Seewölfe - Piraten der Weltmeere 515. Burt Frederick

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 515 - Burt Frederick


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Ausbildungsstand auch nicht wesentlich verbessern“, sagte er frostig. „Außerdem wird die Masse unserer Soldaten den Ausschlag geben. Wenn wir San Juan schleunigst angreifen, werden wir die Übermacht sein. Zögern wir aber immer und immer wieder, werden die Dons ihre Festung weiter ausbauen. Wir müßten dann mit bösen Überraschungen rechnen.“

      „Sie widersprechen sich“, sagte Hawkins spöttisch. „Vor Beginn unserer Reise haben Sie die Spanier noch als arglos und tölpelhaft bezeichnet. Jetzt auf einmal sollten sie so raffiniert sein, sich auf eine Gefahr aus heiterem Himmel einzurichten?“

      Drake wurde blaß vor Wut.

      „Ich lasse mir nicht die Worte im Mund umdrehen!“ fauchte er. „Ich begegne Ihnen mit vernünftigen Überlegungen, und Sie versuchen, mich mit Lächerlichkeiten abzuspeisen. Ich sage es noch einmal: Wir verplempern unsere Zeit.“

      Hawkins straffte seine Haltung so unvermittelt, daß seine Adjutanten besorgt in Habtachtstellung gingen. Zornesadern schwollen an den pergamenthäutigen Schläfen des greisen Admirals. Jedes einzelne seiner Worte klang wie eine Ohrfeige.

      „Wenn Sie meine Argumente für Lächerlichkeiten halten, sehr Verehrter Sir Francis, dann dürfte unsere Unterredung überflüssig sein. Bitte, betrachten Sie dieses Gespräch daher als beendet. Nehmen Sie zur Kenntnis, daß wir demnächst ankerauf gehen und uns einen neuen Ankerplatz für weitere Landeübungen suchen werden. In der Zwischenzeit hat die Ausrüstung der Soldaten verbessert zu werden. Ich erwarte von Ihnen, daß auch Sie sich darum kümmern.“

      Sekundenlang starrte Drake den älteren Mann aus zusammengekniffenen Augen an.

      „Eines Tages werden Sie begreifen, daß ich recht habe“, zischte Drake.

      „Nun, auf diesen Tag bin ich aber gespannt“, entgegnete Hawkins herablassend. „Ich danke Ihnen für die Unterredung, Sir Francis, und erlaube Ihnen, sich abzumelden.“

      Drake hob die Rechte zu einem hastigen Gruß und vollführte eine ruckartige Kehrtwendung.

      Es war der Vormittag des 4. November, als Dan O’Flynn die Zwillinge auf dem Vulkanfelsen aufsuchte, um sich nach etwaigen Neuigkeiten zu erkundigen.

      „Landeübungen und Trinkwasser-Bunkern sind eingestellt worden“, meldete Hasard junior.

      „Vorbereitungen zum Auslaufen haben begonnen“, fügte Philip junior hinzu.

      Dan stieß einen Pfiff aus. Es überraschte ihn, daß es eine Wende gab. Hatte das Streitgespräch zwischen Drake und Hawkins dazu beigetragen?

      Auf jeden Fall schien das offenkundig gespannte Verhältnis zwischen den beiden Admiralen einiges an Zündstoff in sich zu bergen.

      Dan nahm sein Spektiv und beobachtete das Geschehen auf den 27 Schiffen in der Bucht. In der Tat herrschte jene Art von geordneter Wuhling auf den Decks, wie man sie sich nur auf englischen Kriegsschiffen vorstellen konnte. Die Kommandos, heiser gebrüllt, waren bis hinauf zu dem Beobachtungsposten Dan O’Flynns und der Zwillinge zu hören.

      Weder Admiral Hawkins noch Admiral Drake ließen sich an Deck sehen. Offenbar brüteten die beiden Gentlemen in ihren Kapitänskammern über wichtigen taktischen Fragen. Die Routinearbeit überließ man in einem solchen Fall den Offizieren.

      Dan ließ das Spektiv wieder sinken. Der Verband würde in etwa einer Stunde die Bucht verlassen. Zeit genug, eine Entscheidung zu treffen. Und mit der „Empress of Sea“ war man gewissermaßen im Handumdrehen seeklar.

      Daß der alte Hawkins sehr krank war, hatte man trotz der Entfernung fast mit bloßem Auge erkennen können. Warum er bei seinem Gesundheitszustand noch ein solches Unternehmen führte, war schleierhaft. Denn es war kaum anzunehmen, daß sich seine Krankheit erst während der Reise über den Atlantik eingestellt hatte.

      Wie auch immer, Sir Francis Drake schien sich über Hawkins nicht viel Gedanken zu machen. Während der vergangenen fünf Tage hatte Drake nur ein einziges Mal sein Schiff, die „Defiance“, verlassen und den älteren Admiral besucht.

      Doch da hatte es auf dem Achterdeck der „Elizabeth Bonaventure“ jenen Streit gegeben, den Dan O’Flynn und Ed Carberry zwar nicht gehört, aber doch immerhin beobachtet hatten. Das Ende dieses Gesprächs war jedenfalls alles andere als versöhnlich gewesen.

      Es war also keine freundschaftliche Verbundenheit, die zwischen den beiden betagten Gentlemen herrschte. Drake war hoch in den Fünfzigern und Hawkins schon an die Siebzig. Leicht vorstellbar, daß die beiden regelrecht kindisch wurden, wenn sie sich angifteten. Ein gutes Vorzeichen für ein geplantes kriegerisches Unternehmen war das nicht.

      Etwas anderes konnten die Gentlemen aber nicht im Sinn haben – mit schätzungsweise tausend Soldaten auf den Schiffen.

      Dan verspürte ein mulmiges Gefühl in der Magengegend, denn er erinnerte sich an sein Gespräch mit dem betrunkenen Handelskapitän in Puerto Cabello. Überall in der südlichen Karibik seien verstärkte Schiffsbewegungen zu beobachten, hatte der Capitán berichtet – was darauf schließen ließ, daß die Dons in Aufruhr waren. Wenn sie verstärkte Sicherungsmaßnahmen für die Küstenorte ergriffen, so mußten sie zumindest ahnen, daß etwas in der Luft lag. Denkbar war auch, daß der spanischen Admiralität Meldungen aus England vorlagen. Denn spanische Spione gab es in London genug.

      Wenn es sich denn so verhielt, schienen jedoch Drake und Hawkins davon am allerwenigsten eine Ahnung zu haben.

      Dan O’Flynn rang mit sich selbst. Sollte er die Gentlemen davor warnen, daß sie möglicherweise ins offene Messer rannten? Im Moment war eine solche Warnung ohnehin schwierig zu bewerkstelligen, da der gesamte Verband ankerauf ging. Dan entschloß sich daher, zunächst abzuwarten.

      Er verließ den Beobachtungsposten gemeinsam mit den Zwillingen.

      In ihrer Bucht blieb die „Empress of Sea“ unentdeckt. Nachdem die 27 Schiffe der Admirale auf Nordwestkurs gegangen waren, segelten sie unter Vollzeug weiter.

      Dan ließ die Verfolgung aufnehmen, als seine Mannen den letzten Engländer kaum noch erkennen konnten. Die außergewöhnlich scharfen Augen Dan O’Flynns erwiesen sich wieder einmal als besonderer Vorteil. Während er sich mit der „Empress“ an den Verband hängte, hielt er die äußerste Grenze der Sichtweite ein. Selbst wenn die Landsleute ihn entdeckten, würde zunächst doch nichts weiter passieren, als daß man darüber herumrätselte, was es mit der kleinen Dreimastkaravelle auf sich hatte.

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