Seewölfe - Piraten der Weltmeere 385. Fred McMason
Kerle an. „Wir wollen diese Stockfische mal etwas wässern, was, wie?“
Die Schaluppe schurrte an der Bordwand weiter, trieb zwei Yards ab und donnerte wieder heran wie ein grantiger Ziegenbock, der unbedingt mit den Hörnern stoßen möchte.
Arwenacks und Kolberger schnappten sich die Pützen, hievten sie an Deck und leerten sie wieder nach unten aus. Sie alle waren mit Feuereifer bei der Sache, um den Señor Capitán wieder auf Hochglanz zu bringen. Sehr erfreut schien er nicht darüber zu sein, denn das laufend von oben nachgegossene Seewasser verteilte den Matsch nur noch mehr auf den Planken, und so blieb es nicht aus, daß sich einige der Kerle wieder unsanft auf den Planken wiederfanden.
Carberry goß dem jetzt todbleichen Capitán machtvoll die nächste Pütz Seewasser aufs Haupt. Sie donnerte mit solcher Wucht heran, daß es den Capitán zwei Schritte zurücktrieb. Erneut war er sekundenlang blind und griff um sich, um nicht über Bord zu gehen.
Das war der Augenblick, in dem es der Rudergänger gerade geschafft hatte, wieder die Pinne zu erreichen. Diesmal kollidierte er mit dem Schädel seines Vorgesetzten und empfing einen Nasenstüber, an dem er fast erstickte.
Mit einem lauten Schrei taumelte er von der Pinne weg, beide Hände vor das Gesicht haltend. Keiner der anderen Kerle bequemte sich jedoch, das Verhängnis zu verhindern, indem er nach der Pinne griff. Sie waren wie gelähmt vor Schreck und Entsetzen, und sie wußten wohl auch nicht so recht, wie sie sich gegenüber ihrem dreckbesudelten Capitán verhalten sollten.
So nahm das Verhängnis seinen Lauf.
„Jetzt kracht’s“, sagte Ferris Tucker. „Jetzt nimmt er uns voll auf die Hörner. Himmel, Arsch und Kübelmatsch!“
Wie ein Rammbock donnerte die steuerlose Schaluppe heran. Eine leichte Dünung setzte sie gerade in diesem Augenblick tiefer in die Wellen, damit sie besser Anlauf nehmen konnte.
Die Seesoldaten brüllten, der Capitán hielt sich fest, und der Rudergänger irrte mit blutender Nase ziellos auf dem Deck herum.
Die „Caribian Queen“ hielt einen solchen Rammstoß unbeschadet aus, da knackten nicht mal ihre eisenharten Planken. Es gab nur eine recht dumpfe Erschütterung und zweimal hintereinander einen lauten Knall.
Aber die Schaluppe überstand das nicht ganz ohne Schäden.
Kaum war sie an die Bordwand gedonnert, da zersplitterte der Großbaum, die Gaffel ging zu Bruch, und das Großsegel zerfetzte mit einem häßlichen Geräusch.
Die eben noch in Braßfahrt befindliche Schaluppe wurde so jäh gestoppt, daß der herumirrende Rudergänger das Gleichgewicht verlor und mit Gebrüll über Bord ging. Im Wasser herumkrebsend, hielt er sich immer noch die Nase und nuschelte, man möge ihn, verdammt noch mal, sofort aus dem Bach ziehen, er könne nicht schwimmen.
Aber an Deck herrschte Wuhling, und dem Rudergänger blieb nichts anderes übrig, als noch eine Weile im Bach auszuharren. Trotz seiner gegenteiligen Beteuerungen schwamm er ganz gut.
Unter dem Großsegel, das zerfetzt an Deck lag und in das der Wind hineinblies, krochen total entnervte Kerle hervor. Mit wüsten Worten befreiten sie sich von dem Tuch. Ein paar von ihnen rutschten erneut in der Schmiere aus und fluchten unbeherrscht, als die Schaluppe achteraus an dem Zweidecker vorbeitrieb.
„Ja – ja“, sagte der Kutscher tiefsinnig, „die Gelehrten nennen das den sogenannten koeffizienten Reibungseffekt, eine Zahl, die das Ausdehnungsvermögen eines Stoffes ausdrückt, in diesem Fall der Matsch aus dem Abfallkübel. Ich glaube, ein bißchen Schmierseife war auch noch in dem Kübel, was den Reibungseffekt unglaublich vergrößert. Er ist schon so manch einem zum Verhängnis geworden, wegen seiner Unberechenbarkeit. Noch besser geht das mit Knochenleim, Seife und Wasser. Da tanzen die ehrenwerten Dons stundenlang hausgemachten Flamenco.“
Die Kerle hieben sich auf die Schenkel und wollten sich krank lachen. Auch von der „Pommern“ drang brüllendes Gelächter herüber.
Der Profos lachte am lautesten. Er konnte sich kaum beruhigen.
„Das mit dem Klotz-Interessenten mußt du mir mal genauer verklaren“, sagte er zum Kutscher, der ihn unter gerunzelten Brauen ansah.
„Koeffizient heißt das“, sagte er mit Würde, „und nicht das, was du wieder verstanden hast. Wenn man beispielsweise die Planken wässert, Knochenleim und Schmierseife darüber verteilt, dann ist es ausgeschlossen, daß man sich auf den Beinen halten kann. Es sei denn, mit genagelten Stiefeln.“
„Haben wir so was an Bord?“ wollte der Profos wissen.
„Klar, zu jeder Zeit.“
„Hm, darüber sollte man mal nachdenken“, meinte Ed. „Wenn ein paar Schnapphähne entern wollen, sausen sie ab, was?“
„Wie durch Donegals Rutsche“, versicherte der Kutscher.
Sie blickten nach achtern und sahen Dan O’Flynn fröhlich winken. Die Dons waren mit ihrer beschädigten Schaluppe beschäftigt, und hatten gerade ihren Rudergänger aus dem Bach gezogen, der jetzt an Deck stand und wild gestikulierte. Der Capitán brüllte ihn an, die Soldaten brüllten ebenfalls. Dann brachten sie Riemen aus, denn an eine Reparatur war hier draußen nicht zu denken.
Die Arwenacks und Kolberger winkten den Dons fröhlich nach und bedachten sie mit geistreichen Sprüchen.
Langsam krebste die Schaluppe zum Hafen zurück. Der geschniegelte Stiesel hatte sich sehr zu seinem Nachteil entwickelt. Selbst aus der Ferne sah er immer noch sehr jämmerlich aus.
„Seine Vorgesetzten werden ihn sicher gebührend bestaunen“, sagte Dan, „und sich über seine Aufmachung wundern. Aber ein toller Spaß war das schon, gerade wegen des Abfallkübels. Ohne den Kutscher hätten die arroganten Kerle nie so läppisch ausgesehen.“
Auch Renke Eggens, der neben Dan auf dem Achterdeck stand, konnte sich lange nicht beruhigen.
„Bei euch geht das mit Witz und Humor über die Bühne“, sagte er anerkennend, „das hat mir eine Menge Spaß bereitet und hätte auch Arne köstlich amüsiert.“
Dan wies zur Reede.
„Die Kerle da drüben sind wie erstarrt. Die haben natürlich alles mitgekriegt.“
Auf den Galeonen und Schaluppen war die Arbeit unterbrochen worden.
Die Dons standen tatsächlich wie leblose Marionetten herum. Das seltsame Schauspiel war keinem entgangen.
Es kam erst wieder Bewegung in die Spanier, als die lädierte Schaluppe an ihnen vorbeigepullt wurde und Kurs auf den Hafen nahm. Diesmal sahen die Dons entgeistert den beiden davonsegelnden Schiffen nach.
Dan O’Flynn griff zum Kieker und beobachtete eine Weile schweigend den Hafen. Die Kriegs-Karavellen und die größere Galeone entgingen auch ihm nicht. Die Schaluppe pullte geradewegs auf sie zu.
„Vielleicht gibt das noch ein kleines Tänzchen“, sagte er. „Aber das werden wir ja bald sehen.“
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