Seewölfe - Piraten der Weltmeere 309. Roy Palmer

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 309 - Roy Palmer


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      Impressum

      © 1976/2017 Pabel-Moewig Verlag KG,

      Pabel ebook, Rastatt.

      ISBN: 978-3-95439-706-8

      Internet: www.vpm.de und E-Mail: [email protected]

      Inhalt

       Kapitel 1

       Kapitel 2

       Kapitel 3

       Kapitel 4

       Kapitel 5

       Kapitel 6

       Kapitel 7

       Kapitel 8

       Kapitel 9

       Kapitel 10

      1.

      Edwin Carberry, der Profos der „Isabella IX.“, war rundum zufrieden. Er lebte jetzt wieder richtig auf, ließ seine schönsten Flüche vom Stapel, riß hier und dort mal einen Witz und kraulte Sir John, dem karmesinroten Aracanga, großzügig die Nakkenfedern.

      Philip Hasard Killigrew, der Seewolf, stand an der hölzernen Schmuckbalustrade, die das Quarterdeck vom Hauptdeck trennte, und blickte zu dem wuchtig gebauten Mann mit dem Narbengesicht und dem Rammkinn hinunter. Plötzlich sah Carberry zu ihm auf – und dann grinsten sie beide sehr herzlich.

      „Diesen finnischen Rübenschweinen haben wir’s aber gegeben, was, Sir?“ rief Carberry. „Die kapern so schnell kein englisches Schiff wieder, das schwöre ich dir!“

      „Vor allen Dingen nicht das unsere“, sagte Hasard. „Ich schätze, daß sie die Hiebe, die sie bezogen haben, so schnell nicht wieder vergessen.“

      Es war noch keine vierundzwanzig Stunden her, daß sie Matti Hakulinen und dessen Mannschaft von der „Isabella IX.“ abgeräumt hatten, wie Carberry das nannte. In hohem Bogen waren die Kerle außenbords geflogen, und das Handgemenge, mit dem die Seewölfe an Bord zurückgekehrt waren, war ihnen wirklich ein Denkzettel. Mächtige Prügel hatten sie bezogen und sich irgendwo auf Gotland verkrochen, um ihre Schrammen und blauen Flecken zu behandeln.

      Die Seewölfe hatten also ihr Schiff zurückerobert, und nun segelte die „Lady“ endlich wieder, wie es sich gehörte. Unter Vollzeug pflügte sie die Fluten der Ostsee und steuerte an diesem Vormittag des 5. März 1593 die südwestliche Küste von Finnland an.

      Platt lag sie vor dem Wind aus Südwesten und erreichte eine Fahrtgeschwindigkeit von nahezu sieben Knoten. Ja, Hasard und seine achtundzwanzig Männer konnten mit ihrer neuen Galeone vollauf zufrieden sein. Bewährt hatte sie sich seit dem Tag, an dem sie den Hafen von Plymouth verlassen hatte, mehrfach hatte sie die schwersten Proben bestanden. Immer wieder hatte sich gezeigt, daß der alte Hesekiel Ramsgate ihnen ein außerordentlich wendiges und widerstandsfähiges Schiff konstruiert hatte.

      Gleichzeitig hatte sich aber auch erwiesen, daß die Ostsee keineswegs der „Heringstümpel“, war, für den die meisten Männer der „Isabella“ sie gehalten hatten. Diese vermeintliche „Pißrinne für Reiher und Schwäne“ konnte sich ganz gewaltig aufbäumen, genau wie alle anderen Meere der Welt, und mannigfaltig waren auch hier die Gefahren, die auf eine Crew lauerten.

      Deshalb hatten alle, die zu Beginn des Unternehmens gemurrt und gemekkert hatten, ihr Urteil inzwischen revidiert. Der Auftrag, den Lord Gerald Cliveden ihnen im Namen des englischen Königshauses übermittelt hatte, schien doch nicht so trocken und langweilig zu sein, wie sich das bei Skagen angehört hatte, als Hasard das Siegel der geheimen Order aufgebrochen und den Inhalt der Schriftrollen verlesen hatte.

      Handelsbeziehungen zwischen den Ostsee-Ländern und England sollten neu angeknüpft werden – so lautete die Mission. Elizabeth I. wollte die Hanse ausschalten, da das ganze Geschäft sonst nicht mehr lukrativ genug war. Pelze und Bernstein waren die wichtigsten Güter, die im Baltikum umgeschlagen wurden, an diesen war das Königshaus in London am meisten interessiert. Nach verschiedenen Anläufen war Hasard jetzt darauf aus, seine Bemühungen verstärkt voranzutreiben und sich von seinem eigentlichen Vorhaben nicht mehr abbringen zu lassen.

      Am frühen Morgen hatte die „Isabella“ den Hafen von Wisby auf Gotland bereits wieder verlassen, nachdem Hasard und seine Männer sich herzlich und waffenbrüderlich von Arne von Manteuffel und dessen Mannen verabschiedet hatten. Arne – Hasards Vetter – hatte seine erwartete Ladung Pelze nun endlich an. Bord der „Wappen von Kolberg“ übernehmen können, nämlich direkt von der „Isabella“, auf der Matti Hakulinen sie während seiner kurzen Zeit als Seeräuber verstaut hatte.

      Die „Wappen“ würde am selben Tag nach Kolberg zurücksegeln, wie Arne Hasard versichert hatte. Vorläufig würden sie sich also nicht wiedersehen. Hasard hatte die Absicht, Abo anzulaufen, das auch Turku genannt wurde. In diesem finnischen Hafen, so hatte Arne ihm mitzuteilen gewußt, konnte er Geschäftsbeziehungen für Holzlieferungen – besonders für Eiche – anknüpfen.

      Außerdem fühlte Hasard sich dazu verpflichtet, in Abo nach dem Handelshaus zu suchen, für dessen Rechnung Matti Hakulinen gefahren war. Wer sonst sollte den Inhabern mitteilen, daß ihre Handelsgaleone „Katkorapu“ – übersetzt „Krabbe“ – samt ihrer Ladung Eichenholz auf See verbrannt war – und was sich dann ihr sauberer Kapitän Hakulinen geleistet hatte?

      Hakulinen kehrte bestimmt nicht nach Abo zurück. In einem tollkühnen Handstreich hatte er die „Isabella“ beschlagnahmt und die Seewölfe auf der winzigen Insel Gotska Sandö ausgesetzt, und das, obwohl sie ihn und seine Mannschaft kurz zuvor aus der Seenot gerettet hatten. Jetzt aber stand der Finnenkapitän erneut ohne Schiff da und konnte sich bei seinen Auftraggebern nicht mehr blicken lassen.

      Hasard und seine Männer hatten zwar einen Teil ihrer Wut abreagiert, als sie über die Finnen hergefallen waren, doch sie hegten immer noch eine Spur von Groll, auch gegen sich selbst, weil sie sich die „Isabella“ auf derart simple Weise hatten abnehmen lassen.

      „Das passiert mir nicht wieder“, sagte Mac Pellew, der mit der üblichen sauertöpfischen Miene neben dem Kombüsenschott saß und Rüben schälte. „Mich schnappt keiner mehr, um mich als Geisel zu benutzen, zum Henker.“

      „Reg dich nicht auf, Mac“, sagte Philip junior, einer der beiden Söhne des Seewolfs. „Sogar Mister Carberry hatten die Kerle erwischt, obwohl er sich wie ein Stier gegen sie gewehrt hatte.“

      „Ein schwacher Trost“, brummte Mac Pellew mit einer Miene, als habe er ein ganzes Faß voll eingelegter Gurken verschlungen. „Sollten wir jemals wieder Schiffbrüchige zu uns an Bord nehmen, so tun wir gut daran, sie gleich in Ketten zu legen. Heutzutage kann man keinem mehr trauen, und auch die Seefahrt ist kein ehrliches Geschäft mehr.“

      Der Kutscher streckte soeben den Kopf zum Kombüsenschott heraus und sagte: „Nun übertreibe doch nicht so gewaltig. Hasard weiß selbst, daß wir künftig besser auf der Hut sein müssen.“

      „Ja, das weiß Dad ganz bestimmt“, erklärte Hasard junior, der neben seinem Zwillingsbruder stand.

      Mac erhob sich, spuckte übers Schanzkleid und setzte sich wieder. „Hört mal zu. Wir haben hier, in der verdammten Ostsee, schon einige Dämpfer verpaßt gekriegt. Das reicht mir jetzt. Hierzulande ist ein ganz übles Völkchen zu Hause, jawohl.“


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