Seewölfe - Piraten der Weltmeere 526. Frank Moorfield
Impressum
© 1976/2019 Pabel-Moewig Verlag KG,
Pabel ebook, Rastatt.
eISBN: 978-3-95439-934-5
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Frank Moorfield
Die Satansriffe
Die Entscheidung bei den Riffen des Teufels wird zum Kampf ums Überleben für die Seewölfe
Edwin Carberry zog ein grimmiges Gesicht. „Lausiges Piratenpack!“ fluchte er und riß die Drehbasse herum.
Er drückte die brennende Lunte auf den Zündkanal, und die Flamme fraß sich blitzschnell und unaufhaltsam vorwärts, bis sie das Pulver erreichte. Das schwenkbare Geschütz brüllte auf und spie der schnell heransegelnden Dschunke seine Ladung entgegen.
Eins der trapezförmigen Mattensegel wurde zerfetzt. Das Gerüst aas Bambuslatten, welches das Segel ausspreizte, zerbrach wie dünnes Reisig und ging als Splitterregen auf dem Deck nieder.
In den Augen der chinesischen Piraten loderte blanker Haß – Haß und die unersättliche Gier nach Beute …
Die Hauptpersonen des Romans:
Der Kutscher – Der Feldscher der Arwenacks meldet seinem Kapitän, daß er mit seiner Weisheit am Ende sei. Er weiß nicht, wie er dem fiebernden Jack Finnegan noch helfen kann.
Jung Philip – Der Sohn des Seewolfs entdeckt ein junges Mädchen auf einer Gräting und spielt mehr als eine Entdeckerrolle.
Surya Bahadur – Als Kapitän einer dreimastigen Dschunke betreibt er dunkle Geschäfte und verbreitet Schrecken und Not an der Küste.
Edwin Carberry – Er erfindet den „chinesischen Stern“ und belehrt die Zopfmänner mit seinem „Profos-Hammer“.
Philip Hasard Killigrew – Der Seewolf gerät in eine Falle, doch seine Crew ist noch nicht kaltgestellt.
Inhalt
1.
Al Conroy, der schwarzhaarige Waffen- und Stückmeister der Arwenacks, hieb dem Profos die rechte Pranke auf die Schulter.
„Das war ein guter Schuß, Ed“, lobte er. „Zumindest zeigt er den Zopfmännern, daß wir ebenfalls Zähne haben, die beißen können.“
Während ein Grinsen über sein narbiges Gesicht huschte, hob Edwin Carberry die Nase ein Stück höher in den Wind.
„Gern geschehen“, sagte er dann. „Wenn ich dir damit einen Gefallen tun kann, werde ich diesen gelbkarierten Ziegenböcken auch noch das andere Segel wegpusten.“
Ohne Zeit zu verlieren, begann er, die Drehbasse nachzuladen. Al Conroy eilte zu den Männern an den übrigen Geschützen. Schließlich gab es je sechs Culverinen auf beiden Seiten der Galeone zu überwachen. Dazu noch je zwei Drehbassen vorn und achtern.
Ben Brighton und Edwin Carberry hatten die Plätze an den vorderen Drehbassen eingenommen, der Kutscher und Old O’Flynn waren an den achteren „Feuerspuckern“ auf Station. Ferris Tucker, der rothaarige Schiffszimmermann, war damit beschäftigt, einige der gefährlichen Flaschenbomben an Deck zu schaffen. Sie waren mit Eisen, Nägeln und Glassplittern gefüllt.
Die Piraten ließen sich jedoch keineswegs von den Kanonen der Galeone abschrecken. Sie hatten es längst aufgegeben, die biederen Fischer zu spielen und in scheinbar friedlicher Eintracht ihre Netze einzuholen. Sobald ihre Dschunken dem fremden Schiff nahe genug waren, hatten die kleinen Burschen mit den flachen Strohhüten ihre wahren Absichten gezeigt.
Die Fischernetze, die man zur Tarnung der Stückpforte über die Schanzkleider gehängt hatte, waren blitzschnell entfernt worden. Obwohl es sich um zwei ziemlich kleine Dschunken handelte, hatten die Schnapphähne auf jeder Seite zwei kleine Geschütze ausgerannt.
Die Seewölfe waren jedoch darauf gefaßt gewesen, denn sie hatten der Fischeridylle von Anfang an nicht getraut. In gewohnter Schnelligkeit war die „Santa Barbara“ in eine schwimmende Festung verwandelt worden.
Die ersten Kugeln der Piraten hatten noch keine Wirkung gezeigt, aber die Absicht, die Galeone zu entern, war bei den Chinesen nach wie vor unverkennbar.
Die Dschunken wurden geschickt manövriert, so daß sich beide in einem etwas schrägen Winkel zum Schiff der Seewölfe befanden. Mit den schweren Culverinen der „Santa Barbara“ war deshalb noch nichts auszurichten. Die Dschunke, der Edwin Carberry das vordere Segel zerschossen hatte, hielt immer noch auf das Vorschiff zu.
„Man sollte diesen gelben Teufelchen ihr eigenes Knallzeug in die Hosen stecken und es zünden“, sagte Carberry. Er spielte damit auf die Feuerwerkskörper an, welche die Seewölfe in China in großen Mengen einkaufen wollten. Seine Stimme wurde jedoch von einem Drehbassenschuß Ben Brightons übertönt.
Auch der ruhige und stets besonnene Erste Offizier hatte gut gezielt. Die Ladung seiner Drehbasse krachte wie ein Blitz in das Vorschiff der Piratendschunke.
Das Ergebnis blieb nicht aus. Einige der Gestalten, die aus ihren Verstecken gekrochen waren, um die Schar der „Fischer“ zu verstärken, warfen die Arme hoch und stürzten auf die Planken. Durchdringendes Wutgeschrei dröhnte zu den Seewölfen hinüber. Dennoch konnten auch die Piraten bei ihrer derzeitigen Position keine ihrer Kanonen einsetzen, und über schwenkbare Geschütze verfügten sie nicht.
„Die Burschen sind zäh wie die Katzen, die geben nicht so rasch auf!“ rief der Kutscher dem Seewolf entgegen, der gerade wieder zum Achterdeck auf enterte.
Die eisblauen Augen des breitschultrigen, schwarzhaarigen Mannes blitzten.
„Wir werden ihnen das Süppchen schon noch versalzen“, erwiderte er, und sein markantes, sonnengebräuntes Gesicht drückte absolute Entschlossenheit aus. Gleich darauf gab er den Befehl, hart nach Backbord abzufallen, damit seine Mannen die Gelegenheit erhielten, die Culverinen nach beiden Seiten abzufeuern. Dabei war höchste Eile geboten, denn der Abstand zwischen der „Santa Barbara“ und den Dschunken verringerte sich rasch. Die kleinen, exotisch aussehenden Schiffe waren sehr wendig und leichter zu manövrieren als eine große Galeone.
Pete Ballie, der Gefechtsrudergänger, stemmte sich mit seiner ganzen Kraft gegen den Kolderstock. Aber auch die Windverhältnisse begünstigten das Vorhaben der Arwenacks. Die „Santa Barbara“ drehte gehorsam den Bug nach Backbord.