Seewölfe - Piraten der Weltmeere 488. Roy Palmer

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 488 - Roy Palmer


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kleiner Sack mit Goldmünzen.

      „Hurra!“ brüllten die Kerle.

      „Woher hast du das gewußt?“ fragte Marco.

      Der Andalusier lachte, warf den Beutel in die Höhe und fing ihn wieder auf. „Ich habe es nur geahnt. Machado war ein krummer Hund, gerissen, aber nicht zu gerissen. Daß er irgendwo noch ’ne Rücklage hat, habe ich mir einfach gedacht. Na ja, und er fühlte sich wohl am sichersten, wenn er auf den Talerchen schlafen konnte.“

      „Teilen wir?“ fragte Pablo.

      Felipe warf ihm einen Blick zu, als wolle er ihn erschlagen. „Und wenn ich den Beutel für mich behalte? Was ist dann?“

      „Das ist nicht gerecht“, entgegnete Luiz. „Wir halten zusammen, haben wir gesagt.“

      „Felipe“, sagte Marco. „Mach keinen Mist.“

      Der Andalusier grinste, lachte, schüttelte den Kopf. Dann öffnete er den Beutel. Sie teilten sich den Inhalt – zwanzig Piaster. Jeder erhielt fünf Goldmünzen. Dann ging die Wahl über die Bühne. Sie einigten sich darauf, daß der Kopf der Münze für Marco stand, die Zahl für Luiz. Pablo durfte die Münze hochwerfen. Sie wirbelte durch die Luft. Felipe fing sie geschickt auf und wies sie sofort in der geöffneten Handfläche vor.

      „Kopf“, sagte Felipe – und wieder grinste er. Es wirkte gleichsam diabolisch, als wolle er sagen: Ich hab’s ja gewußt.

      Marco nickte. „Gut. Fangen wir also an. Wir durchsuchen den Kahn und nehmen alles mit, was wir noch bergen können – Proviant und Waffen.“

      „Und Gold“, fügte Pablo hinzu.

      „Mehr ist wohl nicht zu finden“, sagte Marco. „Die Engländer haben das Schiff geplündert. Macht euch keine falschen Hoffnungen.“

      In der Tat – mehr als die zwanzig Piaster waren an Bord der „Trinidad“ an Münzen nicht mehr aufzutreiben. Weitere Geheimverstecke des Diego Machado existierten nicht, so sehr die vier Kerle auch forschten und alles abtasteten und beklopften.

      Luiz war enttäuscht, gab sich aber Mühe, dies nicht zu zeigen. Er hatte der Wortführer sein wollen. Es gefiel ihm, einen kleinen Haufen herumzukommandieren, und es schwebte ihm im übrigen auch vor, sich ganz der Piraterie zu verschreiben, sich ein Schiffchen zu beschaffen und mit einer Meute auf Kaperfahrt zu gehen.

      Schon jetzt schien sich aber abzuzeichnen, daß sich dies mit Marco, Felipe und Pablo nicht verwirklichen ließ. Irgendwann würde er sich absetzen und seiner eigenen Wege gehen.

      Ihr blöden Hunde, dachte Luiz, als er in die Waffenkammer eindrang, ihr werdet schon noch kapieren, was für ein Verlust es für euch ist, wenn ich euch im Stich lasse. Aber mir ist es dann egal, was aus euch wird. Von mir aus könnt ihr über den Jordan gehen.

      Der erste Blick, den Luiz in die Waffenkammer der „Trinidad“ warf, bereitete ihm sogleich eine herbe Enttäuschung. Die Kammer war leer. Der Gegner hatte alles mitgenommen, was er brauchen konnte. Die Waffen hingegen, für die er keine Verwendung hatte, hatte er wohlweislich in der Bucht versenkt.

      Luiz fluchte vor Wut, dann nahm er sich das Pulverdepot vor. Das Ergebnis fiel hier ähnlich aus: keine Unze Pulver hatten die Arwenacks und ihre Kameraden vom Bund der Korsaren an Bord der „Trinidad“ zurückgelassen. Nur noch zwei leere Fässer gähnten Luiz höhnisch an.

      Der Schwarzbart trat gegen das eine Faß. Es kippte um, aber Luiz stöhnte auf. Er hatte sich bei dem Tritt fast den großen Zeh verstaucht. Zornig kehrte er an Oberdeck zurück. Hier hatten die Kumpane inzwischen andere Aktivitäten entwickelt. Sie hatten die Jolle zu Wasser gebracht und waren dabei, einigen Proviant sowie ein Fäßchen Wein und etliche Flaschen Schnaps in dem Boot zu verstauen.

      Dieser Anblick munterte Luiz wieder auf.

      „Na, ihr habt ja Glück gehabt“, sagte er.

      Marco wandte sich halb zu ihm um. „Und du?“

      „Nichts“, erwiderte der Schwarzbart. „Keine Waffen, keine Munition.“

      „Dann eben nicht“, sagte Felipe. „Wir haben aber wenigstens die Messer aus der Kombüse. Damit läßt sich auch was anfangen. Und einen Stein zum Messerschleifen finde ich auch wieder.“ Den Stein hatte der Gegner ihnen abgenommen, als sie überrumpelt worden waren.

      Wenig später setzten die Kerle mit der Jolle zum Ufer über. Als sie an Land standen, blickten sie sich etwas ratlos an.

      „Und?“ fragte Pablo. „Was jetzt? Gehen wir nach Batabanó?“

      „Augenblick mal“, entgegnete Marco. „Keiner ist mehr hier, da können wir uns doch in aller Ruhe noch mal in den Höhlen umsehen.“

      „Ach, da liegt nichts mehr rum“, sagte Luiz.

      „Sag das nicht“, erwiderte Felipe. „Wir haben ja auch in Machados Kammer noch was gefunden. Also, ich meinerseits habe gar nichts dagegen, noch ein bißchen in den Höhlen herumzukriechen. Und wenn wir nur ein paar Silberlinge zusammenkratzen, das ist doch schon was.“

      „Der Meinung bin ich auch“, pflichtete Pablo ihm bei. „Nachschauen schadet ja nichts.“

      „Schon gut, meinetwegen“, brummte Luiz. Er war überstimmt, und Marco führte ja sowieso das Wort. Also brachen sie zu den Höhlen auf und schleppten ihren Proviant mit.

      Als sie die Höhlen aber erreichten, blickten sie sich erst einmal äußerst mißtrauisch um. Durfte man denn sicher sein, daß die Bastard-Engländer nicht wieder für eine üble Überraschung gesorgt hatten? Was war, wenn sie einen Wachtposten zurückgelassen hatten, etwa den Faßteufel, das Monstrum?

      Luiz fühlte sich von kalter Angst gepackt, als er über diesen Punkt nachdachte. Unwillkürlich duckte er sich zwischen den Felsen. Sein Kopf ruckte hin und her, er spähte nach links und nach rechts.

      „Na, was ist los?“ fragte Felipe mit hämischem Tonfall. „Du hast die Hosen ganz schön voll, was?“

      „Sag das nicht noch mal.“

      „Keine Bange, von den Hurensöhnen ist keiner mehr da.“ Der Andalusier lachte wieder auf seine aufreizende Art.

      Luiz hätte Felipe gewünscht, daß jetzt irgendwo der Riese mit dem Rammkinn aufgetaucht wäre. Doch es blieb alles ruhig. Es stimmte: die Engländer hatten niemanden zurückgelassen. Warum hätten sie das auch tun sollen? Es gab ja nichts mehr zu bewachen.

      Doch gelinde Zweifel hatten die vier Spanier immer noch – auch, als sie in die Schatzhöhlen eindrangen. Zu schlimm war das, was sie erlebt hatten, zu frisch noch die Erinnerung daran. Sogar das Faß, in dem der Teufel von einem Profos gelauert hatte, war noch da.

      Marco übernahm die Führung. Er war es auch, der einen Kienspan entdeckte und ihn mit einiger Mühe entfachte. Die Flamme stieg auf, blakender Rauch kräuselte sich zur Höhlendecke hoch. Draußen war es dunkel geworden. Man konnte die Nachtvögel schreien hören, doch das unterschwellige Rauschen des nahen Wasserfalles überdeckte alle anderen Laute wie beispielsweise das Quaken der Frösche oder das Zirpen der Zikaden im Dschungel.

      „So“, sagte Marco. „So weit wären wir schon mal. Jetzt sehen wir uns in aller Ruhe auch in den Nebenhöhlen um.“

      „Moment!“ sagte Felipe. „Wie wär’s denn, wenn wir erst mal richtig einen zwitschern würden?“

      „Eine gute Idee“, erwiderte Pablo sofort grinsend. „Und Kohldampf habe ich auch.“

      „Ja, da habt ihr recht“, meinte Marco. „Ich habe auch Hunger und Durst.“

      „Glaubst du etwa, ich nicht?“ fragte Luiz.

      „Aber da sind noch ein paar Sachen, die wir vom Boot abholen müssen“, sagte Felipe. „Zum Beispiel die beiden letzten Proviantsäcke und die Kombüsenmesser.“

      „Geh du los“, sagte Marco. „Nimm Pablo mit. Bringt das Zeug herauf. Wir schlagen hier vorläufig unser Lager auf.


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