Seewölfe - Piraten der Weltmeere 327. Roy Palmer
O’Brien“, sagte er scharf. „Aus welchem Grund glauben Sie den Ostkurs nicht halten zu können?“
„Das habe ich Ihnen vorhin schon erklärt!“
„Schreien Sie nicht so, ich bin ja nicht schwerhörig!“ Der Earl wollte sich rächen, O’Brien sollte spüren, wie falsch er sich verhalten hatte, als er sich vor seine Leute gestellt und sie öffentlich verteidigt hatte. „Vom seemännischen Standpunkt aus ist Ihre Darstellung der Situation und der sich daraus ergebenden Konsequenzen völlig falsch, wissen Sie das?“
„Wir befinden uns auf dem richtigen Kurs“, stellte Norton höhnisch fest. „Wer davon auch nur um einen Deut abweicht, der ist ein ausgesprochener Narr!“
„Und ein Anfänger dazu“, fügte Snyders lachend hinzu. „Herrgott, Verlassen Sie sich doch auf die Entscheidungen der Geschwaderleitung, Kapitän. Sie machen sich ja nur selbst verrückt.“
O’Brien kochte vor Wut. Er hatte auf Frobisher geschworen, doch jetzt mußte er sich von diesem Adelsschnösel und dessen bornierter Gesellschaft auf der Nase herumtanzen lassen. Sir Andrew war sein Vorgesetzter – doch er, O’Brien, konnte nicht zulassen, daß der Verband geradewegs in die Hölle raste.
Ein Brecher rollte brüllend gegen die „Vanguard“ an, hob sie hoch und ließ sie wieder fallen. Das Schiff stampfte und schlingerte wie verrückt, O’Brien mußte sich an der Türfüllung festhalten, um nicht zu Boden gerissen zu werden. Der Zweite Offizier rutschte vom Kojenrand und wälzte sich auf den Planken, Keefer und Harrison purzelten ebenfalls quer durch den Raum. Sie schrien und fluchten. Sir Andrew, Snyders und Norton lachten dazu, als sei die ganze Sache in höchstem Maße amüsant.
Narrenbande, dachte O’Brien zornig, nichtsnutziges Pack! Die Kerle hielten sich für wichtig und unersetzlich, führten das große Wort und waren in Wirklichkeit doch nur erbärmliche Landratten, denen die Seebeine niemals wachsen würden.
„Ich habe es Ihnen erklärt, Sir!“ rief O’Brien noch einmal. „Wir befinden uns in der Nähe der gefährlichen Rockall-Bank! Unsere einzige Chance besteht darin, nach Norden abzulaufen, dann die Segel zu bergen und vor Topp und Takel zu lenzen, sonst kann uns nichts mehr vor diesem Weststurm retten!“
„Ich weiß selbst, was ich zu tun habe!“ schrie Sir Andrew zurück. „Wir suchen in Lee der Rockall-Insel mit unserem Verband Schutz! Eine andere Möglichkeit haben wir nicht!“
„Sie vergessen die Klippen! Wir riskieren, mit voller Wucht aufzulaufen!“
„Unsinn! Hören Sie endlich auf, gegen meine Befehle zu rebellieren!“ Sir Andrew wollte sich von seinem Platz hinter dem Kapitänspult erheben, wurde aber durch die Schiffsbewegungen auf den Stuhl zurückgeworfen.
„Die Rockall-Insel ist auch nicht hoch genug!“ stieß O’Brien fast verzweifelt hervor. „Ich kenne sie! Sie ist nur ein flacher Felsen, sonst nichts! Sie bietet uns keinen Schutz, das dürfen Sie mir ruhig glauben!“
„Ihnen glaube ich gar nichts mehr!“ brüllte der Earl, der sich jetzt nicht mehr beherrschen konnte und wollte. „Wir bleiben auf östlichem Kurs – und damit basta!“
„Dann lassen Sie uns wenigstens die Sturmsegel setzen!“ schrie O’Brien.
„Nein! Nichts da! Wir steuern die Rockall-Bank unter vollen Segeln an, damit wir sie so schnell wie möglich erreichen! Ist Ihnen nicht bewußt, wie gefährlich dieser Sturm für uns wird, wenn er sich zu seiner vollen Kraft entfaltet?“ Sir Andrews Stimme hatte sich zu schrillen Tönen gesteigert. Wären die Lichtverhältnisse günstiger gewesen, hätte O’Brien jetzt auch sehen können, wie seine Augen sich weiteten und aus ihren Höhlen hervorzutreten drohten.
O’Brien war zutiefst erschüttert. Der Earl gebärdete sich wie ein Verrückter, die ganze Lage war mehr als grotesk und absurd. Doch was sollte er tun? Er konnte die Order dieses Mannes nicht mißachten, er durfte nicht zulassen, daß man ihn der Meuterei bezichtigte. Er hatte keine andere Wahl und mußte sich beugen.
„Auf was warten Sie, Mister O’Brien?“ schrie der Earl. „Wollen Sie nicht endlich an Deck zurückkehren, um Ihren Dienst zu versehen, wie es sich gehört?“
„Ja, Sir“, sagte O’Brien zähneknirschend. Er verließ die Kammer und warf die Tür hinter sich zu. Als er sich in das tobende Inferno zurückbegab, das an Oberdeck herrschte, wußte er, daß sie alle ihr Todesurteil unterschrieben hatten, als sie zu diesem Wahnsinnsunternehmen aufgebrochen waren. Brüllend ergossen sich die Wassermassen über das Schiff, er mußte sich an einem Manntau festklammern, sonst wäre er außenbords gerissen worden. Mit einem ellenlangen Fluch entließ er seine ganze Wut und Verzweiflung in das Sturmheulen, das an Lautstärke immer mehr zunahm.
Das ist das Ende, dachte er.
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