Seewölfe - Piraten der Weltmeere 553. Roy Palmer

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 553 - Roy Palmer


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bezahlt, damit er sie in Ruhe ließ. Hin und wieder rückten die Bandenmitglieder aus und gingen auf Beutezug.

      Sie paßten immer höllisch auf, daß niemand sie erkannte oder beobachtete. Deshalb war bisher in Siirt noch keiner auf die Idee verfallen, daß die Armenier hinter den Raubüberfällen steckten, die sich während der letzten Monate ereignet hatten.

      Gruso blickte Brodz und Derkhan erwartungsvoll an, als sie vor ihn hintraten.

      „Nun?“ sagte er mit seiner dunklen Stimme, in der immer ein gefährlicher, drohender Unterton mitschwang.

      Brodz hob die Schultern und ließ sie wieder sinken. „Kein Heller.“

      „Und der Esel?“

      „Der stammt von dem Kerl, den wir abgestochen haben“, entgegnete Derkhan.

      „Ihr habt nichts als den Esel?“ zischte der Anführer.

      „So ist es“, gestand Brodz.

      Gruso spuckte vor den beiden auf den Boden. „Ihr Versager! Ihr Dummköpfe! Was, zum Henker, sollen wir mit noch einem Esel? Wir haben schon genug Viehzeug!“

      „Wir können ihn verkaufen“, sagte Derkhan.

      Gruso lachte verächtlich. „Wie die anderen Esel und Maultiere und Kamele? Ja, daraus läßt sich Gewinn schlagen, was?“

      „Irgendwann werden wir die Biester schon los“, meinte Derkhan.

      Er hätte besser geschwiegen. Gruso wurde richtig wütend. Er rammte dem Riesen die Faust gegen die Brust. Derkhan strauchelte und setzte sich auf den Hintern. Gruso verfügte über immense Kräfte, die ihm auf den ersten Blick keiner zutraute, denn er war schlank und nicht übermäßig groß.

      „Schluß!“ stieß der Anführer zornig hervor. „Ich will kein Wort mehr hören!“

      „Ja“, erwiderte Brodz. Was sollte er sonst sagen?

      „Die anderen haben auch nichts angeschleppt“, sagte Gruso erbittert. „Nur Dreck. Es lohnt nicht mehr, in dieser lumpigen Gegend auf Beutejagd zu gehen. Nichts mehr zu holen. Wir werden den Standort wechseln müssen.“

      „Wohin gehen wir?“ fragte Brodz.

      „Das weiß ich noch nicht.“

      „Es gibt doch eine gute Nachricht“, sagte Brodz – selbst auf die Gefahr hin, daß Gruso auch ihn umstieß.

      Gruso musterte ihn aus schmalen, heimtückischen Augen. „Willst du mich zum Narren halten, Kerl? Wage das nicht.“

      „Es sind Fremde in der Stadt“, erklärte Brodz. „Giaurs.“

      „Wo?“

      „Wir haben sie am Fluß beobachtet“, erwiderte der Lange.

      Grusos Miene hellte sich wieder ein wenig auf. „Warum habt ihr das nicht gleich gesagt, ihr blatternarbigen Böcke? Giaurs sind immer gut. Sie haben Geld, meistens jedenfalls.“

      „Es sind viele“, sagte Derkhan, der sich wieder aufgerappelt hatte. Er klopfte sich den Staub von der Kleidung. „Eine ganze Menge.“

      Gruso stieß einen Pfiff aus und rieb sich das Kinn. „Hört, hört. Was wollen so viele Giaurs auf einem Haufen in einem Nest wie Siirt?“

      „Wenn wir das wüßten“, sagte Brodz.

      „Wir werden es herauskriegen“, sagte Gruso.

      Brodz grinste schief. Genau das hatte er auch schon gesagt. Er warf Derkhan einen Seitenblick zu. Derkhan brummelte etwas Unverständliches. Ja, ja, ihm war schon klar, daß Brodz immer der Gescheitere von ihnen beiden war.

      Gruso wählte noch drei andere seiner Kumpane aus, dann brachen sie zu sechst auf. Brodz und Derkhan führten die Gruppe zu jener Stelle am Fluß, wo sie die Fremden beobachtet hatten. Die sechs Kerle setzten sich auf eine niedrige Mauer und ließen die Beine baumeln. Aufmerksam sahen sie dem Treiben der Fremden zu.

      „Was die wohl in ihrem Gepäck haben“, murmelte Derkhan.

      „Gold und Silber sicherlich nicht“, entgegnete Gruso. „Auch keine Perlen. Aber vielleicht Spezereien oder andere Ware, die wir verkaufen können. Außerdem haben sie eine Menge Waffen. Die können wir gut gebrauchen. Waffen und Munition.“

      Die Armenier verfolgten, wie die Fremden noch einmal an den Fluß zurückkehrten, offenbar, um letzte Habseligkeiten zu holen. Wieder entfernten sich die Giaurs in Richtung der Stadt, wie sie es schon vorher getan hatten, als Brodz und Derkhan ihnen zugeschaut hatten.

      „Das sind Kaufleute“, urteilte Gruso. „Kein anderer würde sich die Mühe bereiten, mit Guffas und Keleks den Tigris hochzufahren. Stellenweise haben sie treideln müssen. Deswegen die Kamele.“

      „Auch die Kamele werden wir ihnen abnehmen“, sagte Derkhan.

      „Halt’s Maul!“ fuhr Gruso ihn grob an. „Will es nicht in deinen Kopf, daß Kamele und anderes Viehzeug für uns wertlos sind? Wir können sie nirgends verkaufen. Die Konkurrenz ist zu groß. Auf dem Markt von Siirt wird einmal im Monat auch das letzte kranke Kalb an den Mann gebracht, aber immer sind es die Siirter, die das meiste Geld herausschlagen!“

      Diese Erfahrung hatte die Armenier klüger, aber nicht reicher werden lassen. Mit Vieh war hierzulande kein Reichtum zu erwerben. Und Reittiere hatten die Kerle genug. Schlachten konnte man die erbeuteten Tiere auch nicht. Sie waren zu alt und zu zäh, obendrein schmeckte Kamelfleisch miserabel.

      „Ich habe eine Idee“, sagte Brodz plötzlich. „Diese Giaurs wollen doch allem Anschein nach weiter nach Norden, nicht wahr?“

      „Ja“, antwortete Gruso. „Es könnte sein, daß sie in Erzurum den Markt besuchen wollen.“

      „Der Fluß führt nach Osten“, meinte Brodz. „Er knickt hier in Siirt scharf ab. Also müssen sie über Land ziehen, wenn sie nach Norden wollen. Dazu aber brauchen sie eine Karawane. Die wenigen Kamele, die sie haben, genügen ihnen da nicht. Sie müssen Tiere kaufen.“

      Gruso grinste breit. „Oh, ich verstehe, was du meinst. Wir werden ihnen diese Tiere verkaufen. Sehr gut, mein Freund. Das ist unsere Chance.“

      Die Kerle stießen sich untereinander mit den Ellenbogen an und glucksten und kicherten.

      Philip Hasard Killigrew, der Seewolf, hatte mit seinen Söhnen das Zentrum von Siirt aufgesucht. Hier führten die drei Männer umständliche Verhandlungen mit den Einheimischen. Schließlich wurde man sich einig. Die komplette Crew fand Unterkunft auf einem überdachten Hof. Obendrein konnte Hasard frischen Proviant einkaufen – eine willkommene Abwechslung nach der Kost der vergangenen Tage.

      Später, als sämtliche Ladung vom Ufer des Flusses abgeborgen und die Guffas und Keleks zusammengeklappt und verstaut waren, scharten sich die Mannen auf dem Hof um ein Feuer zusammen.

      „Es ist zwar nicht kalt“, sagte der Kutscher. „Aber irgendwie müssen wir ja das Lammfleisch braten.“

      So wurden große Stücke Fleisch auf Spieße gesteckt und über dem Feuer gegart. Die Männer hockten sich zusammen, aßen und tranken und beratschlagten, wie es weitergehen sollte.

      Die letzte Etappe ihrer Reise war keine leichte Sache gewesen. Sie hatten den Unbilden der Natur trotzen müssen. Obendrein hatte es Ärger mit Banditen gegeben, die sie aus dem Hinterhalt überfallen hatten.

      „Und jetzt geht’s also auf Schusters Rappen weiter“, sagte Edwin Carberry, der Profos, mit grimmiger Miene. „Fein, so habe ich mir das vorgestellt. Wir sind wirklich die reinsten Landwölfe geworden.“

      „Hör auf, Ed“, sagte Big Old Shane. „Das haben wir doch alles schon durchgekaut.“

      „Ich muß es immer wieder erwähnen“, brummte der Profos. „Ich kann es immer noch nicht fassen, daß wir den verdammten Kahn verloren haben.“

      Der „verdammte Kahn“ – das war die „Santa Barbara“, ihr „Leihschiff“,


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