Seewölfe - Piraten der Weltmeere 307. Roy Palmer

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 307 - Roy Palmer


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drang bis ins Logis vor, der beißende Geruch von Rauch drang in die Nasen der Männer.

      Mäkilä ließ die Suppenkelle fallen und stürzte zum Schott, Abromeit folgte ihm. Die Männer der Freiwache sprangen von ihren Kojen und Sitzplätzen auf und schrien durcheinander. Mäkilä war auf der Kuhl und sah die Flammen, die zusammen mit dem Rauch aus der Kombüse aufstiegen. Er stöhnte auf und wollte in sein Reich stürmen, wurde aber von Alavus zur Seite gedrängt.

      Dieser stieß das Schott auf. Feuer und Qualm schlugen ihm wie eine Mauer entgegen. Er hustete und versuchte einzudringen, doch die Hitze und der Rauch raubten ihm den Atem.

      Hakulinen tobte auf dem Achterdeck herum, die Männer fluchten immer lauter, im Nu war der Teufel los. Pulkila ließ Pützen und Kübel an Tauen außenbords fieren, es wurde Seewasser heraufgehievt und in das Feuer ausgegossen, doch die Flammen hatten sich inzwischen zu weit ausgebreitet, sich auch schon durch die Planken der Kombüse gefressen und waren im Begriff, die Laderäume zu erreichen.

      Mit vor Panik verzerrtem Gesicht fuhr der Profos zu seinem Kapitän herum, als er dies mit einem Blick aus tränenden Augen feststellte.

      „In der Kombüse ist ein Loch!“ brüllte er. „Das Feuer ist in den unteren Vordecksräumen!“

      „Sand!“ schrie Hakulinen, verließ das Achterdeck, stürmte über die Kuhl und griff selbst mit ein. „Sand her! Eine Kette bilden! Wasser und Sand in die Flammen! Ihr Satansbraten, wollt ihr wohl springen? Hölle, ich bringe euch um, wenn ihr nicht pariert!“

      Sand und Wasser wurden abwechselnd in Holzkübeln und Segeltuchpützen herbeigemannt und in den Brandherd entleert, doch auch das nutzte nichts. Die Flammen waren tatsächlich zu den Laderäumen durchgeschlagen und leckten an den Planken aus besonders hartem, ausgesprochen trockenem Eichenholz. Was das bedeutete, war jedem Mann klar, auch Mäkilä, der vor Angst und Schrecken am liebsten über Bord gesprungen wäre.

      Ein wilder Kampf der Finnen gegen das Feuer begann, so leicht gaben sie nicht auf. Matti Hakulinen war am Kombüsenschott, warf einen Blick nach Steuerbord und entdeckte Mäkilä. Er tat einen Satz auf ihn zu, hieb ihm die Faust gegen das Kinn und stieß einen tiefen, grimmigen Laut aus, als dieser bewußtlos zusammenbrach. Dann drängte er sich an Alavus vorbei und schob sich ins Innere der Kombüse, ohne sich um Feuer und Rauch zu kümmern.

      Er gelangte bis auf einen kurzen Abstand an das heran, was von dem Herd übriggeblieben war, und brüllte: „Einen Kübel mit Wasser her!“

      Dann aber gaben die versengten, schwelenden Planken unter ihm nach, und er sauste ein Deck tiefer.

      Er stürzte schwer, rappelte sich aber mit einer Verwünschung sofort wieder auf. Ringsum waren die Flammen, der Qualm und die Hitze, er schien auf glühenden Kohlen zu stehen. Er war versucht, vor Furcht und vor Schmerz aufzuschreien, bezwang sich aber, packte einen Plankenrest und drosch damit auf das Feuer ein. Er hustete und bekam kaum noch Luft.

      Alavus war so klug, einen Kübel Wasser über dem Kapitän zu entleeren, den er unter sich wiedererblickte.

      Hakulinen prustete und schnaubte, als das kalte Naß ihn mit voller Wucht traf, dann aber richtete er sich auf und rief: „Alavus, Pulkila, Kuhmo – zu mir! Wir schaffen es doch noch!“

      2.

      Die „Isabella IX.“, das Schiff der Seewölfe, teilte mit ihrem Bug das Wasser der Ostsee. Wie schwere Schollen klafften die Fluten unter dem Bugspriet mit den beiden Blinden und der sanftmütig lächelnden Galionsfigur auseinander, sanken nach Backbord und Steuerbord weg, glitten am Rumpf entlang und liefen hinter dem Heck fächerfömig auseinander.

      Platt lag die „Lady“, wie die Männer sie zu nennen pflegten, vor dem Wind und lief Nordostkurs. Die Häfen der Ostsee anzusteuern und neue Handelsbeziehungen anzuknüpfen – das war der Auftrag, den Philip Hasard Killigrew und seine Männer in Plymouth von Lord Gerald Cliveden, dem Sonderbeauftragten der englischen Königin, in einer geheimen, versiegelten Order entgegengenommen und akzeptiert hatten.

      Als Hasard die Mappe bei Skagen geöffnet und den Inhalt der Schriftstükke verlesen hatte, war die Begeisterung der Crew nicht sonderlich groß gewesen. Doch inzwischen wußte man, daß die Ostsee keineswegs ein Heringstümpel oder eine Pißrinne für Schwäne und Reiher war, wie die meisten von ihnen geäußert hatten. Auch dieses Meer hatte seine Tücken und Gefahren und durfte nicht unterschätzt werden – und langweilig, wie sie befürchtet hatten, ging es hier schon gar nicht zu.

      Gary Andrews, der eine Wache als Ausguck im Hauptmars übernommen hatte, dachte über die Begebenheiten nach, die hinter ihnen lagen, und unwillkürlich mußte er grinsen. Nils Larsen hatte mit Gewalt verheiratet werden sollen – das war schon ein starkes Stück gewesen. Und die Sache mit Stenmark? Die Ereignisse im Sund und auf Gotland? Hart war es dort hergegangen, und teilweise auch sehr heiß.

      No, Sir, die Ostsee war ganz gewiß kein harmloser Tümpel.

      Plötzlich richtete er den Blick starr voraus. Grau verhangen war der Himmel, dunkel die See – und doch vermochte er die Rauchwolke, die an der nordöstlichen Kimm stand, sehr deutlich zu erkennen.

      „Hol’s der Henker“, murmelte er. „Entweder ist da vorn eine Insel, auf der jemand ein hübsches Feuerchen angezündet hat – oder es befindet sich jemand in Gefahr.“

      Er blickte zu Arwenack, dem Schimpansen, der ihm – dick vermummt und mit einer Wollmütze auf dem Kopf – Gesellschaft leistete, doch der Affe konnte ihm ganz bestimmt nicht verraten, was die Rauchsäule zu bedeuten hatte.

      Gary richtete sich auf, beugte sich über die Verkleidung der Plattform und schrie: „Deck! Rauchwolke voraus!“

      „Ist es ein brennendes Schiff?“ rief Hasard, der auf dem Achterdeck bei Ben Brighton, Big Old Shane und den beiden O’Flynns stand.

      „Ich weiß es noch nicht, Sir!“ antwortete Gary. Dann richtete er sein Spektiv voraus und spähte erneut angestrengt hindurch.

      Die Männer an Deck sahen jetzt ebenfalls den Rauch. Hasard gab den Befehl, Kurs darauf zu nehmen. Pete Ballie, der Rudergänger, korrigierte die Stellung des Ruderrades um einen Strich, die Segel wurden nachgetrimmt, die „Isabella“ hielt genau auf die Wolke zu, die sich schwarz und unheimlich am Mittagshimmel ausnahm.

      Wenig später stand es fest: Der Rauch rührte von einem brennenden Schiff her, von einer Dreimast-Galeone, deren Besatzung sich in Lebensgefahr befand. Hasard zögerte keinen Augenblick.

      „Wer immer es ist“, sagte er, „wir müssen ihm helfen.“

      „Hölle und Teufel“, sagte der alte Donegal Daniel O’Flynn. „Wenn das man mit rechten Dingen zugeht. Nein, versteht mich nicht falsch. Ein Spuk ist es ganz bestimmt nicht, aber vielleicht eine Falle.“

      „Unmöglich“, meinte Shane. „Siehst du nicht, daß die Flammen bei denen schon bis in die Takelage aufsteigen? Mann, die haben nicht nur ein paar Feuerchen angezündet, um ein Unglück vorzutäuschen, das ist doch offensichtlich.“

      „Na schön, dann ist es eben offensichtlich“, sagte Old O’Flynn. „Aber geheuer ist mir die Sache trotzdem nicht. Wir kriegen Ärger, das schwöre ich dir.“

      „Glaubst du, es ist ein Spanier?“ fragte sein Sohn, der soeben durch den Kieker geblickt hatte. „Der Flagge nach nicht.“

      „Der Flagge nach ist es ein Finne!“ rief Nils Larsen.

      „Ja!“ pflichtete Stenmark bei. „Und wenn mich nicht alles täuscht, ist es eine Handelsgaleone!“

      „Dem Tiefgang nach zu urteilen, hat die Galeone schwer geladen!“ rief Gary Andrews hoch über ihren Köpfen.

      „Na bitte“, sagte der Seewolf mit einem Blick zu Old O’Flynn. „Jetzt bleibt nur noch die Möglichkeit offen, daß er ein Piratensegler ist, der uns durch seine Flagge zu täuschen versucht. Aber das wird sich ja gleich herausstellen. Auf keinen Fall dürfen wir ihm unsere Hilfe versagen. Ben, laß die beiden Jollen zum


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