Seewölfe - Piraten der Weltmeere 378. Roy Palmer

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 378 - Roy Palmer


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Kram aufräumen. Don Antonio würde ihm am liebsten den Hals umdrehen, aber Don Juan hat Sondervollmachten. Trotzdem hat er ihn schon einmal festnehmen lassen, hab’ ich gehört. Aber dann hat Catalina mit seiner Bande die Stadt überfallen.“

      „Catalina?“ rief Teta-Maria. „Dieser Teufelskerl! Hat er Havanna etwa niedergebrannt?“

      „Er ist tot“, entgegnete Atos. „Und mit ihm die meisten seiner Männer. Auch Zapata, der sich mit ihm verbündet hatte, wurde zurückgeschlagen.“

      „Und das alles hat dieser Don Juan erreicht?“ wollte der Schnauzbärtige wissen.

      „Nein“, entgegnete Atos. „Natürlich nicht. Er wurde unterstützt, unter anderem auch von einem Deutschen, der in Havanna ein Handelshaus gegründet haben soll. Fast ging es dem dicken Don Antonio an den Kragen, aber Don Juan und der Deutsche haben ihn gerettet.“

      „Also muß Don Antonio Don Juan sogar noch dankbar sein“, sagte Alvaro, der sich zu den Zechern gesellt hatte. „Das wird ihm schmecken.“

      Cariba hörte aufmerksam zu.

      „Wenn Don Juan Piraten jagt, haben wir bald nichts mehr zu lachen“, sagte der Schnauzbärtige.

      „Du irrst dich“, widersprach ihm Atos. „Don Juan ist nämlich hinter englischen Piraten her, speziell hinter denen, die unter dem Namen ‚Seewölfe‘ bekannt sind.“

      „Das hättest du aber auch gleich sagen können!“ rief der einäugige Beachcomber. „Hölle, hast du mir einen Schrecken versetzt!“

      „He!“ schrie der Schnauzbärtige und lachte. „Wenn Don Juan derart auf die Seewölfe versessen ist, bedeutet das für uns, daß er uns vorläufig in Ruhe läßt.“

      „Jawohl!“ rief Atos. „Und darauf laßt uns einen trinken! Ich gebe eine Runde für euch aus, ihr Hundesöhne!“

      „Salud!“ schrien die Huren. „Prost!“

       2.

      Cariba hatte genug gehört. Er erhob sich, trat an die Theke und zahlte seine Zeche. Dann fragte er: „Das mit dem Rum – hast du es dir gut überlegt, Amigo?“

      „Ja. Acht Dublonen.“

      „Sechs“, sagte Cariba grinsend.

      Sie feilschten noch eine Weile herum, dann einigten sie sich auf sieben Dublonen. Cariba nahm die Fässer in Augenschein, überzeugte sich davon, daß sie randvoll waren, prüfte auch die Qualität und händigte dem Wirt dann die Münzen aus. Alvaro bot ihm seine Hilfe an, aber Cariba trug die Fässer selbst zu seinem Landeplatz, eins nach dem anderen.

      Die Jolle lag etwas abseits des ehemaligen Hafens unter Mangroven und Schilf versteckt. Cariba wuchtete die Fässer an Bord, vergewisserte sich, daß sie nicht zu tief im Wasser lag, stieg ein und legte ab. Ehe er den Mast aufrichtete und das Segel setzte, warf er noch einen Blick zu der trübe erleuchteten „Yerba Buena“ zurück. Ein toller Laden, dachte er grinsend, und was für ein Weib!

      Dann dachte er auch wieder an das, was Atos aus Havanna berichtet hatte, und er brummte: „Das wird die Queen interessieren. Ich muß es ihr so schnell wie möglich sagen.“

      Aber vielleicht – auch das überlegte er – war es besser, zuerst mit Caligula darüber zu sprechen. Allein bei der Nennung des Namens „Seewolf“ wurde die Black Queen verrückt. Vielleicht war es nicht gut für ihren derzeitigen Zustand, wenn sie sich unnötig aufregte.

      Cariba segelte die Nacht hindurch. Platt lag die Jolle vor dem Nordostwind, der frisch bis böig einfiel und sie vorantrieb. Sie lief gute Fahrt und durchquerte die Bucht von Matamano, ohne anderen Schiffen zu begegnen. Cariba vermochte auch in einiger Entfernung nicht die funkelnden Hecklaternen von vorbeiziehenden Schiffen zu erkennen. Er war, so schien es, völlig allein in diesem Seegebiet.

      Als der junge Tag im Osten mit milchig-trüben Grauschleiern aus der See stieg, hatte Cariba den Canal de los Indios erreicht. Er behielt den südwestlichen Kurs bei und konnte zwei Stunden später die ersten Inselchen erkennen, die als verschwommene Silhouetten an der südlichen Kimm auftauchten.

      Wie Perlen auf einer langen Schnur waren sie aneinandergereiht und erstreckten sich von der Küste Kubas über die Pinien-Insel in die Karibische See hinein. Cariba hatte keine Schwierigkeiten, sich zu orientieren. Seine Sinne waren geschärft, und er verfügte über genug Erfahrung, um auch ohne Kompaß, Jakobsstab, Astrolab und andere Hilfsmittel den richtigen Kurs zu steuern.

      Mühelos fand er sich zurecht und segelte die Jolle zwischen den kleinen Inseln hindurch zum Versteck. Wie das Eiland mit der geschützten Ankerbucht eigentlich hieß, wußte niemand an Bord der „Caribian Queen“, auch die Black Queen und Caligula nicht. Aber es interessierte auch keinen. Für sie war es eine Insel wie jede andere, mit Palmen, Mangroven, Lianen, ein bißchen Sandstrand und ein paar bewaldeten Hügeln, mit giftigen Schlangen, keckernden Affen und schimpfenden Vögeln. Wichtig war nur, daß sie nicht bewohnt war und sie hier nicht entdeckt wurden.

      Als grauschwarzer Schattenriß schob sich die Insel um die Mittagsstunde in Caribas Blickfeld. Er grinste, braßte das Segel ein wenig an und ging an den Wind, auf Kurs Süden. Er rundete die Insel halb, halste und ging dichter unter Land. Dann – bevor er in die Bucht einlief – stand er von seiner Ducht auf und gab dem auf dem höchsten Hügel postierten Ausguck mit beiden Händen ein vereinbartes Zeichen.

      Der Ausguck, der ihn längst entdeckt hatte und seitdem durch den Kieker beobachtete, gab ihm mit einer Bleiglasscherbe ein Blinksignal. Cariba wußte nun, daß alles in Ordnung war und er an Bord der „Caribian Queen“ gehen konnte. Der Ausguck indessen benachrichtigte Caligula und die anderen Kerle, daß es sich bei der einlaufenden Jolle um ihr eigenes Boot handele.

      Das sahen die Kerle dann auch mit bloßem Auge. Cariba segelte durch die schmale, halb von Mangroven zugewucherte Einfahrt und stieß einen lauten Pfiff aus.

      „Rum!“ brüllte er.

      „Ran!“ schrie einer der Kerle, die sich unterdessen allesamt am Schanzkleid des Zweideckers versammelt hatten. Die Landwachen liefen am Strand zusammen, nur der Ausguck verharrte weisungsgemäß auf seinem Hügelposten.

      „Das gibt ein feines Besäufnis!“ rief ein anderer Pirat, und seine Kumpane lachten rauh.

      Caligula stand breitbeinig und mit verschränkten Armen auf dem Achterdeck und verfolgte das Einlaufen und Längsseitsgehen der Jolle. Er hütete sich, Einspruch gegen das Vorhaben der Kerle einzulegen. Sollten sie sich nach Herzenslust vollaufen lassen, sie hatten es jetzt nötig. Wenigstens verfiel keiner von ihnen auf dumme Gedanken. Sie lagen schon lange genug hier fest und brüteten finster über ihr Mißgeschick und ihre Pechsträhne, aber noch hatte zum Glück keiner von ihnen gemeutert. Kein Versuch der Rebellion – Caligula konnte froh darüber sein. Wenn ein Aufstand an Bord losbrach, hatte er allein keine Chance, sich gegen die Meute zu behaupten, und die Queen war immer noch nicht wieder einsatzfähig.

      Also galt es, die Kerle bei Laune zu halten. Der Rum war gerade recht. Wenn sie ein Faß geleert hatten, würden sie ihren Rausch ausschlafen. Sobald sie nüchtern waren, wurde das nächste Faß angestochen. Caligula war bereit, drei Fässer zu opfern, erst dann würde er dem Treiben einen Riegel vorschieben.

      Irgendwann würde auch der Ruf nach Frauen laut werden, aber dann, so hoffte Caligula zumindest, war die Black Queen wieder auf den Beinen und verließ die Inselbucht, um nach neuen Angriffszielen und vielversprechenden Raids Ausschau zu halten.

      Cariba legte mit der Jolle an. Die Fässer wurden an Bord des Zweideckers gehievt, Cariba enterte grinsend an der Jakobsleiter auf. Er ging zu Caligula und händigte ihm den Rest der Goldmünzen aus, die er für den Kauf des Rum-Vorrates mitgenommen hatte.

      „Gut“, sagte Caligula. „Du hast die Fässer zu einem günstigen Preis erstanden. Aber taugt das Gesöff auch was?“

      „Überzeuge dich selbst davon.“

      „Später.


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