Seewölfe - Piraten der Weltmeere 181. Roy Palmer

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 181 - Roy Palmer


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Davies ein Stück hoch, um es dann außenbords zu schwenken und in Lee abzufieren.

      „Ed, Ferris, Shane, Dan und Batuti – ihr setzt mit mir an Land über!“ rief der Seewolf.

      Siri-Tong war neben ihm und sagte ziemlich laut: „Damit bin ich aber nicht ganz einverstanden. Ich …“

      „Nein, du bleibst hier“, schnitt er ihr das Wort ab, wandte sich um, war mit zwei Sätzen den Steuerbordniedergang hinunter, der die Back mit der Kuhl verband, und eilte zur Jakobsleiter, die von Bob Grey und Sam Roskill mit routinierten Bewegungen am Schanzkleid belegt und dann abgefiert worden war. Der Profos, Ferris Tucker, Big Old Shane, Dan O’Flynn und der Gambia-Mann schickten sich schon an, in das inzwischen längsseits der „Isabella“ dümpelnde Boot abzuentern.

      Die Rote Korsarin gab so leicht aber nun doch nicht auf. Sie jumpte ebenfalls auf die Kuhl hinunter, brachte sich neben Hasard und versuchte, ihn zurückzuhalten. „Das ist nicht fair von dir. Ich bin dir ebenbürtig und habe das gleiche Recht wie du, auf Hawaii zu landen. Das kannst du mir nicht verbieten. Ich werde also …“

      „… das tun, was ich dir sage!“ Er war stehengeblieben und blickte sie aus seinen eisblauen Augen an.

      „Hasard …“

      „Du hast dich meinem Kommando zu fügen wie alle anderen an Bord dieses Schiffes“, sagte er scharf.

      Philip und Hasard, die Zwillinge, beobachteten die Szene von der Back aus. Sie wären auch gern mit in die Jolle abgeentert, aber sie hatten lieber gar nicht erst danach gefragt, weil sie die Antwort ihres Vaters ohnehin im voraus kannten. Er behandelte sie durchaus wie vollwertige Besatzungsmitglieder, aber wenn besondere Gefahren drohten, trug er lieber selbst das größte Risiko – er mit seinen besten Männern, falls es nötig war. Eben das war der Fall; dort, an Land, schien eine ganze Reihe von tückischen Gefahren zu lauern.

      „Warum willst du mich nicht mithaben?“ fragte die Rote Korsarin.

      Eben krachte drüben am Hang der Schuß aus der Pistole des einen Verfolgers, und Hasard wies mit der rechten Hand zum Ufer und entgegnete: „Darum. Ich habe keinen Zweifel daran, daß die Insel von Piraten besetzt ist. Im Uferdickicht, bei den Hütten, überall können weitere Feinde lauern. Ich habe vor, weder dich noch die Jungen, noch sonst jemanden über den Haufen schießen zu lassen.“

      „Ach! Und wenn es euch sechs erwischt?“

      „Wir haben die härtere Haut, das dickere Fell“, erwiderte er. Damit drehte er sich um und kletterte über das Schanzkleid auf die Sprossen der Jakobsleiter. Batuti war gerade eben als letzter der fünf Ausgewählten hinter der Bordwand verschwunden.

      „Ben, du übernimmst während meiner Abwesenheit das Kommando!“ rief Hasard seinem Ersten und Bootsmann noch zu. „Geht gefechtsklar und heizt jedem gehörig ein, der versucht, uns den Weg zu den Hügeln abzuschneiden.“

      „Aye, Sir!“ rief Ben Brighton zurück.

      „Aye, Sir“, sagte auch Siri-Tong mit einem letzten, mißbilligen Blick auf den Seewolf. „Dann eben nicht, du Dickschädel.“ Es hätte nicht viel gefehlt, und sie hätte dazu auch noch wütend mit dem Fuß aufgestampft. Die Fäuste hatte sie ohnehin schon in die Seiten gestemmt.

      Hasard junior stieß Philip junior mit dem Ellbogen an. „Siehst du, Dad ist doch wieder der Stärkere geblieben.“

      „Was denn wohl sonst?“ sagte Philip junior richtig empört. „Er ist schließlich der Kapitän und läßt sich von keinem in seine Entscheidung ’reinreden. Das wäre ja noch schöner!“

      „Aber sie hätte ihm fast ’ne Backpfeife gegeben.“

      „Das glaubst aber auch bloß du.“

      „Wollen wir wetten?“

      „Mit dir wette ich nicht.“

      Hasard junior kicherte hinter der vorgehaltenen Hand. „Weißt du was? Ich glaube, Madam ist eifersüchtig auf die Inselmädchen. Deswegen wollte sie unbedingt mit …“

      „He, ihr zwei!“ rief die Rote Korsarin plötzlich zur Back hinauf. „Kommt herunter und schnappt euch zwei Holzkübel. Wir brauchen Seewasser für die Wischer der Geschütze, und außerdem muß sofort Sand auf den Decks ausgestreut werden. Wird’s bald?“

      Sie hatte den Zwillingen gegenüber eine fast mütterliche Rolle eingenommen, aber wenn es um die Einhaltung der Borddisziplin ging, dann kannte auch sie keinen Pardon.

      „Schnell“, zischte Hasard junior daher seinem Bruder zu. „Sonst kriegen wir am Ende noch die Backpfeifen.“

      Die Jolle hatte sich von der Bordwand der „Isabella“ gelöst. Hasard saß auf der achteren Ducht und hielt als Bootsführer die Ruderpinne, während seine fünf Männer im Gleichtakt pullten. Die Jolle glitt aus dem Windschatten heraus, der Seewolf drückte die Ruderpinne etwas herum, und das Fahrzeug glitt mit Direktkurs auf das von der Riesenwelle zerstörte Pfahlbautendorf zu.

      Hinter seinem Rücken konnte Hasard noch vernehmen, wie die 17-pfünder der „Isabella“ mit beeindruckendem Gerumpel ausgerannt wurden. Binnen weniger Minuten würde das Schiff gefechtsklar sein, jeder Handgriff saß. Auch die Drehbassen auf dem Vor- und Achterdeck würden geladen und gerichtet werden. Und Al Conroy würde natürlich einen Satz Flaschenbomben bereitlegen, für alle Fälle. Die Galeone lag jetzt nur noch etwa eine Kabellänge vom Sandstrand der Insel entfernt und wiegte sich in den rhythmisch schwingenden Wogen. Dies war keine zu große Entfernung, um ein paar gezielte Schüsse anzubringen. Rükkendeckung für die sechs Männer der Jolle – genau darauf richtete sich Ben Brighton in diesem Moment ein.

      Die Wellen unter dem Beiboot hoben und senkten sich stärker, Hasard und seine fünf Kameraden gerieten jetzt in die heftige Brandung der Insel. Auch bei sonst ruhiger See ging diese Brandung stets steil und rauschend vor der Küste von Hawaii, das wußten sie schon von ihrem ersten Besuch.

      Hasard zog die doppelläufige sächsische Reiterpistole aus dem Gurt, spannte die beiden Hähne und legte die Waffe neben sich auf die Ducht.

      Das Boot erklomm einen Wellenkamm, wurde von der Strömung mitgenommen, neigte den Bug etwas nach unten, streckte das Heck dem Himmel entgegen und ritt auf der Woge. Hasard spähte zum Ufer und versuchte wieder etwas von dem Mädchen zu entdecken, hatte dabei aber keinen Erfolg. Wo immer sie jetzt auch stecken mochte, sie hatte sich seinem Sichtfeld entzogen.

      Und die drei Kerle? Hatten sie sie gestellt? Er wagte nicht, daran zu denken.

      Irgendwie war Hasard das braunhäutige Mädchen bekannt erschienen, und diese Empfindung verstärkte seine dumpfen Ahnungen noch.

      Die Insel Hawaii von Piraten besetzt – und was hatten diese Kerle mit den rechtmäßigen Bewohnern gemacht? Hatten sie sie bis auf wenige Leute umgebracht? Hatte es ein Gemetzel gegeben? Wie hatten sich die Polynesier denn wohl verteidigen sollen? Sie waren friedfertig und kannten kaum Waffen, und auch das damalige Ereignis mit de Galantes und die Eroberung der Manila-Galeone „Santa Ana“ konnten daran kaum etwas geändert haben. Sicher, Zegú, Federmann und alle die anderen hätten die Möglichkeit gehabt, die Waffen der „Santa Ana“ zu bergen und an Land zu schaffen, aber so, wie Hasard sie kannte, hatten sie dies nicht getan. Eher hatten sie wohl die „Nao de China“ samt ihren Geschützen und Musketen, Degen, Säbeln, Entermessern und Pistolen auf den Grund der See geschickt.

      Je intensiver Hasard darüber nachdachte, was der Inselbevölkerung zugestoßen sein konnte, desto mehr krampfte es ihm das Herz zusammen. Dieses beklemmende Gefühl wollte nicht mehr weichen.

      „Sir!“ rief Carberry gegen das Donnern der Brandung an. „Glaubst du wirklich, daß wir aus einem Hinterhalt überfallen werden?“

      „Was ich glaube, spielt keine große Rolle“, rief Hasard nicht weniger laut zurück. „Wir müssen mit allem rechnen, vor allem damit, daß wir seit unserem Aufkreuzen beobachtet worden sind.“

      „Ja, aber …“

      „Ed!“ brüllte Shane seinem Nebenmann Carberry direkt ins


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