme meine Umgebung plötzlich viel intensiver wahr.
Verena A., 30, Lüneburger Heide
Ich glaube, ich bewundere momentan einfach am meisten das „Invincible“-Album, da es einfach so einen „Boom“-Effekt verursachte. 1997 war das letzte Album rausgekommen, vier Jahre – und dann plötzlich, „Boom!“, sechzehn neue Songs …“
Felicitas Neumann, 14, Berlin, Schülerin
„Ich liebte seine Neverland-Ranch. So eine tolle „andere Welt“. Er hat da was ganz Tolles erschaffen.“
Brian, 25, Aushilfe, Königstein im Taunus
Meine Lieblingslieder variieren immer. Momentan bin ich fasziniert vom Intro von „Little Susie“. Mit welcher Sorgfalt er hier das Werk für sein Intro gewählt hat. Der Text des Requiems und die Melodie sind so treffend für das nachfolgende Stück. Wahnsinn find ich ebenso „Morphone“. Genial versteckt er hier einen Schwall an Information über seine Psyche. Diese Information sichtbar zu machen, versuche ich immer noch. Das gelungenste Werk ist allerdings er selbst – seine Ausstrahlung, seine Wirkung, seine faszinierenden Reden, seine unermüdlichen Versuche, für das, was er ist, anerkannt zu werden.“
Monika Kolland, 32, Coaching und Kommunikationstraining, Steiermark
Diese Antwort hören Sie sicher oft. Aber alles von ihm ist toll! Muss ich mich entscheiden, dann sind es Songs wie „Man In The Mirror“, „Heal The World“ und „Earth Song“. Das sind Songs mit einer großartigen Aussage, sie sollen uns wachrütteln, damit wir sehen, was passiert in der Welt.“
Tanja, 26, Auszubildende Bürokauffrau, Magdeburg
Als ich noch kein Englisch konnte, fand ich vor allem „Human Nature“, „Man In The Mirror“, „Another Part Of Me“, „Will You Be There“ und „Black Or White“ ganz toll, einfach wegen des Zusammenspiels von Musik und Stimme. Ab Mitte der 90er Jahre verstand ich dann auch noch, was er da eigentlich singt. Was mich damals wie heute fasziniert, ist, dass Michael nicht nur ein Popmusiker war, der (überspitzt ausgedrückt) 08/15-Liedtexte über Liebe und das Verlassenwerden schrieb, sondern sich sozial engagierte und über seine Musik sein soziales Bewusstsein zum Ausdruck brachte. Das kannte ich damals in der Form noch nicht von anderen Musikern, die ich wahrnahm (Bravo-Leserin …).“
Katja, 26, Lehrerin, Pfedelbach
„Smile“ ist mein Lieblingssong, weil er mit so viel Gefühl gesungen ist und einfach diese Harmonie ausstrahlt und ich es auch fühle.“
Alexander Stolz, 30, Gesundheits- und Krankenpfleger, Saarbrücken
Gedanken zum Fan-Sein:
Zweitens …
Die Fans, welche die Frage nach ihren liebsten Michael Jackson-Werken nicht einfach mit „alles“ beantworteten, brachten eine nicht weniger als verschiedene 49 Songs umfassende Liste von „Lieblingsliedern“ zusammen. Das ist nur schon angesichts der Kompaktheit von Michaels Lebenswerk eine beachtliche Ziffer. Sie deutet darauf hin, dass in seiner Musik eine Vielzahl von Elementen steckt, welche uns auf ganz unterschiedliche Art ansprechen können. Ein Titel ragte als Fan-Favorit heraus: „Man In The Mirror“. Knapp dahinter folgten „Heal The World“ und „Earth Song“.
„Man in the Mirror“ war keine Komposition von Michael selbst. Sie stammte aus der Feder der Soul-Sängerin Siedah Garrett und des Produzenten Glenn Ballard (er zeichnete später auch noch für Alanis Morissettes Album „Jagged Little Pill“ verantwortlich). Jacksons Version ist auf dem Album „Bad“ anzutreffen, auf welchem Garrett als Duett-Partnerin mit Michael „I Just Can’t Stop Loving You“ singt. An dem Lied fällt vor allem der prägnante Text auf. Er appelliert an unser Sozialgewissen, auch an die „kids in the street with not enough to eat“ zu denken und alles daranzusetzen, eine bessere Welt für alle zu schaffen. Zugleich gibt der Text zu bedenken, dass eine wahre gesellschaftliche Veränderung nur dann eintreten könne, wenn wir uns selbst ins Gewissen redeten und unsere eigennützigen Gewohnheiten änderten. Der Titel wurde 1987 als Single ausgekoppelt, brachte es aber nur in den USA, wo er sowohl in den Pop- als auch den R&B-Charts die Spitze erreichte, zu größeren Chart-Ehren. In Österreich schaute zwar auch noch ein Rang zehn heraus, aber in den mit Verlaub eher tonangebenden UK-Charts blieb die Single (entgegen anders lautenden Wikipedia-Angaben) auf Rang 21 hängen, in Deutschland auf 22 und in der Schweiz auf 23. Möglicherweise lässt sich gerade dadurch die außerordentliche Popularität des Liedes unter Fans erklären. Einerseits bringt es einen Stützpfeiler von Jacksons „Message“ perfekt auf den Punkt, andererseits ist es von Radio und TV noch nicht ganz bis zum Überdruss rauf- und runtergespielt worden.
„Earth Song“ teilt wie kaum ein zweiter Michael Jackson-Hit die Menschen in zwei Lager. Wieder einmal appellierte Jackson ans Gewissen seiner Zuhörer. Diesmal forderte er uns auf, besser auf unsere Erde und vor allem auch auf die Tierwelt aufzupassen. Die Message wurde in einem episch anschwellenden Arrangement serviert, das noch mit dem Gospelchor von Andrae Crouch garniert war. In den Augen der Fans war es ein Meisterwerk sensibler, tiefgängiger Songschreibekunst. In den Ohren und Augen der Feinde, von denen es zum Zeitpunkt des Erscheinens im November 1995 nur so wimmelte, war „Earth Song“ Schmalz pur und das dazugehörige Video, in welchem Jackson Posen einnahm, die frappant an bildliche Darstellungen von Jesus erinnerten, ein Meisterwerk pompöser Selbstherrlichkeit. Offenbar schlug sich Jacksons eigene Plattenfirma zumindest in den USA auf die Seite der Feinde: Die Single wurde dort nie veröffentlicht. Obwohl zu der Zeit Bill Clinton mit Vizepräsident Al Gore an seiner Seite im Weißen Haus saß, fielen umweltschützerische Botschaften in den USA auf steinigen Boden. Sie galten als Panikmache von Extremisten, die darauf aus waren, die amerikanische Industrie und damit den „Mann auf der Straße“ zu ruinieren. Es sei hier die spekulative These erlaubt, die Plattenfirma hätte befürchtet, dass Jackson nach den erst zwei Jahre zurückliegenden Anschuldigungen des Kindesmissbrauches durch Jordan Chandler eh kaum noch hitträchtig war, geschweige denn mit einem Lied, das von einem großen Teil der Bevölkerung als linke Propaganda aufgefasst werden konnte, selbst wenn die politische Botschaft mit Samthandschuhen, himmlischen Geigen und gospelhafter Inbrunst aufgetischt wurde. Anderswo teilte man die Meinung von Sony USA nicht. In Deutschland und in der Schweiz schaffte es „Earth Song“ an die Chart-Spitze, in Österreich auf Rang vier. In Großbritannien wurde sogar Michaels größter Hit aller Zeiten daraus. Über eine Million Exemplare gingen weg, sechs Wochen verbrachte die Single auf Platz eins und bewirkte, dass sich der postum erschienene Beatles-Schlager „Free As A Bird“ mit Platz zwei bescheiden musste.
In eine ähnliche textliche Kerbe haute „Heal The World“, das im November 1992 als sechste Singleauskoppelung von „Dangerous“ in die Läden kam. Rund um die Welt durfte Jackson einen weiteren Top 5-Hit verbuchen (Großbritannien Rang zwei, Deutschland drei, Schweiz vier, Österreich fünf). Nur in den USA passte die Nummer überhaupt nicht. In den Pop-Charts erreichte sie einen bescheidenen Rang 27, in den schwarzen R&B-Charts blieb sie gar auf Platz 62 stecken. Keine andere Michael Jackson-Single der Neuzeit hat seinen afroamerikanischen Fans so schlecht gefallen wie „Heal The World“.
Nebst den drei einsamen Spitzenreitern „Man In The Mirror“, „Earth Song“ und „Heal The World“ wurden „Smooth Criminal“, „Dirty Diana“, „Thriller“, „Human Nature“, „Beat