Seewölfe - Piraten der Weltmeere 512. Roy Palmer

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 512 - Roy Palmer


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Sargento. Der grinste hinter ihm her.

      Maradona ging in seine Behausung, eine Fischerhütte am Hafen. Er warf sich auf sein Lager und faßte, bevor er einschlief, einen heroischen Entschluß. Gleich am nächsten Tag – an diesem Tag – würde er ein neues Leben beginnen. Entweder ging er einer redlichen Arbeit nach wie die Fischer, oder aber er kratzte genug Geld zusammen, um sich einen Kahn zu kaufen, der groß genug war, daß man damit nach Kuba gelangen konnte. Über diesem Vorsatz schlummerte Maradona ein.

      Es wurde hell. Es war der 22. Juli 1595, ein blasser Morgen in Nueva Gerona, Isla de Pinos.

      Cabo San Antonio war die westlichste Spitze der Insel Kuba. Ein schönes Stück Land mit sanft gebogenen Palmen. Ein Hort, der zum Verweilen einlud, allerdings ein wenig windig und manchmal sogar recht stürmisch. Am frühen Nachmittag dieses 22. Juli näherte sich eine Dreimastgaleone dem Kap. Es war die „Bonifacio“, das Schiff des Piratenkapitäns della Rocca, der auch der „Perlen-Wolf“ genannt wurde.

      Dies aus gutem Grund, Della Rocca, ein Mann aus Korsika, hatte es sich in den Kopf gesetzt, so viele Perlen wie irgend möglich zusammenzuraffen. Er war der Sohne eines Perlenfischers und hatte schon als Junge davon geträumt, einmal Herr eines ganzen Berges der kostbaren Kügelchen zu sein.

      Allerdings gelangte man nicht durch harte Arbeit zu dem ersehnten Reichtum, das hatte della Rocca schnell begriffen. Arbeit schadete außerdem der Gesundheit. Wollte man etwas werden, dann mußte man plündern und brandschatzen. So hatte sich della Rocca in die Karibik begeben. Er hatte eine Bande von mehr als zwei Dutzend Kerlen zusammengestellt, mit der er seine Beutezüge unternahm. Der Schlupfwinkel der Bande befand sich auf der Insel Cozumel vor der Küste von Yucatán.

      Della Rocca war ein gerissener Hund. Er hatte seine Schätze in Truhen untergebracht und diese Truhen an geheimen Plätzen, die auf die Karibik verstreut waren, vergraben. Das Eingraben hatte immer jeweils einer seiner Kerle oder ein Eingeborener vornehmen müssen, den della Rocca anschließend ins Jenseits befördert hatte. So wußte nur einer von der Position der Perlenverstecke – der Korse.

      Um die genauen Positionen nicht zu vergessen, hatte della Rocca sie in einem Buch festgehalten, dem Perlen-Logbuch. Die Namen der Plätze hatte er in einen Zahlenschlüssel übersetzt, den wiederum auch nur er kannte. Das Buch befand sich in einem Versteck der Kapitänskammer auf der „Bonifacio“.

      Jetzt war das Geheimversteck am Kopfende der Koje jedoch leer. Und auch della Rocca befand sich nicht mehr an Bord seiner Galeone. Er hatte es vorgezogen, heimlich mit einer Handvoll Kerle an Bord der Zweimastschaluppe zu verschwinden, die in der Bucht der Piraten auf Cozumel geankert hatte.

      Der Rest der Bande schäumte vor Wut. Moleta, der Bootsmann, hatte sich zum neuen Anführer erklärt. Jetzt befand er sich mit seiner Meute auf der Suche nach della Rocca und den fünf anderen „Verrätern“.

      Moleta hatte nicht den geringsten Zweifel daran, daß della Rocca mit dem Lotsen Manoel Ribas und vier anderen Komplicen Cozumel verlassen hatte, um die übrigen Spießgesellen hereinzulegen und zu betrügen. Man wollte sie um ihren Anteil prellen – um ihren Anteil an der Perlenbeute.

      Denn es war ja wohl klar, daß della Rocca, wegen des Diebstahls seines Buches unsicher und nervös geworden war. Er hatte Angst, daß ihm der Dieb zuvorkam. Wer war der Dieb? Zardo – der Kerl, den sie aufgehängt hatten, nachdem er mit der Wahrheit nicht hatte herausrücken wollen? Moleta wußte es nicht. Aber das war egal. Della Rocca, dieser verdammte Bastard, hatte sie alle zum Narren gehalten. Man mußte ihn finden, um jeden Preis.

      Mit Schnaps hatte der Korse seine Kerle betäubt, damit er ungehindert und unbehelligt den Schlupfwinkel räumen konnte. Raffiniert – und doch nicht gerissen genug. Moleta war auch nicht auf den Kopf gefallen. Er konnte sogar lesen, schreiben und rechnen, im Gegensatz zu den anderen.

      Er konnte sich erinnern: Das dem Stützpunkt von Cozumel am nächsten gelegene Perlenversteck befand sich am Cabo San Antonio. So war die Bande aufgebrochen und mit der „Bonifacio“ in See gegangen. Die Huren, die den Kerlen als Zeitvertreib gedient hatten, blieben auf Cozumel zurück. Um sie kümmerte sich keiner mehr. Sollten sie sehen, wie sie sich über Wasser hielten!

      Die Galeone steuerte in die Bucht am Cabo San Antonio. Moleta stand mit verschränkten Armen auf dem Achterdeck. Das Spektiv, dessen er sich vorher bedient hatte, hatte er zusammengeschoben und weggesteckt. Er blickte in die Runde und nickte grimmig.

      Cosmas, der Kerl, der das Ruder bediente, fragte: „Ist es die richtige Bucht?“

      „Ja Erkennst du sie nicht wieder?“

      „Ich bin nicht ganz sicher.“

      „Ich aber“, sagte der Bootsmann. „Hier liegt die Truhe mit den Perlen vergraben.“

      „Aber wo ist die Schaluppe?“ fragte Cosmas.

      „Keine Ahnung“, erwiderte Moleta barsch. „Ich bin doch kein Hellseher. Vielleicht hat della Rocca sie irgendwo versteckt.“

      „Wo?“ Cosmas stieß einen Fluch aus. „Teufel, der Ausguck hat weit und breit keinen Kahn entdecken können. Ich schätze, der Korse ist schon wieder weg. Dieses Schwein! Hätten wir bloß gemeutert, solange wir noch Zeit dazu hatten. Das wäre besser gewesen.“

      „Hätten, wäre“, ahmte Moleta ihn hämisch nach. „Es lohnt sich nicht, über den Wein, den man verschüttet hat, Krokodilstränen zu vergießen. Wir werden den Korsen, diesen Bastard, schon finden. Und dann gnade ihm Gott. Oder der Satan in Person.“

      Die Bande war sich einig. Zerfetzen würde sie della Rocca, wenn sie ihn fand. Der Korse würde sterben – aber auch für Manoel Ribas und die vier anderen Flüchtlinge gab es keine Gnade. Sie würden ebenfalls dran glauben. Denn sie steckten mit dem Korsen unter einer Decke. Sie waren genauso dreckige Ratten wie della Rocca.

      Genau vierundzwanzig Kerle – Moleta mitgerechnet – befanden sich an Bord der „Bonifacio“. Mit finsteren Mienen standen sie an Deck. Sie hatten sich mit Säbeln, Entermessern, Messern, Musketen und Pistolen bewaffnet und fieberten dem Moment entgegen, in dem sie an Land übersetzen würden.

      Das Schiff drehte in der Bucht bei. Moleta ließ die Segel aufgeien. Der Anker klatschte ins Wasser. Der Bootsmann gab seine Befehle, und die Kerle hievten die Jolle von der Kuhl hoch und schwenkten sie aus. Sie fierten das Boot an der Steuerbordseite der Galeone ab. Eine Jakobsleiter wurde ausgebracht.

      Moleta stellte einen Trupp von zwölf Kerlen zusammen. Er übernahm die Führung. Die Kerle enterten in die Jolle ab und nahmen auf den Duchten Platz. Moleta setzte sich auf die achtere Ducht und griff nach der Ruderpinne. Die Jolle war überladen und lag tief im Wasser. Aber das kümmerte keinen. Die Distanz zum Ufer war kurz, man würde sie problemlos überbrücken.

      Die elf anderen Kerle blieben an Bord der Galeone und blickten dem Boot nach, wie es ablegte und zum Strand glitt Moleta gab das Tempo an. Die Riemen tauchten ins Wasser, schwangen wieder hoch. Die Jolle wirkte träge und schwerfällig und schob sich langsam in die Uferbrandung. Sie wurde von den Wellen hochgehoben, beschleunigte etwas und drückte sich mit dem Bug auf den Sand.

      Rovigo, ein Mann mit einer Augenklappe, der an Bord der „Bonifacio“ stand, brummte: „Ich würde mich nicht wundern, wenn uns della Rocca einen Hinterhalt gelegt hätte.“

      „Der?“ sagte sein Nebenmann zur Rechten mit bösem Lachen. „Das soll er mal versuchen. Es geht übel für ihn aus. Wir sind ihm masthoch überlegen. Moleta und die anderen knallen ihn und die fünf Verräter ab, sobald sie auch nur ihre Ärsche aus der Deckung heben.“

      „Viel Munition haben wir nicht“, gab Rovigo zu bedenken.

      „Na und?“ rief ein anderer Kerl. „Was heißt das schon?“

      „Daß wir sparsam damit umgehen müssen“, entgegnete Rovigo.

      „Meinetwegen“, sagte ein dicker Bursche. „Aber das heißt noch lange nicht, daß della Rocca uns an den Kragen kann. Wir spießen ihn mit unseren Säbeln auf.“

      „Wenn wir die Schweinehunde bloß schnappen“, sagte


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