Seewölfe - Piraten der Weltmeere 230. John Curtis

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 230 - John Curtis


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      Impressum

      © 1976/2016 Pabel-Moewig Verlag KG,

      Pabel ebook, Rastatt.

      ISBN: 978-3-95439-566-8

      Internet: www.vpm.de und E-Mail: [email protected]

      Inhalt

       Kapitel 1

       Kapitel 2

       Kapitel 3

       Kapitel 4

       Kapitel 5

       Kapitel 6

       Kapitel 7

       Fußnoten

      1.

      Der Morgen graute, und ein fahler Silberstreif hob sich am Horizont ab. Die „Isabella“ wiegte sich auf der langen Dünung, langsam hob und senkte sich der Rumpf des Dreimasters.

      Der Seewolf knirschte vor Zorn und vor ohnmächtiger Wut mit den Zähnen, als er einen Blick auf seine beiden Söhne Hasard und Philip warf. Angekettet wie er, waren sie am Besanmast in sich zusammengesunken und saßen zusammengekauert an Deck. Die Eisenfesseln ließen ihnen zwar diese Bewegungsfreiheit, aber genau wie beim Seewolf, den Don Bosco am Ruder der „Isabella“ angekettet hatte, machten sie jeden Fluchtversuch von vornherein unmöglich.

      Die beiden Söhne des Seewolfs waren nach einer langen Nacht, in denen ihr Vater immer wieder versucht hatte, ihnen Mut zu machen, vor Erschöpfung in ihren Eisen eingeschlafen. Aber jetzt, das wußte der Seewolf, nahte die Stunde der Entscheidung. Irgendwann nach Sonnenaufgang würde der Mahlstrom einsetzen, und dann, das hatte dieser verfluchte Tortuga-Pirat ihm gesagt, würden seine Söhne auf dem Vorkastell der „Isabella“ angeschlossen werden. Und er, der Seewolf, würde die „Isabella“ durch den Felsendom steuern müssen. Ihm blieb gar keine andere Wahl, denn anderenfalls starben nicht nur seine Söhne mit ihm, sondern auch alle seine Männer, die sich auf der Galeere „Conchita“ befanden. Angekettet wie er, fristeten sie ihr Dasein als Rudersklaven Don Boscos. Und Hasard wagte gar nicht darüber nachzudenken, was dieser Nuno, dieser brutale und hirnlose Glatzkopf, inzwischen alles mit ihnen angestellt hatte, um sie zu quälen, zu demütigen, zu zerbrechen.

      Der Seewolf warf einen Blick über die „Isabella“. Am Großmast stand Jan Ranse, der Steuermann Jean Ribaults, angekettet wie er. Und am Fockmast auf dem Vorderkastell erblickte er den Franzosen, ebenfalls angekettet. Die beiden waren Don Bosco in die Falle gegangen, sie hatten keine Chance gehabt, ihm zu entkommen. Und was schlimmer war, er, der Seewolf, hatte sich ebenfalls von diesem Unmenschen hereinlegen lassen, indem er den Franzosen dazu verleitete, ihm einige Dinge zu verraten, die Don Bosco brennend interessierten. Weder Jean Ribault noch er hatten geahnt, daß Don Bosco das alles eingefädelt hatte, daß er sie belauschte, sie aber in dem Glauben ließ, für einige Minuten allein zu sein. Und nur so war es auch für Don Bosco möglich gewesen, das mit den Bewohnern der Schlangeninsel verabredete Signal zu geben, daß an Bord der „Isabella“ alles in Ordnung sei und sie am nächsten Morgen mit Einsetzen des Mahlstroms in die Bucht der Schlangeninsel einlaufen würden. Damit hatte der Tortuga-Pirat erreicht, daß niemand an der Schlangeninsel auf einen Überfall gefaßt sein, daß niemand daran denken würde, die notwendigen Vorkehrungen zu treffen, um einen solchen Überfall abzuwehren.

      Wieder knirschte der Seewolf mit den Zähnen. Er sah, wie Jean Ribault ihm zuwinkte, und er erwiderte den Gruß. Dem Seewolf war klar, daß sowohl der Franzose als auch sein Steuermann längst erkannt hatten, in welcher Lage der Seewolf und in welcher Gefahr die Schlangeninsel sich befand. Daß sie aber ebenfalls wußten, daß es aus dieser Situation – jedenfalls im Moment nicht – keinen Ausweg gab.

      Noch nie war der Seewolf einem so gerissenen Gegner wie diesem Don Bosco begegnet. Und noch nie hatte jemand mit vergiftetem Wasser und einem teuflisch geschickt eingeschleusten Mann die ganze „Isabella“-Crew, ausgenommen den alten O’Flynn und seinen Sohn Dan, total ausgeschaltet. Zwar hatten der Alte und sein Sohn dem heransegelnden und seines leichten Sieges gewissen Piraten noch ein erbittertes Gefecht geliefert und sogar seine Karacke versenkt, aber dann waren auch sie der Übermacht erlegen.

      Der Silberstreif am Horizont war etwas heller geworden. Die Sonne schickte ihre ersten Vorboten über die Kimm, die ihren baldigen Aufgang anzeigten. Den Beginn eines Tages, wie der Seewolf ihn höllischer nie erlebt hatte.

      Hasard dachte an Carberry, dem die Flucht von der „Isabella“ gelungen war. Wo mochte sein Profos zu dieser Stunde stecken? War es ihm gelungen, Hilfe für die „Isabella“ und die Schlangeninsel zu mobilisieren? Der Seewolf wußte es nicht, aber er kannte Carberry. Der würde das Unmögliche möglich machen, um sie alle wieder herauszuhauen. Anschließend aber war dieser Don Bosco ein toter Mann, das stand fest.

      Einer der Zwillinge rührte sich am Fuß des Besanmastes. Dadurch weckte er auch den anderen, der mit ihm zusammengeschlossen war. Die beiden streckten sich, dann spürten sie wieder ihre Eisenfesseln und waren im Nu hellwach.

      Hasard sah sie an, dann blickte er sich um, aber es war weit und breit kein Pirat zu sehen. Der Seewolf nutzte den Augenblick.

      „Hört zu, ihr beiden“, sagte er, und die Zwillinge sahen sofort zu ihm herüber, „dieser Don Bosco wird euch gleich auf dem Vorderkastell anketten lassen. Seid ganz ruhig, es passiert euch nichts. Man wird die heransegelnde „Isabella“ durch die Spektive von der Schlangeninsel beobachten, und man wird schon bald herausfinden, daß da etwas nicht in Ordnung ist. Stellt euch vor allen Dingen so, daß man eure Ketten gut sehen kann, sagt das auch Jean Ribault, aber nur, wenn niemand in der Nähe ist. Man wird sehen, daß ihr Fesseln tragt, man wird keinesfalls auf die „Isabella“ feuern. Das will dieser Don Bosco ja auch damit erreichen, daß er euch als Galionsfiguren benützt. Auf der Schlangeninsel werden wir weitersehen. Etwas ganz Wichtiges weiß dieser Dreckskerl nämlich nicht …“

      „Du meinst …“

      Aber der Seewolf bedeutete seinem Ältesten sofort zu schweigen und nickte lediglich.

      „Er wird sich noch wundern“, fügte er hinzu und sah zu seiner Erleichterung, wie die beiden Zwillinge zu grinsen begannen. Die Kerlchen waren schon in Ordnung. Sie hatten sich weiß der Himmel hervorragend gehalten. Wie echte Seewölfe, obwohl sie erst ganze zehn Jahre alt waren.

      Der Seewolf grinste zurück, dann schwiegen sie, denn jeden Moment konnte dieser Don Bosco auf dem Achterdeck erscheinen.

      Der Seewolf behielt recht. Don Bosco kreuzte auf, aber ganz anders, als Hasard gedacht hatte.

      Der Tortuga-Pirat hatte das Achterkastell verlassen und trat an Deck. Ein höhnisches Grinsen spielte um seine Lippen, als er zum Steuerbordniedergang, der aufs Achterkastell führte, hinüberging. Aber dann blieb er plötzlich stehen, seine Augen verengten sich. Er starrte den Mann an, der am Steuerbordniedergang lag und schlief. Neben sich einen Krug Wein, der zudem noch umgefallen war und den eine Weinlache umgab.

      Schon wollte Don Bosco sich auf den Schlafenden stürzen, als er mitten in der Bewegung innehielt. Nein, das hatte Zeit. Erst mußte er feststellen, ob der Seewolf und seine beiden Söhne bereits wach waren oder ob die beiden Jungens noch in ihren Ketten schliefen.

      Er schlich sich zum anderen Niedergang an Backbord. Dann enterte er auf, aber so leise, daß nicht einmal der Seewolf es hörte. Vorsichtig schob er sich soweit empor, daß er gerade aufs Achterdeck blicken konnte. Und so kriegte er gerade noch mit, wie der Seewolf und seine beiden Söhne sich angrinsten.

      Don Bosco schaltete sofort. Sie hatten sich also unterhalten. Vielleicht hatte der


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