Seewölfe - Piraten der Weltmeere 296. Fred McMason
Solange er noch gelebt hatte, bestand ihrer Ansicht nach noch eine kleine Chance, davonzukommen. Jetzt, als er still und reglos zwischen den Trümmern, Verwundeten und Toten lag, war diese Chance vorbei. Der ausgekochte Fuchs war tot, und niemand gab mehr Befehle.
Der Mann am Ruder stand wie gelähmt da, als hätte ihn der Blitz getroffen. Auf dem Heck brannte es, eins der Segel flatterte brennend und qualmend davon, und hinter ihnen war das Donnern der Geschütze zu hören. An Steuerbord und Backbord stiegen riesige rauschende Fontänen aus der See. Hin und wieder raste mit häßlichem Zischen ein Brandpfeil über ihre Köpfe.
Der Schwarze Segler rückte weiter auf. Der Mann am Ruder schluckte hart, blickte sich wild um und verfluchte die Satansbrut hinter ihnen, von der sie wie Hasen gejagt wurden.
„Nach Nordwesten!“ brüllte der Bootsmann wild. „Los, verflucht noch mal, ab nach Nordwesten!“
Der Rudergänger wollte nicht.
„Da schneiden sie uns den Weg ab!“ rief er. „Laß uns den Kahn lieber auf den Strand setzen. Dann springen wir über Bord und verschwinden. Vielleicht geben die dann auf!“
„Die geben nie auf, Pierre. Das haben wir zur Genüge erlebt.“
Ein wildes Rauschen direkt neben der Bordwand ließ die beiden Kerle zusammenzucken. Aus der See stieg eine große Säule, die sich bis aufs Achterdeck erhob. Gleichzeitig erschütterte ein leichter Schlag den französischen Dreimaster.
Der Bootsmann schrie Befehle zu den Kerlen auf der Kuhl, die mit vollen Hosen herumstanden und ängstlich auf das Verhängnis starrten, das da heranrauschte. Die Küste war zum Greifen nahe, aber die beiden Segler ebenfalls. Es konnte nicht mehr lange dauern, bis die Falle zuschnappte und sie endgültig festsaßen.
Ein paar Männer reagierten schließlich, nur der Rudergänger blieb immer noch beharrlich auf demselben Kurs. Er sah sein Heil nur noch in der Flucht nach vorn.
Der Bootsmann drängte ihn hart zur Seite, gab ihm einen Stoß und übernahm das Ruder selbst.
„Nach Nordwesten, habe ich gesagt!“ schrie er wild.
Ruder wurde gelegt. Auf der Kuhl schrie ein Mann gellend auf, der schon seit einer Weile schlaff am Schanzkleid lehnte und verwundet war. Dann brach er mit einem weiteren Schrei auf den Lippen zusammen und rührte sich nicht mehr.
Das Chaos war perfekt. Niemand war in der Lage, sich um die Verwundeten zu kümmern. Diejenigen, die schon tot waren, ließ man an Deck liegen. Der Feldscher der „Louise II“ war selbst verletzt und torkelte wie geistesabwesend von einem Deck zum anderen.
Kaum war das Ausweichmanöver beendet, da sah der Bootsmann, daß auch das nichts nutzte. Der Engländer zog augenblicklich nach, als hätte er die Kursänderung schon lange vorher geahnt. Er segelte auf und verlegte ihnen den Weg nach Nordwest.
„Da vorn, ein Schiff!“ rief der Bootsmann. „Das ist doch der verdammte andere Brite.“
„Die ‚Fidelity‘ ist das“, sagte Pierre und wurde wieder blaß. „Wir müssen noch weiter den Kurs …“
„Verflucht, sie ist es wirklich.“
Der Bootsmann legte noch mehr Ruder, denn er ahnte, was die verdammten Engländer beabsichtigten.
„Die Kerle wollen uns auf die ‚Fidelity‘ treiben“, sagte er. „Die wird uns von vorn unter Feuer nehmen, und die beiden anderen schießen uns von Backbord und Steuerbord zusammen.“
Was die beiden Piraten da dicht vor der Küste sahen, war zweifellos die „Fidelity“. Aber in ihrer Angst und Panik bemerkten sie nicht, daß der Engländer hilflos auf einer Sandbank festsaß. Von hier aus wirkte er so, als warte er nur darauf, daß sie heransegelten.
Die Angst wurde noch größer. So hart und erbarmungslos die Galgenstricke und Schnapphähne auch sonst immer waren, diesmal ging es ihnen selbst an den Kragen, und nun verloren sie endgültig die Nerven.
Sie verstanden es auch zu kämpfen, doch seit kurzem hatten sie die Bekanntschaft einiger Engländer und Wikinger gemacht, die weitaus besser und härter kämpfen konnten.
Das war es, was sie so in Angst und Schrecken versetzte. Sie wußten nicht, wie sie sich gegen diese harten Kerle wehren sollten.
Der Kurs nach Nordwest, den sie jetzt eingeschlagen hatten, wurde ihnen endgültig verlegt. Dort segelte jetzt der Brite auf, der alle Augenblicke eine der Kanonen zünden und ihnen eiserne Grüße schicken würde.
Zähneknirschend, von Wut, Haß und Angst bis zum Bersten erfüllt, legte er erneut Ruder. Er war mit seinen Nerven längst fertig, aber durch sein Gebrüll versuchte er so etwas, wie Autorität anzuzeigen, damit die Kerle endlich an die Brassen gingen.
Jetzt blieb ihnen nichts anderes übrig, als doch auf die „Fidelity“ zuzuhalten.
Das bedeutete aber nichts weiter als ein kurzes Hinauszögern. Es war nicht mehr als eine winzige Galgenfrist.
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