Seewölfe - Piraten der Weltmeere 572. Fred McMason
Impressum
© 1976/2019 Pabel-Moewig Verlag KG,
Pabel ebook, Rastatt.
eISBN: 978-3-95439-979-6
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Fred McMason
In den Riffen gesunken
Sie wittern Beute, doch die ist mehr als gefährlich
Nördlich von Malta hatte die Jagd auf die französische Karavelle begonnen, als sie unvermutet aus einer Nebelbank aufgetaucht war. Zuerst war Hamrud Khefi verblüfft. Sie lagen zwar seit Tagen auf der Lauer nach Beute, doch daß diese Beute so überraschend aufkreuzte, damit hatte der Pirat nicht gerechnet.
Die Karavelle segelte Nordnordostkurs hart am Wind. Der Kapitän schien die Piraten-Schebecke noch nicht gesehen zu haben, denn die Ausgucks starrten zu der nächsten Nebelbank, die sich weiter voraus auf ihrem Kurs befand.
„Ein französisches Handelsschiff auf dem Weg nach Italien“, sagte Hamrud. „Und bis über die Ladelinie beladen. Ich glaube, das wird eine fette Beute.“
Die Kanonen auf der Schebecke waren feuerbereit und befanden sich in einem hervorragenden Zustand, denn gerade von diesen Geschützen hingen ihre Überlegenheit und ihr Leben ab …
Die Hauptpersonen des Romans:
Hamrud Khefi – der Tunesier räubert mit seiner Schebecke in den Gewässern des Mittelmeers, und das mit Erfolg.
Mustafa Khefi – sein Vater ist ein alter Schnapphahn, Sadist und Intrigenspinner, der dem Sohn ständig dreinredet.
Delmont – der französische Kapitän einer Handelskaravelle bleibt allein an Bord, als die tunesischen Piraten angreifen.
Cesare de Mauro – der italienische Kapitän einer Handelsgaleone glaubt an den Schutz seiner Madonnenstatue, wird von ihr aber bitter enttäuscht.
Edwin Carberry – als seine „Krachente“ Sir John gebraten werden soll, gerät er in heiligen Zorn.
Mac Pellew – verhilft einem halben Dutzend Arwenacks zu einer Art Ballett-Tanz auf dem Deck der Dubas.
Philip Hasard Killigrew – der Seewolf meint, daß eine Schebecke auch ein feines Schiff für die Arwenacks sei.
Inhalt
1.
Neben Hamrud stand ein steinaltes Männlein mit zerfurchtem Gesicht und einem spannenlangen dünnen weißen Bart, der ihm wie ein Seil bis zur Brust reichte. Das Männlein hieß Mustafa und war Hamruds Vater, der sich bei seiner Piraterie aufs „Altenteil“ zurückgezogen hatte.
Er verstand auch heute noch zu kämpfen, beschränkte sich aber meist darauf, die Kerle an Bord herumzukommandieren. Das steinalte Männlein war ein Tyrann der übelsten Sorte, ein unerschrockener alter Schnapphahn, dessen Körper unzählige Narben bedeckten. Dieses steinalte Männlein war aber auch ein Sadist, ein Intrigenspinner und Heimtücker. Sein Sohn stand ihm darin allerdings nicht nach.
Als der Alte etwas sagen wollte, hatte man sie entdeckt. Gesichter wandten sich ihnen zu, überrascht anfangs, dann erschrocken. Zwei Männer deuteten aufgeregt zur Schebecke hinüber.
Der Wind wehte nur mäßig, aber die Schebecke war nicht beladen und daher schneller.
Auf der Karavelle versuchten sie jetzt verzweifelt, die Nebelbank voraus zu erreichen, um darin zu verschwinden.
Als der alte Mustafa das sah, wurde er fuchtig.
„Laß ihnen eins ins Ruderblatt verpassen!“ keifte er. „Beeile dich, sonst sind sie weg.“
Hamrud nickte flüchtig und sah der Karavelle nach. Dort quirlten die Kerle jetzt wild durcheinander. Ein paar stürzten zu den Kanonen. Aber sie mußten erst die schützenden Planen entfernen.
„Schieß doch!“ keifte der Alte mit zitterndem Bart. Seine Augen schienen zu glühen, sein Gesicht war verkniffen. Der alte Schnapphahn witterte Beute, und dann rastete bei ihm immer etwas aus.
„Wir müssen erst näher heran“, sagte Barud. „Wir wollen sie ja nicht mit den größeren Kanonen versenken.“
„Die verschwinden gleich wieder im Nebel“, zeterte der Alte. Er gab dem buntgekleideten Kerl an einem Geschütz aufgeregte Zeichen mit der Hand, doch der tat so, als bemerke er sie nicht.
Hamrud Khefi ließ unter dem Gezeter seines Alten die Schebecke noch näher heransegeln. Sie holte merklich auf, was auf der Karavelle mit noch mehr Nervosität registriert wurde. Immer noch hatten sie die Planen nicht herunter und zerrten wie wild daran herum.
Der Alte keifte erneut los, daß sie jetzt endlich feuern sollten. Hamrud gab nach, um den Alten nicht weiter zu reizen, denn der wußte ja doch immer alles besser.
Das war der Zeitpunkt, an dem sich die französische Karavelle ganz dicht vor der Nebelbank befand. War sie darin erst einmal verschwunden, hatten die Schnapphähne das Nachsehen.
Der buntgekleidete Kerl an der Kanone feuerte jetzt. Er hatte das Ruderblatt der Karavelle anvisiert, um sie lahm zu schießen. Aus der Kanone löste sich ein heller Blitz. Ein dumpf rollendes Echo folgte, das jedoch von der Nebelbank verschluckt wurde.
Ein Erfolg war nicht zu sehen, der Kerl hatte vorbeigeschossen.
Der alte Giftzwerg begann zu toben und zu kreischen. Er belegte den Schützen mit den unflätigsten Ausdrücken und verwünschte ihn in die tiefsten Schlünde der ewigen Verdammnis.
Giafar, so hieß der Schütze, kroch vor Angst in sich zusammen, als er zu dem bösen Alten mit den verkniffenen Lippen und dem zerknitterten Gesicht blickte.
Eilig sprang er an die nächste Kanone und visierte erneut an.
Der zweite Schuß donnerte über das Wasser.
Diesmal traf Giafar. Die Eisenkugel fetzte in das achtere Schanzkleid der Backbordseite und riß ein paar Splitter aus dem Holz. Dabei geriet einer der Männer offensichtlich in Panik. Er warf sich neben der Einschlagstelle über das Schanzkleid, verlor den Halt und fiel ins Wasser.
Sein Hilferuf verhallte ungehört, denn in diesem Augenblick verschwand die vordere Hälfte der Karavelle in der Nebelwand, sie drehte etwas nach Steuerbord, und dann verschluckte der Nebel das ganze Schiff.
Auf dem Piratenschiff war die Hölle los.
Die Kerle brüllten ihre Wut hinaus, daß ihnen dieser fette Brocken entgangen war. Schuld daran war natürlich Giafar, der vorbeigeschossen und der Karavelle dadurch die Flucht ermöglich hatte. Auf ihn konzentrierten sich jetzt Wut und