Seewölfe - Piraten der Weltmeere 430. Roy Palmer

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 430 - Roy Palmer


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alles zu zerschmettern drohte.

      Während sie unter erheblichen Schwierigkeiten die Fock und das Besansegel bargen, begann auch das Großsegel wie verrückt zu knattern und zu knallen.

      „Auch das Großsegel weg!“ schrie Hasard. „Wir haben nur noch eine Chance! Wir lenzen vor Topp und Takel vor dem Sturm und schleppen lange Trossen nach!“

      Das taten sie denn auch. Nachdem die Segel weggenommen und geborgen waren, verfuhren die beiden Crews nach einem altbewährten, erprobten System und brachten achtern durch die Hennegatsöffnung eine dicke Trosse aus, die von nun an u-förmig hinter dem Schiff hergeschleppt wurde und ihm mehr Stabilität verlieh. Ein Querschlagen und Aus-dem-Ruder-laufen wurde auf diese Weise verhindert.

      Dennoch jagte die „Esperanza“ mit Irrsinnsfahrt nordwärts. Drei Männer mußten jetzt am Ruder, einer langen Pinne, stehen, um sie auf Kurs zu halten. Einen Kolderstock hatte die Karavelle nicht, ihre Erbauer hatten eine Pinnensteuerung, die mit mehreren Taljen arbeitete, für sinnvoller gehalten.

      Hasard, Shane und Pete Ballie hielten die Pinne und hatten sich mit Fangleinen abgesichert, um nicht außenbords gerissen zu werden. Sie versuchten, sich von der Küste an Steuerbord „wegzumogeln“, denn die Möglichkeit, von dem tosenden Wetter auf Legerwall geworfen zu werden, mußte um jeden Preis verhindert werden.

      Das ging nur mit einem Kurs zwischen Nordnordwest und Norden zum Westen, also wenig Ruderlage. Legten sie das Ruder härter, dann bestand die Gefahr des Querschlagens, trotz der nachgeschleppten Leinen.

      „He!“ brüllte Shane. „Was passiert, wenn der verfluchte Sturm weiter nach Westen dreht?“

      „Das weißt du selber!“ schrie Hasard zurück.

      „Und denk am besten gar nicht dran!“ brüllte Pete Ballie.

      „Dann ist Ende der Seefahrt!“ schrie der graubärtige Riese. „Aber wir werden ihm schon was husten, diesem Scheiß-Sturm!“

      Es schien eher der umgekehrte Fall einzutreten. Die Küste drüben an Steuerbord, die sie zur Zeit bei Sicht gleich null nur ahnen konnten, konnte sich rasch in eine mörderische Falle für das Schiff und seine Mannschaft verwandeln. Dies hatten sie ständig vor Augen, und sie kämpften darum, die „Esperanza“ auf ihrem Kurs zu halten. Der Sturm zeigte indes kein Ermatten.

      Mahlzeit, dachte Hasard, das kann noch lange dauern, mindestens bis in die Morgenstunden.

      Gegen vier Uhr morgens am neuen Tag, dem 27. Oktober, lösten Ben Brighton, Jan Ranse und Piet Straaten die drei Männer am Ruder ab. Es wurde ein gefährlicher Wachwechsel, weil die Fangleinen gelöst werden mußten.

      Pete Ballie glitt dabei aus, ruderte mit den Armen und stimmte ein höllisches Gebrüll an. Ein Brecher ergoß sich donnernd über das Deck und hüllte ihre Gestalten ein, aber Ben hielt Pete fest und zerrte ihn zu sich heran. Pete hangelte in einem Manntau auf die Balustrade zu, Ben legte sich seine Fangleine an. Ebenso verfuhren die anderen, und so ging auch dieses Manöver schließlich klar.

      Hasard, Pete und Shane waren klatschnaß und ziemlich stark verausgabt. Sie arbeiteten sich nach unten und suchten das Achterdeck auf. Pete torkelte durch den unteren Mittelgang nach vorn zu den anderen, die im Logis hockten. Hasard und Shane gesellten sich zu Ferris, Ribault, Karl von Hutten, Pater David, Araua, Dan, Roger Brighton und den Zwillingen, die sich in der Kapitänskammer versammelt hatten.

      Natürlich waren fast alle Männer unter Deck, um nicht über Bord gespült zu werden. Manöver waren vor Topp und Takel ohnehin nicht durchzuführen. Zu tun gab es allerdings dennoch etwas – nämlich Arbeit an den Lenzpumpen.

      Trotz der verschalkten Luken und Schotten drang Wasser in das Schiff.

      „Und das muß raus“, sagte Ferris Tucker, nachdem er Hasard einen kurzen Bericht erstattet hatte, wie es im Inneren der Karavelle aussah. „Vier Mann sind ständig an den Pumpen, ich lasse sie im zweistündigen Turnus ablösen.“

      „Gut“, sagte der Seewolf. „Haben wir irgendwo Leckstellen?“

      „Keine.“

      „Hoffentlich bleibt es auch dabei.“

      „Das kann keiner wissen“, sagte der rothaarige Riese. Dann duckten sich alle unwillkürlich, denn wieder donnerte ein gewaltiger Brecher gegen die Bordwand, und es hatte den Anschein, als müsse die „Esperanza“ jeden Augenblick unter dem immensen Anprall zerbersten.

      Aber sie hielt stand. Ferris kontrollierte in bestimmten Zeitabständen die Bilge und geisterte auch sonst unter Deck herum, um alles zu überprüfen.

      „Bilge ist fast trocken!“ rief er, als er seinen Kopf wieder zur Kapitänskammer hereinsteckte. „Die nächste Schicht an den Pumpen übernehmen Ed, Blacky, Puchan und Grand Couteau!“

      „Wir können also hoffen, daß wir das Wetter glimpflich überstehen?“ fragte Pater David.

      Hasard blickte ihn an.

      „Das einzige, was du jetzt tun kannst, ist beten“, erwiderte er.

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