Seewölfe - Piraten der Weltmeere 298. Roy Palmer

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 298 - Roy Palmer


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sonst wirst du nie damit fertig!“ rief Montbars. Als er bemerkte, wie verblüfft der „Bucklige“ von Quimper ihn anschaute, mußte er unwillkürlich grinsen – was er höchst selten tat.

      Bis vor kurzer Zeit war er Albert bei jeder Gelegenheit gleich an die Kehle gesprungen und hatte gedroht, ihn abzumurksen. Aber irgendwie hatten sie sich doch zusammengerauft und kamen jetzt miteinander aus. Albert hatte begriffen, in welcher Gefahr sich Frankreich befand. Die Spanier wollten es heimlich vereinnahmen und zum Vasallen erniedrigen.

      Heinrich von Bourbon, der als Heinrich IV. der nächste König Frankreichs sein würde, war Philipp II. von Spanien untertan und würde diesen in dem Versuch unterstützen, auch England zu erobern.

      Yves Grammont war ein Narr gewesen, daß er den spanischen Spionen geholfen hatte, das wußte Albert jetzt. Grammont war nur aufs Geld aus gewesen, doch es gab für einen Mann, der nicht vollends zum Galgenstrick werden wollte, auch noch etwas mehr als nur das Geld. Der Mensch hatte seinen Stolz.

      Er, Albert, wollte den Spaniern nicht die Stiefel lecken, und er duldete auch nicht, daß sie sich eines Tages in Quimper und der ganzen Bretagne ausbreiteten und das große Wort führten. Er hatte den Patrioten in sich selbst entdeckt und kämpfte daher mit Ribault, Le Testu und Montbars zusammen für eine gemeinsame Sache.

      Die Kugeln und Brandpfeile des Schwarzen Seglers hatten die französische Galeone in Bedrängnis gebracht. Eine Wende schien sich abzuzeichnen. Fast widerstandslos war die Galeone dem „Eiligen Drachen“ jetzt ausgeliefert.

      Thorfin Njal brach plötzlich in ein entsetzliches Gebrüll aus, das selbst seinen eigenen Männern einen Schreck einjagte. Der Stör fiel fast vom Vormars und mußte sich mit einer Hand an der Verkleidung festhalten.

      „Der Wind!“ brüllte der Wikinger. „Er hat gedreht! Er weht ablandig, ihr Höllenbraten! Wißt ihr, was das bedeutet?“

      „Was das wohl bedeutet!“ rief der Stör.

      „Was faselt der Kerl?“ brüllte Thorfin Njal.

      „Daß wir die Luvposition gewinnen!“ rief Olig geistesgegenwärtig zurück.

      „Jawohl, bei Thor und allen Göttern!“ Der Wikinger fuhr zu Jan Ranse herum, der am Ruder stand. „Leg Hartruder, Jan, wir gehen hoch an den Wind und halten genau auf diesen Bastard zu!“

      „Aye, Sir!“

      Der Viermaster luvte an und nahm Kurs auf die brennende französische Galeone, die genau zwischen ihm und der „Hornet“ lag. Hatte Thorfin Njal diesen Gegner erst „untergemangelt“, wie er sagte, so war der Weg zur „Hornet“ frei, und er konnte ihr den erforderlichen Beistand leisten, den sie bitter nötig hatte.

      Zwei andere Galeonen schickten sich an, dem brennenden Schiff zu Hilfe zu eilen, doch Thorfin Njal grinste nur verwegen, als er ihre Manöver beobachtete. Dann brach er sogar in wildes Gelächter aus, das direkt aus den eisigen, unwirtlichen Fjorden des hohen Nordens zu kommen schien.

      2.

      Gerard Colyer, der Befehlshaber des Verbandes von französischen Kriegsgaleonen, verfolgte die Entwicklung, die die Dinge nahmen, mit wachsender Unruhe und Besorgnis. Er hatte alles ganz anders geplant und sich ein leichtes Spiel in dem Kampf gegen die Engländer erhofft, doch jetzt mußte er einsehen, daß er sich verkalkuliert hatte.

      Der Wind hatte gedreht und wehte jetzt aus Ostnordost. Der Verband geriet in die Leeposition. Die „Hornet“ und das schwarze Schiff gewannen eine günstigere Lage, weil sie unter Land lagen und den Wind voll von Luv nahmen.

      Zornig stieß Colyer seine Befehle aus und brachte sein Flaggschiff an den Wind, damit er der „Hornet“ eine neue Breitseite verabreichen konnte. Voll Entsetzen sah er zu dem brennenden Schiff. Daß der Gegner auch nur einen Treffer landete und sogar mit Brandpfeilen um sich schoß, damit hatte er nicht gerechnet.

      Der Verband kam aus Le Havre und hatte in Brest gelegen, als die berittenen Boten von Concarneau eingetroffen waren und um Hilfe gebeten hatten. Sofort hatte Colyer erkannt, daß er auf der richtigen Spur war, denn die Beschreibungen, die die Boten von den Schiffen der „englischen Freibeuter und Bastarde“ gegeben hatten, die allem Anschein nach in Concarneau eingelaufen und das Feuer eröffnet hatten, stimmten zumindest teilweise mit den Meldungen überein, die er in Le Havre erhalten hatte.

      Colyer hatte von den Bourbonen den offiziellen Auftrag erhalten, nach diesen Engländern zu fahnden, die schon seit einigen Tagen die Küste der Bretagne verunsicherten. Jetzt hatte er sie gefunden. Zwar gab es da einige Widersprüche – die von dem Stadtkommandanten René Douglas aus Concarneau geschickten Boten beispielsweise hatten von drei, nicht von zwei Schiffen gesprochen. Hier nun hatte er es mit nur zwei Seglern zu tun, von denen der eine keine Galeone, sondern ein höchst merkwürdiger Viermaster unbekannter Bauart war. Nie zuvor hatte Colyer ein solches Fahrzeug auf dem Meer gesehen. Die düstere Farbe des Schiffes schien nichts als Unheil zu verkünden, und auch das Gebrüll, das von den Decks herüberschallte, klang geradezu schaurig.

      Die „Hornet“ – so hieß die Galeone, die laut Angaben von Douglas von vierzig Soldaten unter der Leitung eines Lieutenants befehligt wurde – befand sich wieder in der Hand des Feindes. Man hatte die Soldaten von Bord gejagt. Kaum hatte der Zehnerverband den Pointe de Penmarch erreicht, da hatte der Lieutenant vom Ufer aus auch schon Signale gegeben, aus denen Colyer alles für ihn Wichtige hatte entnehmen können.

      Der englische „Oberschnapphahn“ hatte auf der „Hornet“ wieder das Kommando. Colyer wußte nicht, wie er hieß, doch es war ihm bekannt, daß dieser Mann schwarzhaarig, blauäugig und hochgewachsen war.

      Auf diesen Mann hatte Colyer es abgesehen, er hatte ihn sofort von dem Achterdeck der „Hornet“ wegschießen wollen. Doch so ganz hatte es mit der Blitzaktion nicht geklappt. Obwohl die Galeone des Engländers arg in Bedrängnis geraten war, hatten sich die Kerle sozusagen mit Krallen und Zähnen gewehrt. Sie schlugen um sich, daß Gerard Colyer nicht anders konnte, als über so viel Verwegenheit zu staunen.

      Um keinen Preis jedoch wollte Colyer den Gegner aus der Umklammerung entlassen, in der er ihn gefangen hatte. Der Feind mußte vernichtet werden. England hatte nicht das Recht, Frankreich so hinterhältig zu überfallen, wie es in Concarneau der Fall gewesen war.

      Der französische Kommandant wußte nicht, wie sehr er sich irrte und wie groß auch das Mißverständnis war, dem Douglas erlegen war – daß es nicht die Engländer gewesen waren, die in der Bretagne Unfrieden und Terror gestiftet hatten, sondern der Freibeuter Yves Grammont mit seiner Bande.

      Grammont war tot. Auch Easton Terry, der ehemalige Verbündete des Seewolfs, war gefallen und hatte somit für seinen Verrat bezahlt, den er an seinen Landsleuten begangen hatte, als er zu Grammont übergelaufen war.

      Der eigentliche Verantwortliche für alles, der Spion und Scharfmacher, war auf der „Hornet“ gefangen. Er hieß Lucio do Velho und war ein alter Feind der Seewölfe, der immer wieder versucht hatte, sie zu besiegen. Wieder war es ihm mißlungen, auch sein Schicksal war nun besiegelt. Er war ein für allemal gescheitert und würde nie wieder ein Kommandounternehmen für die spanische Krone durchführen.

      Das alles sollte Gerard Colyer erst sehr viel später erfahren. Überhaupt hatte er zu irgendwelchen Überlegungen, ganz gleich, welcher Art, vorerst keine Gelegenheit, denn jetzt rauschte das schwarze Schiff heran.

      Kaum lag es auf gleicher Höhe mit der in Brand geschossenen Galeone, entließen seine Kanonenrohre eine volle Breitseite, die das Hauptdeck des französischen Dreimasters wie mit einem Höllenbesen leerkehrte. Colyer stöhnte auf und verfolgte fassungslos, was weiter geschah. Er wollte dem Kapitän der Galeone zubrüllen, wie er sich zu verhalten hatte, doch jede Hilfe erfolgte zu spät.

      Gellendes Geschrei klang von der Galeone herüber. Die Mannschaft hatte genug mit sich selbst zu tun und konnte das Feuer des Schwarzen Seglers nicht erwidern. Die Toten und Verletzten mußten geborgen, die Flammen bekämpft werden, alles das erforderte den vollen Einsatz der Überlebenden.

      Und die Flammen


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