Seewölfe - Piraten der Weltmeere 84. Roy Palmer

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 84 - Roy Palmer


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      Impressum

      © 1976/2014 Pabel-Moewig Verlag KG,

      Pabel ebook, Rastatt.

      ISBN: 978-3-95439-401-2

      Internet: www.vpm.de und E-Mail: [email protected]

      Inhalt

       Kapitel 1

       Kapitel 2

       Kapitel 3

       Kapitel 4

       Kapitel 5

       Kapitel 6

       Kapitel 7

       Kapitel 8

       Kapitel 9

      1.

      Philip Hasard Killigrew stand hoch oben auf der Plattform des Wehrturmes der Zitadelle, den Degen immer noch in der Rechten. Rundum breitete sich unter weißem Mondlicht der düstere, mörderische Regenwald des Amazonas aus. Das Zirpen der Zikaden und das Quaken der Frösche hatte das Konzert der Papageien abgelöst.

      Auf dem schillernden Wasser des Nebenarms zeichneten sich die Konturen der drei Schiffe ab: der venezianischen Galeasse, der „Isabella VIII.“ und des schwarzen Seglers. Der Pulverrauch verzog sich flußaufwärts, und Ben Brighton gab von Bord der „Isabella“ ein Lichtsignal. Es verkündete, daß er und Siri-Tong jetzt Beiboote abfierten und bemannten.

      Hasard blickte in den vorderen Innenhof der Zitadelle hinunter. Dort lag Chanos zerschmetterter Leichnam. Sein Versuch, ihn, den Seewolf, im Duell zu töten, war gescheitert. Der schwarzbärtige Spanier hatte sein gerechtes Ende gefunden.

      Langsam zogen sich die Krokodilmänner aus seiner Umgebung zurück. Nach Chanos jähem Ende hatten sie den Kampf gegen die Seewölfe und die befreiten Italiener aufgegeben. Ihr „Gottherrscher“ war sterblich, das erkannten, sie erst jetzt.

      Nach und nach würden sie begreifen, was er tatsächlich gewesen war: ein elender Tyrann, ein größenwahnsinniger Weißer. Ihr Glaube in ihn war mit seinem Tod ausgelöscht worden.

      Jetzt, nachdem sie alles hinter sich hatten, geisterte wieder ein Wort durch Hasards Gedanken.

      El Dorado!

      Er drehte sich zu Thorfin Njal um. Der Wikinger wartete auf ihn.

      „Thorfin – gehen wir. Montanelli hat ein Anrecht darauf, den Lagebericht aus unserem Mund zu vernehmen.“

      „Hoffentlich kommen wir nicht zu spät“, sagte der Wikinger.

      Sie verließen die Plattform und stiegen die Steinstufen der Wendeltreppe hinunter. Flackernder Lichtschein empfing sie. Überall in dem wuchtigen Gemäuer waren jetzt Pechfackeln angezündet worden. Hasard wandte sich hastig dem vorderen Hof zu, der Wikinger folgte ihm dichtauf. Ihre Schritte hallten in dem Gang des Erdgeschosses.

      Plötzlich näherte sich das patschende Geräusch nackter Fußsohlen. Die Mädchen liefen ihnen entgegen – die jungen Indianerinnen, die genau wie ihre Stammesbrüder von Chano ausgenutzt und mißbraucht worden waren. Einige waren halbnackt, andere noch ganz hüllenlos, so, wie sie es bei Chanos letzter abscheulicher Orgie gewesen waren. Der herb-süßliche Geruch von Ayahuasca, der aus Lianen gewonnenen Todesdroge, schwebte in der Luft und begleitete sie.

      Aber nicht alle hatten das Rauschgetränk genossen, und nicht alle Angehörigen des Assurini-Stammes waren hoffnungslos verloren. Chanos verderblicher Einfluß wich von Minute zu Minute, er schien mit seinem entfliehenden Geist das Kastell verlassen zu haben und sich irgendwo draußen im Busch zu verlieren.

      Die meisten Krokodilmänner hatte sich Chano – das wußte der Seewolf jetzt ganz genau – überhaupt erst durch die „Soga de Muerte“, die Todesdroge, gefügig gemacht.

      Hasard wollte sich an den Mädchen vorbeidrängen, aber sie ließen ihn nicht durch. Sie fielen vor ihm auf die Knie. Sie hatten inzwischen erfahren, daß er Chano getötet hatte, daß er der Anführer der weißen Befreier war. Sie weinten und lachten abwechselnd, griffen nach seinen Händen und küßten sie. Sie küßten ihm sogar die Füße.

      „Laßt das“, sagte Hasard. „Hört auf.“

      „Ho!“ rief Thorfin Njal. „Wenn das kein Beweis für Sympathie ist! Beim Odin, das sind vielleicht Bräuche!“

      Hasard war das Benehmen der blutjungen Mädchen gar nicht recht. So behutsam wie möglich schob er sie zurück.

      Bildhübsche Wesen befanden sich unter ihnen. Eine schlüpfte zwischen den anderen hindurch und trat dicht vor Hasard hin. Sie war mittelgroß, gertenschlank und hatte schwarze, schimmernde Haare, die ihr bis auf die Schultern fielen.

      Sie umarmte ihn innig und preßte ihren warmen, weichen Körper gegen ihn. Er spürte den Druck ihrer Brüste, fühlte das verlangende, weiß Gott nicht als kindlich-freundschaftlich auszulegende Reiben ihrer Schenkel an seinen Beinen, und – o verdammt – empfand auch nicht anders als jeder andere, normalbeschaffene Mann.

      Sie sprach gebrochenes Spanisch. „Nimm mich mit“, hauchte sie. „Ich gehöre dir, Moreno, schwarzhaariger Held. Du wirst es nicht bereuen. Ich – deine Dienerin …“

      „Nun mal langsam“, entgegnete Hasard. Es kostete ihn Überwindung, sich zu beherrschen. Wer lehnte ein derartiges Angebot schon ab? „Ihr gehört zu eurem Stamm, zu euren Männern. Seid doch vernünftig.“

      „Du hast uns von Chano erlöst, von diesem Untier“, wisperte sie an seiner Schulter.

      „Warum habt ihr euch nicht gegen ihn aufgelehnt?“

      „Er war grausam. Zwei Männer versuchten es einmal, und ein anderes Mal wollte ein Mädchen fliehen.“ Die schwarzhaarige, glutäugige Schönheit blickte ihm in die Augen. „Ihre Knochen liegen unter der schwarzen Erde des großen Waldes begraben.“

      Hasard schauderte unwillkürlich zusammen. Diese Assurini hatten eine drastische Art, die Dinge beim Namen zu nennen. Die Worte des Mädchens kühlten sein Gemüt ab. Er besann sich auf Montanelli. Der Italiener lag im Sterben, doch sie hatten sich beide noch etwas mitzuteilen.

      Hasard löste die Arme des Mädchens von seinem Hals und schob sie von sich fort.

      „Ihr bleibt bei eurem Stamm, und damit basta“, sagte er eindringlich. „Es ist nett, daß ihr euch – bedanken wollt. Aber das habt ihr jetzt zur Genüge getan. Versteht ihr mich?“

      Das Mädchen, das Spanisch beherrschte, senkte den Blick. „Wir gefallen dir also nicht.“

      „Das ist es nicht“, erwiderte er mühsam beherrscht. „Aber ich habe nicht das Recht, euch euren Angehörigen, euren Männern wegzunehmen. Sie warten auf euch. Ihr seid frei – alle. Das allein zählt.“

      „Schade, Moreno“, flüsterte das Mädchen.

      „Ihr könnt euch auf andere Art gefällig erweisen“, sagte Hasard. „Führt meine Männer in die Vorratskammern der Zitadelle. Wir haben kein Trinkwasser und keinen Proviant mehr, schon seit Tagen nicht mehr. Wir brauchen dringend Lebensmittel, und ich hoffe, daß wir das hier finden.“

      „Die Kammern sind ganz voll, Herr“, erwiderte sie. „Ich zeige euch den Weg.“

      „Na also.“ Hasard wandte sich


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