Seewölfe - Piraten der Weltmeere 46. Burt Frederick

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 46 - Burt Frederick


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die aus der Dunkelheit auf ihn zustach. Das Donnern des Schusses, der sich ohrenbetäubend in der engen Vorpiek brach, hörte er nicht mehr.

      Die Kugel zerschmetterte Hornblows Stirn und blieb tief in seinem Schädel stecken. Der hünenhafte Mann war bereits tot, als er noch von der Wucht des Einschusses rückwärts geschleudert wurde. Im offenstehenden Schott schlug sein lebloser Körper der Länge nach hin.

      Sir John Killigrew, dessen Augen sich hervorragend an das Halbdunkel gewöhnt hatten, blieb völlig gelassen.

      Sein Sohn Simon Llewellyn fuhr sich unablässig mit der Zungenspitze über die wulstigen Lippen. Seine ferkelhaften Gesichtszüge waren angespannt, während er mit vorgerecktem Kinn unentwegt zum offenen Schott starrte.

      Auch die übrigen Männer verharrten schweigend in atemloser Spannung, ohne daß der alte Killigrew sie noch einmal zur Ruhe bringen mußte.

      Sir John nahm Pulverflasche und Kugelbeutel vom Gurt des toten Kochs und lud die Steinschloßpistole nach.

      Das bekannte tückische Grinsen lag in seinen Mundwinkeln.

      Dieser Sullivan und seine Affenärsche verstanden garantiert die Welt nicht mehr. Und wenn sie gleich auf kreuzten, würden sie erst recht nichts mehr kapieren.

      Sullivan schwang sich über die vordere Balustrade des Achterkastells. Federnd landete er auf den Decksplanken der Kuhl und zog seine Radschloßpistole. Die unterarmlange Waffe war ein Beutestück, von einem Büchsenmacher in Nürnberg mit höchster Präzision angefertigt.

      Harte Furchen lagen in Sullivans wettergegerbtem Gesicht, seine Stimme klirrte vor Zorn.

      „Rufus! Canter! Walker!“

      Die drei Männer waren sofort zur Stelle, und alle drei hielten ihre Pistolen schußbereit.

      Rufus, der drahtige Mann mit der Katzenhaften körperlichen Gewandtheit, war schneeweiß im Gesicht. Er konnte ein Zittern nicht unterdrücken, seine aufeinandergepreßten Lippen bildeten einen Strich.

      Sullivan legte ihm die Hand auf die Schulter. Es genügte. Er brauchte nichts zu sagen. Rufus wurde ruhiger. Sein Zittern schwand. Was jedoch blieb, war die grenzenlose Wut, die in ihm loderte.

      Sullivan bedauerte es, daß er ausgerechnet Hornblow losgeschickt hatte. Aber als sie mit langen Schritten zur Vorpiek eilten, unterdrückte er diese Selbstvorwürfe. Jeden von ihnen konnte es immer und irgendwann erwischen. Allerdings waren Hornblow und Rufus die besten Freunde und Partner, die man sich vorstellen konnte. Ein hervorragend aufeinander eingespieltes Zweier-Team, das sich in allen Situationen bestens ergänzte. Vor allem in den zahllosen Gefechten, die sie gemeinsam durchgestanden hatten, hatte sich die Partnerschaft von Hornblow und Rufus glänzend bewährt.

      Sollte es jetzt damit vorbei sein?

      Unwillkürlich prallten sie zurück, als sie den Toten in dem offenstehenden Schott der Vorpiek erblickten.

      Rufus stieß einen heiseren Schrei aus. Die Vorsicht verließ ihn. Er sprang vor, wiederum zitternd vor Rachedurst, und wollte mit blinder Gewalt in die Vorpiek stürmen.

      Sullivan erwischte ihn im letzten Moment am linken Oberarm und riß ihn zurück.

      „Verdammt, laß mich!“ sagte Rufus keuchend. Schweiß rann über seine Stirn. „Ich werde diese dreckigen Bastarde mit Blei vollpumpen. Ich werde diesem elenden Killigrew den Kopf abhacken. Ich werde ...“

      „Gar nichts wirst du“, unterbrach ihn der Bootsmann. „Ich verstehe, daß du durchdrehst. Sie haben deinen besten Freund erschossen. Aber womit haben sie das getan?“

      Rufus blinzelte und runzelte die Stirn. Es war, als erwache er aus einem Traum.

      „Teufel, ja; sie müssen eine Waffe haben“, murmelte er niedergeschmettert. „Ich würde jetzt auch daliegen, wenn ich ...“

      „Gut, daß du das begreifst“, sagte Sullivan und klopfte ihm auf die Schulter. „Vorwärts jetzt.“

      Unmittelbar neben dem offenen Schott blieben sie stehen.

      „Killigrew!“ rief der Bootsmann schneidend. „Du hast noch eine kleine Chance. Wirf die Pistole heraus! Wenn nicht, schießen wir euch zusammen. Hoffentlich kapierst du, daß das für uns ein Kinderspiel ist. Also her mit der Pistole! Ich zähle bis drei. Eins ...“

      „He, du Hurenbock von einem Bootsmann!“ tönte eine schrille, sich überschlagende Stimme aus der Vorpiek. Es war Llewellyn Killigrew. „Du hältst dich wie immer für mächtig schlau. Aber diesmal begehst du einen verdammten Fehler. Mein Vater hat nämlich euren Koch vor dem Lauf! Und wenn ihr nicht pariert, kriegt der Kerl auf der Stelle ein Stück Blei in den Strohkopf!“

      Sullivan wechselte einen fassungslosen Blick mit den anderen.

      „Das ist Schwindel!“ rief er dann. „Solche Tricks zieht ihr mit uns nicht durch, Killigrew!“

      „Zeigt euch!“ schrie Simon Llewellyn zurück. „Aber ohne Waffen! Dann werden wir euch beweisen, daß es kein Trick ist. Los, los, beeilt euch! Unsere Geduld dauert nicht ewig. Wir haben nichts zu verlieren. Für uns steht nichts auf dem Spiel. Und wenn ihr meint, daß ihr euren Koch draufgehen lassen könnt, dann ist das eure Entscheidung. Auf jeden Fall warten wir nicht länger als zwei Minuten.“

      Sullivan sah seine Begleiter an.

      „Wir haben keine andere Wahl“, sagte er gepreßt.

      Thomas Canter, der riesenhafte schwarzbärtige Schiffszimmermann, legte zweifelnd den Kopf schief.

      „Ich weiß nicht recht“, entgegnete er leise. „Vielleicht ist es doch ein Trick. Woher wissen wir denn, ob Sharkey überhaupt noch lebt?“

      Sullivan zog die Augenbrauen hoch.

      „Das, Canter, werden wir sehr schnell herausfinden.“

      „Was ist jetzt, ihr Bastarde?“ meldete sich wieder Simon Llewellyns schrille Stimme aus der Vorpiek. „Was lange wollt ihr noch überlegen? Ihr werdet uns diese verdammten Ketten abnehmen und dann meinem Vater die Karavelle übergeben!“

      Sullivan wußte, daß er in einer höllischen Zwickmühle steckte, sofern es sich nicht um einen Trick handelte. Er gehörte nicht zu der gleichen Sorte Mensch wie der alte Killigrew. Er, Sullivan, war nicht so, daß er einen Mann über die Klinge springen ließ, ohne mit der Wimper zu zucken.

      Aber sicherlich hatte Thomas Canter mit seinen Zweifeln recht.

      Sullivan war selbst mißtrauisch genug. Zuviel hatte er schon mit dem alten Halunken erlebt, als daß er ihm jetzt noch trauen konnte. Der ehrenwerte Sir John hatte nicht gezögert, das Leben seines eigenen Sohnes in die Waagschale zu werfen, als an Bord der „War Song“ das entscheidende Gefecht zwischen der Killigrew-Meute und der Stammcrew stattgefunden hatte. Deshalb war es dem Schlitzohr ohne weiteres zuzurauen, daß er jetzt eiskalt zum Mord übergegangen war, um sein Ziel doch noch zu erreichen.

      Aber Sullivan wollte es genau wissen.

      „Wir stellen eine Bedingung?“

      „Sharkey soll sich melden. Ich will wissen, ob er wirklich noch lebt.“

      „Du bist nicht ganz richtig im Kopf, Drecks-Bootsmann! Die einzigen, die hier Bedingungen stellen, sind wir!“

      Eine dumpfe Reibeisenstimme war unvermittelt aus dem Hintergrund zu hören. Die Worte waren nicht zu verstehen, aber Sullivan und seine Gefährten erkannten sofort, daß es sich um das Organ des alten Killigrew handelte.

      „Also gut!“ schrie Simon Llewellyn kurz darauf. „Mein Vater ist einverstanden. Wir sind schließlich keine Unmenschen. Los, du Mistkoch! Sag was!“

      Mehrere Sekunden verstrichen in beklemmender Stille.

      Dann ertönte eine dunkle, etwas heisere Stimme.

      „Ja, ich bin’s, Sharkey. Mit mir ist alles in Ordnung. Macht um Himmels willen keinen Unsinn!“

      Sullivan und seine Begleiter wechselten


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