Seewölfe - Piraten der Weltmeere 446. Burt Frederick

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 446 - Burt Frederick


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Albert mit verblüfftem Stirnrunzeln. „Ich habe doch nur gesagt …“

      „Nichts kapiert hast du“, knurrte Roger aufgebracht. „Daß dein korsischer Kumpel versucht, uns eins unterzujubeln, ist dir wohl nicht klargeworden, was?“

      „Mir ist nur klar, daß du mal wieder keinen Spaß verstehst“, entgegnete Albert, verzog sein furchterregend häßliches Gesicht zu einem Grinsen und wechselte einen zwinkernden Blick mit seinem Nebenmann Donald Swift, dem langhaarigen Engländer mit dem Kinnbart.

      Montbars grinste zufrieden.

      „Jetzt reicht es“, sagte Gustave Le Testu energisch. Mit der freien Hand strich er über sein schmales Oberlippenbärtchen und sah die Männer mit forsch funkelnden Augen an. Er war stolz, das Erkundungsunternehmen Arica erfolgreich zu Ende geführt zu haben. Dieser Erfolg sollte jetzt nicht durch seine streitsüchtigen Landsleute getrübt werden. „Ihr reißt euch gefälligst zusammen, verstanden? Monsieur Carberry in allen Ehren, aber ihr braucht ihm nicht nachzueifern und euch mit seinen Kraftausdrücken zu messen. Das kann er selbst am besten.“ Le Testu knurrte grimmig, und er war zufrieden, daß ihm keiner widersprach.

      Ihm bedeutete es sehr viel, daß er von Ben Brighton mit der Führung des Unternehmens betraut worden war. Als Hugenotte war Le Testu in Frankreich verfolgt und zum Wegelagerer geworden. Jetzt, bei den Männern um Philip Hasard Killigrew, fühlte er sich zum ersten Male als Gleichberechtigter, dessen Leistungen man anerkannte.

      Trotzdem mußte Roger Lutz das letzte Wort haben.

      „Es ändert nichts daran, Freunde, daß ihr keine Genießer seid. Ihr begreift nicht, was im Leben wichtig ist. Ich dagegen genieße in vollen Zügen.“ Er hob den Kopf und schnupperte abermals mit geschlossenen Augen. „Zur Zeit ist der Gaumen angesprochen. Was kann man sich in dieser Wildnis Schöneres vorstellen als geräucherten Fisch? Seht ihr, das ist es, was man mit all seiner Vorstellungskraft auskosten muß. Und dann denkt mal an das Sprichwort, daß Liebe durch den Magen geht. Merkt ihr was? Die sinnlichen Genüsse liegen sehr nahe beieinander: ein schmackhaftes Essen und eine schöne Frau sind durchaus zu vergleichen.“

      Ferris Tucker knurrte mißbilligend. Der rothaarige Schiffszimmermann aus der Crew des Seewolfs hob die Linke vom Riemen und tippte sich an die Stirn.

      „Mister Lutz, du spinnst.“

      „Ihr Engländer versteht sowieso nichts von ‚l’amour‘!“ rief Roger aufbrausend. „Euch fließt doch nur Fischblut in den Adern!“

      Ferris pullte unverdrossen weiter.

      „Wenn man diese Franzmänner faseln hört, sollte man meinen, daß die ganze Welt bald nur noch aus Franzosen besteht.“ Er grinste Al Conroy an, seinen Nebenmann. Der schwarzhaarige Stückmeister grinste zurück.

      „Was soll denn das nun wieder heißen?“ sagte Roger Lutz knurrend.

      „Ist das so schwer zu kapieren?“ entgegnete Al anstelle seines hünenhaften Duchtnachbarn. „Nur ihr Frenchies versteht was von Liebe, hast du gesagt. Also müßtet ihr die einzigen sein, die überhaupt fähig sind, Nachwuchs in die Welt zu setzen. Von daher müßte unsereins schon längst ausgestorben sein, stimmt’s?“

      „Interessanter Gedanke“, entgegnete Roger Lutz nachdenklich. „So unrecht hast du gar nicht, glaube ich. Wie das mal in ein paar Jahren aussieht auf der Welt …“

      Le Testus energische Stimme fuhr dazwischen.

      „Gerede einstellen! Man erwartet ernsthafte Berichte von uns. Monsieur Brighton und die anderen müssen ja denken, daß wir einen Spaziergang hinter uns haben.“

      „Viel mehr war’s doch auch nicht“, erklärte Roger Lutz großspurig. „Mir hat es jedenfalls mächtig Spaß bereitet. Vor allem, daß dieser Misthund von einem Sargento seine gerechte Strafe empfangen hat.“

      „Ruhe jetzt“, herrschte Le Testu ihn an. „Ich gebe Befehle nicht gern zweimal.“

      Roger tat respektvoll und zog den Kopf zwischen die Schultern.

      Die anderen grinsten. In der Tat hatte er in Arica eine beachtliche Leistung vollbracht, als er jenen Sargento im Säbelduell tötete. Anacoana, das Indiomädchen aus dem Tacna-Tal, hatte ein Porträt des Menschenschinders gezeichnet.

      Niemand vermochte genau zu sagen, wie viele der unschuldigen Ureinwohner dieses Landes der Sargento auf dem Gewissen hatte. Wahrscheinlich hatte er es selber nicht genau gewußt. Doch Anacoanas gelungene Zeichnung hatte ihn durch Roger Lutz der gerechten Strafe zugeführt. Und zur Flucht hatte ihm wiederum eine Frau verholfen – Margarita, das Hafenmädchen, das einen so klugen Kopf bewiesen hatte.

      Le Testu gab Order, die Riemen binnenbords zu nehmen. Geschickt steuerte er die Jolle an der Backbordseite der „Estrella de Málaga“ längsseits. Freudige Begrüßungsrufe ertönten. Auch drüben, auf der „San Lorenzo“ beugten sich die Männer über die Verschanzungen und winkten. Sie alle hatten längst gesehen, daß die Jollenbesatzung vollständig war. Wenigstens hatte es keine Verluste gegeben. Jeder konnte sich ausrechnen, daß das Erkundungsunternehmen zumindest in diesem Punkt erfolgreich verlaufen war.

      Über die Decks der „San Lorenzo“ klangen Befehle. Ein Beiboot wurde gefiert und bemannt. Während Le Testu seinen Männern voran über die Jakobsleiter aufenterte, näherte sich das Beiboot der Galeone mit rascher Fahrt.

      Jan Ranse hatte den Platz auf der Achterducht eingenommen. Der untersetzte Holländer mit dem wüsten blonden Vollbart vertrat Jean Ribault als Kommandant der „San Lorenzo“. Das Oberkommando über beide Schiffe führte indessen Ben Brighton in seiner Eigenschaft als Stellvertreter des Seewolfs.

      Auf dem Achterdeck der „Estrella de Málaga“ gab es eine freudige Begrüßung. Auch Philip und Hasard, die Söhne des Seewolfs, waren anwesend, desgleichen Araua, die gemeinsame Tochter von Philip Hasard Killigrew und der Schlangenpriesterin Arkana.

      Big Old Shane, der hünenhafte Schmied von Arwenack, hieb den Zurückgekehrten auf die Schultern, daß es krachte. Und Batuti, der schwarze Riese aus Gambia, entblößte seine perlweißen Zähne zu seinem unvergleichlichen Lächeln. Nachdem auch Jan Ranse eingetroffen war, forderte Ben Brighton den Hugenotten auf, mit seinem Bericht zu beginnen.

      Roger Lutz und die anderen konnten sich unterdessen gelegentliche Blicke zum Ufer nicht verkneifen, wo die Fischräucherei in Betrieb war. Saftige Anchovetas wurden dort vom Kutscher und Mac Pellew fachkundig gegart. Höchste Zeit, daß der goldfarbene Gaumenkitzel aufgetischt wurde!

      Le Testu schilderte, wie sie einen Unterschlupf außerhalb von Arica gefunden hatten und dann im Zweiertrupp auf Erkundung gegangen waren. Im Gefängnishof waren Indios zusammengepfercht und für den Abtransport nach Potosi vorbereitet worden. Nach den Erkundungen, wozu auch Rogers Säbelduell mit dem Sargento gehört hatte, waren Le Testu und seine Männer übereingekommen, das Waffendepot und die nahe gelegenen Vorratsschuppen anzuzünden. Alles hatte planmäßig geklappt. Im Durcheinander während der Brände war es ihnen gelungen, zum Gefängnishof vorzudringen und die Indios zu befreien.

      „Auf dem Rückzug“, schloß Le Testu lächelnd, „hat auch noch ein besonders ehrenwerter Señor sein Fett abgekriegt. Aber das solltest du besser selbst erzählen, Monsieur Tucker.“

      Der Schiffszimmermann winkte ab.

      „Unsinn. War doch nicht der Rede wert. Braucht man doch nicht extra zu erwähnen, so was.“

      Ben Brighton sah ihn an und schüttelte tadelnd den Kopf.

      „Soll das jetzt eine besonders raffinierte Art sein, uns auf die Folter zu spannen? Heraus damit, Ferris!“

      „Na ja, also …“ Tucker zog die Schultern hoch und grinste. „Da mußte uns doch ausgerechnet noch so eine feine Prunkkarosse in die Quere geraten. Ich konnte einfach nicht widerstehen. Was soll ich sagen, die Flaschenbombe rollte genau wie vorgesehen, und heraus flog ein Fettsack namens Diego de Xamete. Seine Schrammen und Beulen konnten wir leider nicht mehr zählen.“

      Ben Brighton und die anderen lachten, wurden aber sehr


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