Seewölfe - Piraten der Weltmeere 573. Davis J.Harbord

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 573 - Davis J.Harbord


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      Impressum

      © 1976/2019 Pabel-Moewig Verlag KG,

      Pabel ebook, Rastatt.

      eISBN: 978-3-95439-980-2

      Internet: www.vpm.de und E-Mail: [email protected]

       Davis J. Harbord

       Die Sträflinge von San Nicole

       Sie können flüchten – und entfesseln die Hölle …

      Das Frettchen hatte immer mehr zu essen als die anderen. Es stammte aus Neapel und hieß Luigi Bacci, aber Namen oder Titel spielten bei diesen Verdammten keine Rolle mehr. Vorbei, vergessen. Sie hatten lebenslänglich und trugen Nummern. Mitgefangene hatten Luigi Bacci so getauft – er hatte ein Frettchengesicht.

      Erst an diesem Abend bei der Essenausgabe bemerkte der scharf beobachtende Ragusaner, warum das Frettchen mehr zu essen hatte: es klaute, und das mit einer verblüffenden und kaum wahrnehmbaren Fixigkeit. Na warte, du Bastard! dachte der Ragusaner.

      Zwei Stunden später, wieder im Kerker und angekettet, schwang sich der Ragusaner herum, erreichte das Frettchen mit den Unterschenkeln und schlang sie ihm um die Kehle. Sie lagen nebeneinander – unerreichbar nach den Plänen des Baumeisters, der das Gefängniskastell errichtet hatte. Trotzdem hatte der Ragusaner eine Möglichkeit gefunden, seinen linken Nachbarn zu erwischen.

      Das Frettchen gurgelte.

       „Wenn du schreist, drücke ich dir die Luft ab“, sagte der Ragusaner leise, aber seine Stimme hatte einen tödlichen Klang …

       Die Hauptpersonen des Romans:

      Der Ragusaner – ein Brigant aus Dalmatien, dem etwas Unwahrscheinliches gelingt, was ihn dazu verführt, sich selbst zu überschätzen.

      Das Frettchen – so genannt, weil er dem Nager ähnelt. Mit seinen Fingern ist er äußerst schnell.

      Mac Pellew – rettet ein Weib aus dem Wasser, erntet dafür aber keinen Dank.

      Edwin Carberry – nach seiner Meinung stinkt es auf der Schebecke nach „tunesischen Lümmeln“, wogegen etwas getan werden müsse.

      Philip Hasard Killigrew – seine Söhne sind in Gefahr, und da kennt er kein Erbarmen.

      Inhalt

       Kapitel 1

       Kapitel 2

       Kapitel 3

       Kapitel 4

       Kapitel 5

       Kapitel 6

       Kapitel 7

       Kapitel 8

       1.

      Die Kerle in dem Kerkerraum hoben die Köpfe und stützten sich im Liegen auf, wobei leise ihre Ketten klirrten. Sie schauten verblüfft zu dem Ragusaner und dem Frettchen hinüber.

      „Ich weiß jetzt, warum die Letzten von euch auf ihren Brotkanten verzichten müssen“, sagte der Ragusaner mit verhaltener Stimme. „Das Frettchen klaut sie nämlich. Stimmt’s, Frettchen?“ Und der Ragusaner verstärkte den Druck seiner Unterschenkel. Er brauchte nur die Knie zusammenzupressen. Seine Füße hatte er hinter dem Hals des Frettchens verhakt.

      Das Frettchen nickte mühsam, und es röchelte dabei.

      „Das Frettchen hat sich auf unsere Kosten gemästet“, sagte der Ragusaner kalt. „Was haltet ihr davon?“

      An die zwanzig bärtige und zerlumpte Kerle befanden sich in diesem Kerkerraum des Gefängniskastells, das auf San Nicola errichtet war, einer der drei Trémiti-Inseln vor der Küste von Apulien nördlich der Halbinsel Gargano, die man auch den „Sporn“ des italienischen Stiefels nannte.

      Was die Kerle davon hielten, daß sich einer von ihnen auf ihre Kosten eine Wampe anfraß?

      Gar nichts, überhaupt nichts. Die Frage war überflüssig, genauso überflüssig wie das Frettchen selbst. Sie waren einstimmig für seinen Tod, und sie hätten auch viel dafür gegeben, es ihm selbst besorgen zu können, natürlich mit unterschiedlichen Variationen, von denen gewerbsmäßige Folterknechte noch etwas hätten lernen können.

      Sie waren alle ja nicht wegen einer Lappalie lebenslänglich auf die Insel verbannt worden. O nein! Sie waren allesamt Galgenvögel und konnten noch von Glück sprechen, daß ihnen der Strick erspart geblieben war.

      Wären sie nicht angekettet gewesen, hätten sie das Frettchen jetzt mehrere Tode sterben lassen, einen schlimmer als den anderen, schlimmer und qualvoller. Zwar wären sie davon nicht satt geworden, aber es hätte sie befriedigt, dieser Ratte, das ein Frettchen war, ein allmähliches Ende bereiten zu können.

      So schlug denn auch einer vor – ein Kerl mit einer Messernarbe quer übers Gesicht –, der Ragusaner möge dem Frettchen nicht zu schnell die Luft abquetschen, sondern sich Zeit lassen, damit diese Kanaille und sie alle als Zuschauer auch etwas davon hätten.

      Dieser Vorschlag fand allgemeine Zustimmung, und sie setzten sich auf, um besser zusehen zu können. Ihre Augen glitzerten in Erwartung der Hinrichtung. Der Begriff Mitleid existierte in ihrem Wortschatz nicht. Wenn sie ihn einmal gekannt hatten, dann war er ihnen spätestens nach ihrer ersten Untat entfallen, als sie den Weg der Gewalt beschritten hatten.

      Ihre weitere Verrohung hatte sich während der Verbannung auf San Nicola zur giftigen Blüte entfaltet. Sie waren nicht geläutert, sondern noch schlimmer geworden.

      „Hast du gehört, Frettchen?“ sagte der Ragusaner. „Sie wollen, daß ich dir die Luft abquetsche. Sie haben deinen Tod beschlossen, weil du ihnen Brotkanten weggefressen hast. Jetzt steht dir noch ein letzter Wunsch zu, den wir aber nicht erfüllen können, weil wir alle angekettet sind. Aber du darfst noch einmal etwas sagen, denn nachher hast du keine Luft mehr. Das ist wie bei einem, der ertrinkt. Der kann unter Wasser auch nicht mehr sprechen. Nur blubbern kann er noch. Also, was hast du uns noch mitzuteilen?“

      „Gnade“, winselte das Frettchen. „Ich will nie wieder Brotkanten stehlen.“

      „Vielleicht doch“, sagte der Ragusaner.

      „Wie – wie meinst du das?“

      „Du könntest zum Beispiel für uns Brotkanten klauen“, sagte der Ragusaner und verstärkte plötzlich den Druck seiner klammernden Unterschenkel.

      Das Frettchen bäumte sich auf und preßte ein undeutliches „Ja-a“ heraus.

      Der Ragusaner lockerte seine mörderische Klammer.

      „Habt ihr gehört?“ fragte er. „Das Frettchen will für euch Brotkanten klauen. Oder habt ihr keinen Hunger?“ Der Blick seiner jettfarbenen harten Augen wanderte über ihre Gesichter.

      Sie starrten ihn an, einige dümmlich, andere immer noch mit mordgierigen Augen oder verkniffen oder lauernd.

      „Was hast du vor, Ragusa?“ fragte der Kerl mit der Messernarbe im Gesicht. Seine Augen waren zusammengekniffen. Sie nannten ihn Coltello, was soviel


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