Seewölfe - Piraten der Weltmeere 534. Burt Frederick
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Impressum
© 1976/2019 Pabel-Moewig Verlag KG,
Pabel ebook, Rastatt.
eISBN: 978-3-95439-942-0
Internet: www.vpm.de und E-Mail: [email protected]
Burt Frederick
Entscheidung in der Schweinebucht
Sie wollen Mauritius alles nehmen – ausgerechnet eine Handvoll Piraten wehrt sich dagegen
Sie hörten die Geräusche in der Bucht. Schiffe und Menschen. Und Tiere.
Amado Tiron und Luceiro Monte waren vor Schreck verstummt. Sie bewegten sich lautlos im Dickicht. Dies war ihr Zuhause, nirgendwo sonst fühlten sie sich so sicher wie hier. Aber sie spürten, daß diese Sicherheit in Gefahr war. Wer sich auch immer dort in der Bucht befand, er würde ihr Leben empfindlich stören.
Die beiden Portugiesen erreichten den Rand des Dickichts. Fassungslos verharrten sie in sicherer Deckung. Vier Galeonen ankerten in der Bucht. Dreimaster. Und sie hatten bereits einen regen Pendelverkehr zum Strand eingerichtet …
Die Hauptpersonen des Romans:
Joao Bonfado – Der Portugiese hat mit seinen hundert Gefährten auf der Insel Mauritius ein Paradies vorgefunden, und er ist entschlossen, es zu erhalten.
Loek Rademaker – Der holländische Kapitän geht über Leichen – bis er auf einen Gegner trifft, der sich nichts gefallen läßt.
Henk van Ronden – Der Dritte Offizier erhält einen Erkundungsauftrag, an dem er scheitert. Darum wird er standrechtlich erschossen.
Ben Brighton – Der Erste Offizier der Arwenacks hat düstere Gedanken und ist skeptisch, als die unbekannte Insel gesichtet wird.
Philip Hasard Killigrew – Der Seewolf beugt sich dem Befehl eines holländischen Kapitäns – aber aus taktischen Gründen, denn danach zieht er vom Leder.
Inhalt
1.
Die Portugiesen auf Mauritius verfügten über einen Kalender. Seit es sie hierher verschlagen hatte, hüteten sie ihn wie einen Augapfel. Und Joao Bonfado, ihr Anführer, wachte selbst darüber, daß der Kalender zuverlässig weitergeführt wurde. Selbst eine durchzechte Nacht war kein Grund, sich nicht um den Kalender zu kümmern.
Sie schrieben den 3. Januar 1597, als es den schwerwiegendsten Einschnitt in ihrem Leben auf der Insel geben sollte. Es war einer dieser paradiesisch schönen Tage mit strahlendem Sonnenschein und wolkenlosem blauem Himmel. Sie kannten fast nichts anderes. Selbst wenn es regnete, war der Regen sanft und mild, und der Wind reichte meist soeben aus, um ihren Schaluppen den nötigen Vortrieb zu geben. Unwetter waren selten auf Mauritius, dem Paradies, das Joao Bonfado und seine hundert Gefährten ganz für sich allein hatten.
Obwohl sie die Insel nie vollends erkundet hatten, wußten sie doch, daß es keine weiteren menschlichen Ansiedlungen gab. Sie hatten die Küste mehrmals umrundet, waren an den verschiedensten Stellen gelandet und hatten immer wieder festgestellt, daß da niemand außer ihnen war, der Mauritius für sich oder gar für irgendein Herrscherhaus der Alten Welt beanspruchte.
Der 3. Januar 1597 wurde ein düsterer Tag, obwohl der Sonnenschein anhielt.
Amado Tiron und Luceiro Monte waren die ersten aus Bonfados Schar, die sich dessen bewußt wurden. Ihre anfängliche Fassungslosigkeit wich ohnmächtiger Wut und schließlich flammendem Widerstandswillen, als sie das Geschehen in der Bucht beobachteten.
Sie konnten die Folgen noch nicht einmal abschätzen. Dennoch waren sie vom ersten Augenblick an überzeugt, daß man dieses Geschehen nicht tatenlos hinnehmen durfte.
Die vier Galeonen lagen etwa fünfhundert Yards vom Strand entfernt vor Anker. Die Segel waren säuberlich aufgetucht, und auch der sonstige Zustand der Schiffe zeigte, daß an Bord eiserne Disziplin und Ordnung herrschten.
Der Pendelverkehr, den sie zum Strand eingerichtet hatten, wurde von insgesamt acht Jollen betrieben.
Amado und Luceiro brauchten eine Weile, um vollends zu begreifen, was sich abspielte.
Die Jollen transportierten lebende Fracht.
„Schweine!“ flüsterte Amado Tiron ungläubig. „Kannst du dir das erklären? Ausgerechnet Schweine?“
„O ja“, erwiderte Luceiro Monte ebenso leise und nickte grimmig. „Welche Sorte Mensch hat Schweine? Denk nach!“
„Wie meinst du das?“
„Himmel!“ sagte Luceiro stöhnend. „Unsereins als Freibeuter von eigenen Gnaden wird ja wohl nicht gerade mit solchen Viechern umgehen.“
„Ach so!“ Amado zog die Augenbrauen hoch. „‚Bauern!‘ Du meinst Bauern? Glaubst du wirklich, diese Kerle wollen ausgerechnet auf unserer Insel Bauern ansiedeln?“
„Genau das glaube ich“, entgegnete Luceiro. „Es sieht nämlich verdammt danach aus. Kannst du unter den Kerlen da draußen besonders viele Soldaten entdecken?“
„Bis jetzt noch keinen einzigen.“
„Siehst du. Es sind Handelsleute. Sie werden genügend einfaches Volk mitgebracht haben, das sie hier zusammen mit dem Viehzeug aussetzen. Gleichzeitig wird ein Handelsposten gegründet, und nach und nach entsteht dann ein Hafen. Wir werden dann nichts mehr zu sagen haben auf Mauritius.“
„Wenn wir das Schweinevolk nicht vorher vertreiben!“
Die beiden Männer verstummten wieder.
Drei Boote erreichten jetzt den Strand, während die übrigen fünf bereits wieder zu den ankernden Galeonen unterwegs waren. Auf jeder der Jollen war ein hölzerner Käfig montiert, in dem die Schweine an Land gebracht wurden.
Da die Käfige nur jeweils einem Schwein Platz boten, würde es etliche Stunden dauern, bis alle an Land gebracht waren – je nachdem, wie viele Borstentiere sich in den Laderäumen befanden.
Am Strand, etwa hundert Yards vom Uferwasser entfernt, hatte ein erstes Kommando Pfähle in den Boden gerammt. Planken waren in aller Eile daran festgenagelt worden, die schmale Öffnung wurde mit zwei beweglichen Stangen verschlossen.
Zehn mit Musketen, Pistolen und Säbeln bewaffnete Männer waren bei dem Gehege postiert. Das Treiben der Schweine wurde von einem Dutzend unbewaffneter Männer besorgt.
Die Wächter spähten fortwährend zum Dickicht. Ihren Mienen war anzusehen, daß sie sich nicht sehr behaglich fühlten.