Seewölfe - Piraten der Weltmeere 438. Frank Moorfield

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 438 - Frank Moorfield


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      Edwin Carberry grinste.

      „Warum auch nicht? Schließlich halten Räucherspeck und Erbsensuppe Leib und Seele zusammen. Das solltest du dir einmal merken, du zweibeiniger Essigtopf.“

      „Du hast gut reden“, lamentierte Mac. „Du bist ja nicht dafür verantwortlich, daß pünktlich was in die Schüsseln kommt.“

      „Das nicht“, sagte Ed, „aber dafür habe ich einen Großteil Verantwortung dafür übernommen, daß das Zeug wieder aus den Schüsseln herauskommt.“

      Jetzt wurde Mac Pellew fuchtig.

      „Verantwortung nennst du das? In meinen Augen ist jemand, der sich ein rundes Dutzend Speckpfannkuchen in den Hals schiebt, verfressen wie ein Wolf!“

      Der Profos zuckte unwillkürlich zusammen, zumal einige Arwenacks bereits unverschämt zu grinsen begannen.

      „Was, wie?“ fragte er knurrend. „Du hast doch wohl beim letzten Backen und Banken nicht etwa mitgezählt?“

      „Genau das habe ich“, antwortete Mac und zog ein verzweifeltes Gesicht. „Dreizehn Stück waren es, die du allein verschlungen hast. Die Zahl stimmt, das schwöre ich bei meiner seligen Großmutter.“

      „Zum Kuckuck mit deiner Großmutter!“ fluchte Ed und erhob sich von der Taurolle. „Seit wann werden einem hier die Bissen zwischen den Zähnen gezählt, wie?“ Er stützte die mächtigen Pranken in die Hüften und nahm eine drohende Haltung ein.

      Mac kratzte sich verlegen am Hinterkopf, doch der Kutscher rettete die Situation wieder einmal. Er war unterwegs zu Hasard und hatte einen Teil des Gesprächs mitgekriegt.

      „Reg’ dich wieder ab, Mister Carberry“, sagte der schmalbrüstige Mann. „Mac interessiert sich im Grunde genommen überhaupt nicht dafür, wie viele Speckpfannkuchen jeder einzelne verdrückt. Wenn er mal mitzählt, dann nur aus organisatorischen Gründen …“

      „Aus was für Gründen?“ fragte Ed. „Kannst du Salbenmischer und Hühnerschlächter nicht in einer Sprache reden, die anständige Christenmenschen verstehen?“

      Der Kutscher lächelte verbindlich.

      „Wenn ich von organisatorischen Gründen rede“, erwiderte er, „dann will ich damit sagen, daß die Zählarbeit Macs der Planung dient. Wenn wir in der Kombüse wissen, wie viele Pfannkuchen jeder verdrückt, dann wissen wir beim nächsten Mal, wieviel Teig wir anrühren müssen, damit jeder satt wird. Auf diese Weise wird verhindert, daß du nach dem ersten halben Dutzend keinen Pfannkuchen mehr abkriegst und jammervoll verhungern mußt.“

      Dem Profos leuchtete diese ausführliche Erklärung ein. Sie klang irgendwie logisch und überzeugend.

      „Nun ja, wenn das so ist“, meinte er und leckte sich genießerisch über die Lippen. „Es wäre ja auch noch schöner, wenn man verhungern müßte, nur weil ihr Rübenschweine zu faul wart, die leckeren Dingerchen zu zählen.“ Er ließ sich wieder auf der Taurolle nieder – offenbar mit sich und der Welt zufrieden.

      Erst als Mac Pellew in der Kombüse verschwunden und der Kutscher mit einem hintersinnigen Grinsen zum Achterdeck aufgeentert war, weil er etwas mit Hasard zu besprechen hatte, hieb sich Ed plötzlich mit der flachen Hand aufs Knie.

      „Ist was?“ fragte Ferris Tucker, der rothaarige Schiffszimmermann, scheinheilig.

      „Hirnrissige Ochsen sind das!“ rief Ed. „Die können doch am Ende einer Mahlzeit genau feststellen, wie viele Speckpfannkuchen insgesamt verzehrt worden sind. Warum müssen die geräucherten Gemüseputzer ausgerechnet die paar armseligen Dinger zählen, die für mich übriggeblieben sind?“

      Die Arwenacks stimmten ein brüllendes Gelächter an.

      „Recht hast du, Ed“, sagte Ferris. „Da siehst du mal wieder, wie umständlich die Kombüsenhengste arbeiten. Von Pfannkuchenplanung haben die nämlich keinen blassen Schimmer.“

      „So ist es“, bestätigte der Profos aufgebracht. „Es wird Zeit, daß ich ihnen das beibringe, und zwar aus rein organisatorischen Gründen!“

      Auch auf der „San Lorenzo“ hob sich die allgemeine Stimmung – zumindest bis zu dem Zeitpunkt, an dem Eric Winlow, der dicke Koch, zum Achterdeck aufenterte und sich mit einer unwirschen Geste über den kahlen Schädel strich.

      Jean Ribault blickte ihn stirnrunzelnd an.

      „Was gibt’s?“ fragte er schließlich, denn es war ihm als Kapitän nicht entgangen, daß der Koch in letzter Zeit ein ziemlich aufmüpfiges Gebaren an den Tag legte.

      Winlow zuckte mit den Schultern und zog ein mißmutiges Gesicht.

      „Es geht um die Holzkohle“, erwiderte er. „Ich habe festgestellt, daß der Vorrat rapide zur Neige geht.“

      Jean Ribault horchte auf: „Wieso rapide? Kochst du in letzter Zeit vielleicht doppelt soviel? Wieviel ist noch vorhanden?“

      Winlow zuckte abermals mit den Schultern.

      „Verdammt wenig, Kapitän. Der Bestand reicht bestenfalls noch für drei warme Mahlzeiten.“

      Jetzt klappte dem schlanken und drahtigen Franzosen die Kinnlade nach unten.

      „Für drei warme Mahlzeiten“, wiederholte er mit ungläubigem Gesicht. „Das darf doch wohl nicht wahr sein!“ Seine Augen begannen wütend zu funkeln. „Und was ist, wenn wir plötzlich in ein Gefecht verwickelt werden und gefüllte Kohlebecken auf die einzelnen Geschütze verteilen müssen, he?“

      „Dazu reicht das Zeug nicht mehr aus“, entgegnete der Koch lakonisch. „Aber vielleicht kann der Kutscher drüben auf der ‚Estrella‘ aushelfen.“

      Ribault schluckte. Er beherrschte sich zwar, aber man sah ihm deutlich an, daß er stocksauer war.

      „So einfach gedenkst du das Problem also zu lösen“, fuhr er fort. „Und was können wir deiner Meinung nach tun, wenn der Kutscher auch gerade noch so viel auf Lager hat, daß es für die nächsten drei Mahlzeiten reicht? Sollen wir uns beim nächsten Gefecht vielleicht auf der Kuhl aufstellen, um die Kanonenkugeln selber zum Feind hinüberzuwerfen? Du bist ein verdammter Ochse, Winlow, ist dir das klar? Mit was hast du eigentlich gestern gekocht und vorgestern? Hattest du da keine Augen im Kopf?“

      Winlows Gesicht verdüsterte sich.

      „Ich habe genug anderes zu tun, als die Holzkohle auf der Goldwaage zu wiegen …“

      Ribault ging einen Schritt auf ihn zu.

      „Du hast, verdammt noch mal, notfalls die Brocken zu zählen, verstehst du? Der Holzkohlevorrat gehört zu deinem Verantwortungsbereich als Koch. Und wenn dieser Vorrat zur Neige geht, hast du das rechtzeitig zu melden!“

      „Na schön, ich habe eben nicht so genau darauf geachtet, weil ich viel um die Ohren hatte.“ Winlow ließ sich nicht aus der Ruhe bringen und verscheuchte eine Mücke, die sich auf seiner spiegelblanken Glatze niedergelassen hatte. „Außerdem“, so fuhr er fort, „habe ich in den letzten Tagen auch mehr Kohle verbraucht, weil ich – zusammen mit dem Kutscher – viel für die drei Indiofamilien gekocht habe, die wir aus den zugeschütteten Höhlen befreit haben. Zum Schluß überließen wir den armen Teufeln sogar noch ein paar Säcke Holzkohle als Geschenk.“

      Jean Ribault schüttelte verständnislos den Kopf.

      „Gegen eine sinnvolle Hilfeleistung ist gewiß nichts einzuwenden, Mister Winlow. Aber das befreit dich nicht von deiner persönlichen Verantwortung. Du hast schlicht und einfach gepennt, sonst hättest du längst bemerkt, daß fast nichts mehr vorhanden ist. Und dabei weißt du so gut wie ich, daß die Holzkohle an Bord eines Schiffes lebensnotwendig ist – ebenso lebensnotwendig wie Trinkwasser und Proviant oder wie Pulver und Munition.“

      „Du magst ja recht haben, Kapitän, aber …“

      „Da gibt es kein Aber!“ herrschte Ribault den Koch an. „Und es gibt auch keine Entschuldigung!


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