Seewölfe - Piraten der Weltmeere 216. Ralph Malorny

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 216 - Ralph Malorny


Скачать книгу

      Impressum

      © 1976/2016 Pabel-Moewig Verlag KG,

      Pabel ebook, Rastatt.

      ISBN: 978-3-95439-552-1

      Internet: www.vpm.de und E-Mail: [email protected]

      Inhalt

       Kapitel 1

       Kapitel 2

       Kapitel 3

       Kapitel 4

       Kapitel 5

       Kapitel 6

      1.

      Jedem, der in diesem Augenblick die „Isabella VIII.“ gesehen hätte, wäre das Herz aufgegangen. Denn die Dreimastgaleone fuhr unter vollen Segeln. Es herrschte ein leichter, beständiger Wind, der fast achterlich einfiel. Der Rahsegler steuerte Westkurs, wollte in den nächsten Tagen die Südspitze Afrikas runden und lief gute Fahrt.

      Die Männer an Deck konnten das eigene Schiff natürlich nicht sehen, und selbst wenn sie die Schönheit dieses Bildes ahnten – sie hatten im Augenblick andere Sorgen.

      „Mister Ballie, du Blindfisch!“ brüllte Profos Edwin Carberry mit einer Stimme, die Tote erwecken konnte. „Paß auf, daß du Kurs hältst, zum Teufel!“ Er meinte damit, daß Pete Ballie darauf achten solle, die „Isabella“ nicht aus dem Ruder laufen zu lassen.

      Pete Ballie riß die grauen Augen auf. Zu lange schon stand er in mörderischer Hitze im Ruderhaus. Der trockene Wintermonsun des Jahres 1590, vor dem sie herliefen, dörrte einen aus und ließ die Kehle rauh werden wie ein Reibeisen.

      „Der verdammte Kahn ist am Geigen“, erklärte er wütend, und seine Fäuste – groß wie Ankerklüsen – packten fester zu.

      Damit aber hatte er dem Profos das Stichwort gegeben. Alle an Bord waren gereizt, und gerade der bullige Kerl mit dem Rammkinn und dem zernarbten Gesicht, der sich für die Disziplin verantwortlich fühlte, ging sofort in die Luft, wenn er auch nur das geringste Anzeichen für ein Nachlassen des Respektes witterte. Und wenn jemand die „Isabella“ verächtlich als Kahn titulierte, so war das schon zuviel.

      „Sprichst du etwa von unserer ‚Isabella‘, was, wie?“ fragte Carberry grollend.

      Philip Hasard Killigrew, der auf dem Achterdeck stand, über seine Roteiros gebeugt, schaute auf und ermahnte die Männer, Frieden zu halten. Er wußte nur zu genau, daß nach allen Strapazen des langen Törns durch den Indischen Ozean jeder einzelne am Ende seiner Kraft war. Da genügte ein einziger Funke, um alles in die Luft zu jagen.

      „Aye, aye, Sir“, brummte Edwin Carberry und widmete sich wieder mit Hingabe seiner Aufgabe. Er mußte die Mannschaft auf Trab halten, weil Arbeit ablenkte, und er wußte für jeden eine Beschäftigung, ausgenommen Arwenack, den Bordschimpansen, und Sir John, den Papagei, der frei herumflatterte.

      Kaum war das eine erledigt, mußte das nächste getan werden, und wenn es möglich gewesen wäre, hätte Carberry sie außenbords gescheucht, damit sie die Schiffsbohrwürmer fingen, die vielleicht gerade dabei waren, die „Isabella“ anzuknabbern.

      Der Kutscher dagegen hatte mehr Arbeit als Feldscher denn als Koch. Weil es nämlich um die Vorräte nicht zum besten stand und das Trinkwasser in diesen Breiten zu schnell verdarb, trat der erste Fall von Scharbock auf, der Böses ahnen ließ.

      Blacky mußte sich verarzten lassen, weil auf seinem Körper merkwürdige farbige Flächen entstanden. Zudem waren seine Beine leicht geschwollen, und eine außerordentliche Müdigkeit hatte ihn gepackt, über die niemand mehr scherzen mochte. Denn zuletzt hatte der Kerl mit den harten Fäusten selbst der Donnerstimme des Profos’ mühelos widerstanden, war dauernd eingenickt und zitterte trotz der Affenhitze wie ein junger frierender Hund. Jetzt wurde ihm der Saft einer Tropenfrucht eingeflößt, weil es schon lange kein Sauerkraut mehr an Bord gab, das man gewöhnlich bei dieser von allen Seefahrern gefürchteten Krankheit anwendete, um das Schlimmste zu verhüten.

      „Wenn das so weitergeht, werden wir alle krank oder verrückt“, meinte Ben Brighton, der neben dem Seewolf auf dem Achterdeck stand und sich auf die Schmuckbalustrade stützte, während er sorgenvoll die Kuhl überblickte, auf der Carberry rumorte und die Männer hart rannahm.

      „Ich könnte gut auf die ewige Tropensonne verzichten und freue mich schon auf die ‚Brüllenden Vierziger‘“, stimmte ihm Hasard zu. „Einmal wieder Schnee und Eis sehen und nicht nur diesen stahlblauen Himmel.“

      Seine Söhne, meist unzertrennlich, hatten sich ganz unterschiedlichen Beschäftigungen zugewandt.

      Hasard junior stand neben der Hecklaterne und angelte im Kielwasser, wobei er dauernd schattenhafte Bewegungen im wirbelnden Sog bemerkte, aber das Glück ihm die kalte Schulter zeigte.

      Philip junior dagegen saß rittlings auf dem Bugspriet und bewunderte die Pracht der querschiffs getrimmten Segel. Manchmal schloß der Junge die Augen und genoß die sanften Bewegungen des Schiffes. Das Gesicht hielt er dabei dem Fockmast zugewandt.

      Arwenack, der Schimpanse, turnte keckernd auf dem Beiboot herum. Die Jolle war auf der Kuhl festgezurrt. Dem Affen behagte das Klima, und er quoll über vor Lebensfreude.

      Seine Stimmung stand ganz im Gegensatz zu der üblen Laune, von der die anderen Mitglieder der Besatzung geplagt wurden.

      Al Conroy brummte denn auch: „Wenn er nicht bald zu palavern aufhört, stopfe ich das verdammte Vieh bei nächster Gelegenheit in ein Kanonenrohr und schieße es pfundweise zu einem Spanier hinüber.“

      Al Conroy war der Stückmeister der „Isabella“ und als solcher für die Schiffsartillerie zuständig. Jede Culverine und Drehbasse war längst auf Hochglanz poliert, das Zubehör überprüft und in Schuß, und selbst mit der Ladeschaufel zum Abmessen des Pulvers hätte man getrost Proviant ausgeben können. Jetzt bedauerte der Schwarzhaarige, daß er keine Gelegenheit fand, seine hervorragende Pflegearbeit auch im Gefecht unter Beweis zu stellen.

      Aber es schien, als wage es nur die „Isabella“, allein, den Indischen Ozean auf diesem Kurs von Nordost nach Südwest zu bezwingen, weitab von Madagaskar und der geschützten Straße von Mozambique, die von den Handelsschiffen bevorzugt wurde, die nach Indien wollten oder mit Gewürzen beladen heimkehrten.

      „Wenn du auch nur daran denken solltest, Arwenack ein Haar zu krümmen“, erklärte Matt Davies und hob drohend die Hakenprothese, die ihm die fehlende rechte Hand ersetzte, „ziehe ich dir damit einen neuen Scheitel. Hast du verstanden?“

      Batuti, der schwarze Herkules aus Gambia, der mit gekreuzten Beinen an Deck hockte, grinste von einem Ohr zum anderen. Er setzte Taklings auf ausgefranste Tampen und sah aus, als sei er geteert und gefedert worden, denn überall auf seinem schweißglänzenden Körper klebten Fäden und Fusseln.

      „Du armseliges Produkt einer unbekannten Seekuh“, erwiderte Al Conroy, „brauchst deine lieben Verwandten gar nicht zu verteidigen. Da du die menschliche Sprache kaum verstehst, geschweige denn beherrschst, ist es natürlich Musik in deinen lausigen Ohren, wenn der Affe loslegt. Aber ein vernünftiger Mann wie ich kann das auf die Dauer nicht mehr hören.“

      Der Profos war mit zwei schnellen Schritten bei den Streithähnen, ehe die Quengelei in Handgreiflichkeiten ausarten konnte, und brüllte: „Muß ich erst den einen nehmen und den anderen damit zur Vernunft zurückprügeln? Was glaubt ihr Heringsbändiger eigentlich, was Disziplin ist? Ihr denkt, ein paar Monate auf See und etliche tausend Seemeilen genügen, damit ihr euch benehmt wie verlauste Schnapphähne, was, wie? Lieber nagele ich euch am Großmast


Скачать книгу