Seewölfe - Piraten der Weltmeere 289. Fred McMason
Impressum
© 1976/2017 Pabel-Moewig Verlag KG,
Pabel ebook, Rastatt.
ISBN: 978-3-95439-686-3
Internet: www.vpm.de und E-Mail: [email protected]
Inhalt
1.
Auf dem hellen Strand der Felseninsel Mordelles standen sich der Seewolf Philip Hasard Killigrew und der französische Pirat Yves Grammont mit gezückten Degen gegenüber.
Als Hasard den ersten Schlag abblockte, schien jedermann auf der Insel plötzlich den Atem anzuhalten. Die Seewölfe, die so überraschend in eine Falle gelaufen waren, ließen die Waffen sinken. Das Kampfgetümmel zwischen den beiden Gruppen erstarb, und viele Augen sahen zu den beiden ungleichen Männern hinüber.
Da stand der Seewolf, hochgewachsen, mit sonnenverbranntem Gesicht, aus dem eisblaue Augen blitzten. Ein Kerl wie ein Schrank, der den Degen locker und geschmeidig in der rechten Hand hielt. Der Wind, der von der Bucht über den Strand wehte, spielte mit seinen schwarzen Haaren.
Ihm gegenüber stand ein Mann wie aus dem Bilderbuch. Grammont, ein dunkelblonder athletischer Seeräuber. Der untere Teil seines Gesichtes wurde von einem Vollbart bedeckt. Er trug eine Augenbinde und darüber ein Kopftuch. Aus seinem bis zum Nabel offenen weißen Hemd quollen dichte Haarbüschel hervor.
Der erste Hieb, den Grammont geführt hatte, war sauber pariert worden. Jetzt starrten sich die beiden ungleichen Männer an, gegenseitig darauf lauernd, daß einer einen plötzlichen Ausfall unternahm.
Aus den Augenwinkeln sah der Seewolf, daß die beiden kämpfenden Gruppen immer noch wie erstarrt waren. Grammonts Leute waren in der Überzahl, während sie selbst nur acht Männer waren, die in den Hinterhalt der Felseninsel geraten waren.
Verdammt, dachte Hasard, die Sache sah übel für sie aus. Sie hatten zwei Schiffe in der Bucht liegen, die „Hornet“ und die „Fidelity“, aber weder Ben Brighton, der das Kommando zur Zeit über die „Hornet“ hatte, noch Jerry Reeves, der seit Easton Terrys Verrat die „Fidelity“ befehligte, konnten von Bord aus in den Kampf eingreifen.
Die Falle war zugeschnappt, und jetzt steckten sie mittendrin. Außerdem wimmelte es auf dem felsigen Eiland von immer mehr Piraten, die wie Schatten aus dem Nichts auftauchten.
Trotz dieser nagenden Sorge ließ sich Hasard keinen einzigen Augenblick ablenken, denn Grammont lauerte nur auf den kleinsten Fehler, um den Seewolf zur Strecke zu bringen.
Grammonts Degen flog in einer spielerisch anmutenden Bewegung hoch und wollte die Klinge des Seewolfs zur Seite fegen. Hasard parierte erneut und schlug zweimal hintereinander schnell und hart zu.
Diesmal parierte Grammont mit einem bösartigen Lächeln. Wieder blitzten die Klingen grell im Sonnenlicht auf. Ein leises Pfeifen war zu hören, dann das Klirren der Waffen.
Grammont griff nun ungestüm an. Seine Hiebe wurden immer wilder, immer schneller. Hart prallten die Klingen aufeinander. Der Sand spritzte unter den raschen Bewegungen nach allen Seiten. Als Hasard zurücksprang, bückte sich der Franzose blitzschnell. Seine linke Hand fuhr durch den warmen Sand und riß eine Fontäne hoch, die er dem Seewolf in die Augen schleudern wollte.
„Der Trick ist schon zu alt, Pirat!“ sagte Hasard verächtlich.
„Du bist so und so erledigt“, knurrte Grammont. „Und wenn du …“
Aber er konnte Hasard auch mit Worten nicht ablenken, denn noch während er sprach, stieß er vor, duckte sich und hieb von unten nach dem Seewolf Der Hieb ging nur ganz knapp vorbei, und für Sekunden leuchtete es fast triumphierend in Grammonts Augen auf.
Sofort darauf folgte tänzelnd und elegant der nächste Ausfall, den Hasard kühl und berechnend parierte.
Grammont war schnell, geschmeidig und ein furchtloser Kämpfer, der mit dem Degen umzugehen verstand. Er führte ihn fast so sicher wie Jean Ribault oder die Rote Korsarin, aber er konnte nicht kühl bleiben und seine Chancen abwägen. Mitunter wurde er wild und rasend, und dann schlug er mit aller Kraft.
Hasard dagegen blieb kalt wie Gletschereis. Seine Augen waren jetzt schmale Schlitze. Er sah die schnellen Bewegungen seines Feindes schon im Ansatz und durchschaute auch die Tücken des Franzosen, der immer wieder fintete und dann erbarmungslos zuhieb.
Ein paar Klingenschläge lang ließ er Grammont in dem Glauben, der Überlegene zu sein, bis sich der Franzose in einen regelrechten Rausch hineinsteigerte. Die Klinge stach so schnell durch die Luft, als würden tausend helle Sterne blinken.
Keiner der eben noch kämpfenden Männer sprach. Selbst die Piraten nutzten augenblicklich ihre Überlegenheit nicht, sondern sahen fasziniert ihrem Anführer zu, der den Seewolf mit schnellen Paraden über den Strand bis dicht ans Wasser trieb.
Dicht vor Grammonts Stiefeln flog mit einem sirrenden Geräusch ein langes Messer in den Sand und blieb stecken. Einer seiner Kumpane hatte es geworfen, um dem Anführer eine zusätzliche Waffe zu geben. Grammont hieb weiter um sich, grinste bösartig, bis er in der Reichweite des Messers war, und riß es dann mit einem Ruck aus dem Sand. Jetzt kämpfte er leicht geduckt, in der linken Hand das Messer zum Zustoßen haltend, in der rechten den Degen, der dicht vor Hasard seine blitzenden Hiebe beschrieb.
Als der Seewolf dicht am Wasser war, begannen ein paar Kerle laut zu johlen. Grammont sprang vor, hieb zu, wich zurück, schlug von oben, zog den Degen wieder von unten hoch und versuchte verbissen, Hasard weiter zurückzutreiben.
Ein schneller Ausfall des Piraten folgte. Er wirbelte herum und schlug mit dem Messer zu. Dabei wehrte er gleichzeitig den Degen ab, trieb das Messer noch weiter vor und traf mit dem Degen. In seiner niederträchtigen Freude merkte er nicht, daß der Degen dem Seewolf unter der Achsel durch das Hemd gedrungen war und keinerlei Schaden angerichtet hatte. Ein Freudenschrei brach über seine Lippen. Während er den Degen aus der vermeintlichen Wunde zog, stach er von links erneut mit dem Messer zu.
Hasards Klinge pfiff scharf durch die Luft. Sie traf das Messer, das dem Piraten mit unglaublicher Wucht aus der Hand gerissen wurde. Die Klinge wirbelte hoch, pfiff an Grammonts Schädel vorbei und zerfetzte das weiße Hemd an der Brust.
„Du verdammter Hund!“ keuchte Grammont.
Zwischen den Haaren auf seiner Brust quollen ein paar Blutstropfen hervor, die Grammont in unberechenbare Wut versetzten. Er schlug mit dem Degen wie mit einer Handspake zu, die Klingen prallten zusammen, Grammont wurde hart zurückgeschleudert, taumelte über den Sand und fand gerade noch Halt, ehe Hasard heran war.
Wieder ein pfeifender Hieb. Grammont sah nur noch eine