Seewölfe - Piraten der Weltmeere 87. Fred McMason

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 87 - Fred McMason


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des Eingeborenen, als Pedro den Schnaps eingoß und Blatternarben-Jo ihn mit einem Zug hinunterkippte.

      Er war hier geboren und aufgewachsen, er kannte jede Ecke der beiden Flüsse, er kannte die verseuchten Wälder und die gierigen Bestien. Aber in den Fluß traute er sich nicht. Nur ein Verrückter würde da hineinsteigen, einer der sich selbst umbringen wollte.

      „Gut, ich hole den Goldmann“, sagte er schnell, „jetzt gleich, auf der Stelle.“

      Der Mestize grinste und klopfte dem Kleinen gönnerhaft auf den Rücken.

      „Natürlich würdest du nie auf die Idee verfallen, einfach abzuhauen und dich nie wieder sehen zu lassen, nicht wahr?“ fragte er.

      „Nein, ganz bestimmt nicht, daran würde ich nie denken.“

      Die Umstehenden grinsten, auch der einäugige Pedro lachte laut.

      Der kleine Buschmann würde wie ein Blitz verschwinden, wenn sie ihn erst einmal losließen, das wußten sie alle, denn gerade er kannte die Gefahren noch besser als jeder andere.

      „Nun, dann ist ja alles gut“, sagte der Mestize. „Und damit die Strömung dich nicht forttreibt, werden wir dir einen Strick um den Hals hängen. Den halte ich persönlich, während du nach dem Goldmann tauchst. Ist das eine Idee? Bring ein Seil, Pedro, ein recht langes.“

      Der Kleine war einer Ohnmacht nahe. Sein braunes Gesicht wechselte die Farbe, es wurde grau vor hilfloser Angst. Dieser Hund von einem Mestizen dachte auch an alles. Natürlich hatte der ihn sofort durchschaut.

      Pedro brachte ein langes Tau, das er dem Kleinen blitzschnell um den Hals schlang. Von dort aus führte er es unter seine Schultern und knotete es fest.

      Jetzt schrie der Kleine und bettelte um sein Leben, aber die rohen Gesellen lachten nur und schleppten ihn hinaus. Drei, vier Dirnen begleiteten die Männer nach draußen.

      Dort befand sich ein langer Steg aus Bambushölzern, der sich bei jedem Schritt beängstigend tief durchbog. Der Steg führte auf Pfählen weiter zu zwei anderen Hütten.

      Der Dschungel begann übergangslos vor der Kneipe, er wuchs fast in die Fenster hinein. Ein paar Yards unter ihnen gurgelte der Fluß. Ein verfaulter Baumstamm war in der Flußmitte angetrieben, und an ihm schwemmten Dreck, Holz, Blätter und Äste an. Mitten im Strom gab es noch eine kleine Insel, fast eine Meile lang, dicht bewachsen und von allen möglichen Biestern bevölkert.

      Das Sonnenlicht, das hier einfiel, war grünlich, es durchdrang nur sehr mühsam das Gewirr der Baumkronen, die alle ineinander verwachsen schienen. Das hier war Remata de males, moskitoverseucht, mit Blick auf den Atlantik und die lange geschwungene Bucht, in die der Fluß mündete.

      Es war eine Hölle, in der die Menschen langsam, aber sicher krepierten, die die Schwachen umbrachte und selbst die Starken nicht lange am Leben ließ.

      Der durchgebogene Steg war mit Seilen abgesichert, damit die Betrunkenen nicht unversehens zwischen die Piranhas und Krokodile fielen, wenn sie aus Aasgeier Pedros Kneipe nach Hause wankten.

      Blatternarben-Jo bog die Seile auseinander, behielt den Strick in der Hand und. befahl dem angstschlotternden Kleinen: „Spring, du Wanze! Wenn du den Goldmann nicht findest, lasse ich dich so lange im Bach hängen, bis die Piranhas auch deinen letzten Knochen abgenagt haben.“

      Es gab keinen anderen Ausweg mehr, doch gerade als der Kleine in seiner Verzweiflung zum Sprung ansetzte, hielt der Mestize ihn noch einmal zurück.

      Er kniff die Augen zusammen, als er sie sah. Eine schwarze, fast zehn Yards lange Wasserschlange, die gefürchtete Sucurijo, schwamm in windenden schnellen Bewegungen den Fluß hinunter. Ihr Leibesumfang entsprach dem eines ausgewachsenen Mannes, der große Kopf mit den smaragdgrünen Augen pendelte unruhig hin und her.

      „Sucurijo“, flüsterte der Bambusindianer entsetzt, als er sie erblickte. „Sie töten blitzschnell!“

      „Keine Angst“, sagte der Narbige lachend, „ich will ja meinen Goldmann wiederhaben, deshalb lassen wir die Schlange erst einmal vorbei. Wenn du ihn allerdings nicht findest, dann …“

      Den Rest ließ er unausgesprochen, aber jeder wußte, was er sagen wollte. Wenn der Kleine den Goldmann nicht fand, würden ihn die Piranhas oder das stumpfnasige Krokodil fressen, das zum Hause gehörte und von den Abfällen lebte, die aus den Hütten flogen.

      Als die Schlange vorbei war, erhielt der Kleine einen Tritt. Mit einem wilden Schrei auf den Lippen landete er im Fluß, der ihm bis fast ans Kinn reichte.

      Die Dirnen kreischten begeistert, als der Mestize Leine nachfierte und den Buschmann verhöhnte.

      „Du hättest dir die Stelle merken sollen!“ schrie er. Mit der einen Hand hielt er die Leine, mit der anderen führte er einen Becher zum Mund und trank den feurigen Schnaps wie klares Wasser.

      In seiner grenzenlosen Angst tauchte der Kleine, tastete den Grund ab, tauchte wieder auf und kotzte vor Angst, als ein Rudel blitzender Fische an ihm vorbeizog.

      Längst bereute er seinen Fehlgriff. Hätte er sich doch von diesem blatternarbigen Hundesohn lieber weiter demütigen lassen! Das hätte er schon überwunden, leichter jedenfalls als das lausige Warten im verseuchten Wasser und die Angst vor den heimtückischen Viechern, bei denen man nie wußte, wann sie angriffen.

      „Willst du wirklich, daß ihn die Piranhas fressen?“ fragte die heißblütige Pepita mit brennenden Augen.

      „Wenn er den Goldmann findet, ziehe ich ihn ’raus“, sagte der Mestize. „Wenn nicht, bleibt er so lange da drin, bis ihn einer anknabbert.“

      Alle lachten, die meisten waren angetrunken, und Mitleid mit dem Buschmann empfand niemand. Ihrer Meinung nach hatte er es nicht anders verdient.

      Er starb tausend Tode im Fluß, tauchte immer schneller und kam wieder hoch. Sein Gesicht war verzerrt. Er hüpfte hin und her, bückte sich wieder und fand den verfluchten Goldmann nicht.

      „Zieht mich ’raus!“ schrie er. „Ich will es später noch einmal versuchen!“

      Der Mestize hörte nicht, oder er tat so, als höre er nichts. Aber als der Buschmann zurückwatete und sich an die grün bemoosten Pfähle der Hütte klammerte, hob der Mestize den Strick an, bis dem Burschen die Luft wegblieb und er zu ersticken drohte. Erst da ging er wieder hinaus, zitternd, winselnd, um sich tastend.

      Einmal stieß er einen Freudenschrei aus, als er hochkam. Er hielt etwas in den Händen von länglicher Form und wollte zurück, doch Blatternarben-Jo winkte ab.

      „Keine Steine“, sagte er, „ich will den Goldmann!“

      Pepita knuffte den Mestizen in die Seite. In ihren Blicken lag nackte Angst, als sie zwischen die Bambusstäbe nach unten deutete, wo das Wasser dunkel und voller Pflanzen war.

      „Das Krokodil“, sagte sie schaudernd und zeigte auf das Biest, das ruhig und majestätisch durch die kopfgroßen Blätter schwamm, der Flußmitte entgegen, wo sich etwas regte.

      In diesem Augenblick fand der Buschmann die goldene Statue, und in diesem Augenblick sah er auch den Kaiman, den gefräßigen Hauspolizisten Pedros, der langsam heranschwamm und dann tauchte.

      „Zieh mich ’raus!“ hallte sein Schrei übers Wasser.

      „Erst den Goldmann!“

      Die Statue flog dem Mestizen zu, der sie geschickt auffing. Er ließ sich Zeit, sie von allen Seiten zu betrachten, ehe er gönnerhaft nickte.

      „Er ist es“, sagte er zufrieden, „warum nicht gleich so?“

      In diesem Augenblick geschah das, was sie insgeheim alle erwartet hatten. Unter Wasser schnellte der Kaiman vor, tauchte mit dem oberen Teil des Körpers auf und stürzte sich wild auf den schreienden und um sich schlagenden Buschmann. Die mächtigen Kiefer schnappten zu, in den Augen des Kaimans war ein fast träger zufriedener Blick, als er ein zweites Mal zuschnappte.

      Der Schrei erstickte. Der Fluß färbte sich an dieser Stelle


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