Seewölfe - Piraten der Weltmeere 94. Fred McMason

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 94 - Fred McMason


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Welt des Schweigens, diese tote Einsamkeit, diese von keinem Menschen bewohnte eisigkalte und lebensfeindliche Todeszone.

      Hier war der Mensch allein, dachte Hasard, hier war er in einem schweigenden Nichts verloren, einer Natur ausgesetzt, die ihn gleichgültig behandelte, die seine Existenz nicht duldete.

      „Merkt euch die Form dieser Eisinsel gut“, sagte Hasard, „es ist der einzige Anhaltspunkt, den wir in dieser Wüste haben. Ben wird unter allen Umständen versuchen, zurückzu …“

      Der Seewolf schwieg, als er die Blicke sah, die die drei Männer ihm zuwarfen.

      Tucker entblößte seine Zähne und lachte grollend. Wütend hieb er mit dem Riemen in eine kleine Eisfläche, die sich auf dem Wasser zusammenschob. Es gab knisternde Geräusche.

      „Gleich lach ich mich tot“, sagte er grollend. „Wir sind keine kleinen Kinder mehr, wenn ich auch vor Angst bald in die Hosen scheiße, das kann ich nicht verschweigen. Aber verschone uns bitte mit liebevoller Fürsprache, Hasard, und mach uns keine Hoffnungen, wo es keine mehr gibt.“

      Ferris’ Panik wurde immer offensichtlicher, dachte der Seewolf bestürzt, er, der sonst immer ruhig und besonnen war, schien den Gefahren dieser trostlosen Einöde nicht gewachsen zu sein. Aber war er selbst das eigentlich, jetzt, seit sie die „Isabella“ aus den Augen verloren hatten?

      Tucker mußte man anders anpakken, da halfen keine bösen Worte. Den brachte nur noch Spott auf die Beine.

      „Seit wann bist du unter die Hosenscheißer gegangen, Ferris?“ fragte er höhnisch, „und seit wann wirfst du die Riemen gleich ins Wasser? Bist du nicht der Schiffszimmermann der ‚Isabella‘, an dem die meisten anderen sich ein Beispiel nehmen, weil du durch nichts aus der Ruhe zu bringen bist?“

      Einen Augenblick glomm es dunkel in Tuckers Augen auf. Er hatte eine heftige Erwiderung auf der Zunge, doch der spöttische Blick des Seewolfs hielt ihn zurück.

      Sein Gesicht verzog sich zu einer Grimasse, die ein Lächeln andeuten sollte, das aber kläglich mißlang. Erst nach und nach hellten sich seine Züge auf, und dann grinste er schwach.

      „Ich glaube, jetzt ist es besser“, sagte er. „Natürlich wird Ben alles versuchen, um uns zu finden, ich weiß nicht, wie ich auf diesen blödsinnigen Gedanken verfallen bin.“

      „Schon gut, vergiß es.“

      Hasard legte den Riemen ins Boot zurück und richtete sich zu voller Größe auf. Angestrengt blickte er auf einen weit entfernten Eisberg von beachtlicher Größe, neben dem zwei kleinere trieben.

      „Ist etwas?“ fragte Matt. „Siehst du sie?“

      „Nein, es war eine Täuschung.“

      Wieder verließ sie der Mut. Während sie weiterpullten, hing jeder seinen Gedanken nach und schwieg.

      Fast eine Stunde lang pullten sie um kleinere Eisberge herum, dann begann es übergangslos zu schneien, die See beruhigte sich noch mehr, und der leichte Wind schlief fast ein.

      Die Sicht wurde immer schlechter und trüber. Bald konnten sie keine zwanzig Yards mehr weit blicken.

      Jeder begriff, was das bedeutete, aber jeder bemühte sich, sorglos zu erscheinen, denn schon wieder erschien das spöttische Lächeln im Gesicht des Seewolfs, der sie der Reihe nach anblickte und so tat, als wäre alles ganz normal.

      Sein Blick suchte den Eisberg, den sie verlassen hatten, und seine Augen glitzerten fast wie das Eis, als er ihn nicht gleich fand. Doch etwas später entdeckte er den dunklen Fleck, das im Eis eingeschlossene Boot des Toten, das sich deutlich vor dem weißen Hintergrund hervorhob.

      „Etwas mehr nach Backbord, wir rudern zu der Eisinsel zurück“, sagte er. „In einer knappen Stunde wird es dunkel, und dann ist es besser, wenn wir ein Dach über dem Kopf haben, auch wenn es nur ein Dach aus Eis ist.“

      Der Gedanke, in jener Eisgrotte zusammen mit dem Toten zu übernachten, behagte ihnen ganz und gar nicht. Aber es gab keine andere Möglichkeit. Sie konnten nicht stundenlang umherirren, wenn die Dunkelheit hereinbrach. Dann nämlich würde auch der letzte Rest Hoffnung erlöschen, dann gab es keine Rettung mehr. Sie mußten überleben, auf Biegen und Brechen.

      Das Schneetreiben nahm zu und wurde dichter, bis man kaum noch die Hand vor Augen sah. Hasard versuchte mit seinen Blicken die dichten Flokken zu durchdringen, die wie ein Vorhang vor ihnen in der Luft schwebten.

      Die Eisinsel! Wo, zum Teufel, war sie jetzt? Sekundenlang wollte das gleiche Gefühl bei ihm aufflammen wie bei Ferris Tucker, doch gleich darauf sah er undeutlich den grauen Schatten, der aus der See aufragte, und atmete erleichtert auf.

      Sie hatten es geschafft, obwohl sie sich in einer noch schlimmeren Misere als vorhin befanden. Aber dieses kleine Stückchen Insel aus gefrorenem Wasser vermittelte zumindest das Gefühl, etwas Bekanntes wiedergefunden zu haben.

      Das Boot legte an, die Männer sprangen heraus, und der Profos wollte es ein Stück an „Land“ ziehen.

      „Laß es im Wasser“, riet Ferris, „es friert noch immer, und später kriegen wir es nicht mehr aus dem Eis. Dann sieht es so aus wie das andere.“

      Den Anker legten sie aufs Eis und sicherten ihn zusätzlich mit der langen Leine gegen Abtreiben.

      „Rauf in die Höhle“, sagte der Seewolf, „da sind wir einigermaßen vor dem Schneetreiben sicher. Nehmt alles aus dem Boot, was sich darin befindet, vergeßt die Fackel nicht, nehmt auch das Segel mit.“

      Nur ungern dachten sie daran, daß sie die Nacht zusammen mit einem längst Verstorbenen verbringen mußten, aber was blieb ihnen anderes übrig?

      „Wir nehmen noch ein paar Planken mit“, murmelte Ferris. Er hob seine riesige Axt und schlug sie in die zersplitterten Planken des Wracks, bis die Holzteile nach allen Seiten davonflogen.

      Zusehends wurde es jetzt dunkler. Dicke Schneeflocken fielen dicht an dicht vom unsichtbaren Himmel und deckten alles zu, als die vier Männer den gefahrvollen Aufstieg begannen.

      Im Boot befand sich noch Proviant, Hartbrot und ein kleines Faß Wasser, das steinhart gefroren war. Wenigstens hatten sie für einen Tag oder auch zwei etwas zu beißen. Das Wasser war nicht so wichtig, sie konnten Schnee auffangen und ihn schmelzen, wenn sie ein Feuer in Gang kriegten.

      Alles, was sie noch besaßen, wurde in die Höhle des Toten geschleppt und auf den Boden gelegt.

      Als Hasard die Fackel entzündete, fiel ihr zuckender Schein auf den Mann im Eis, den erfrorenen Fremden, der in unveränderter Haltung an seiner eisigen Wand lehnte. Seine eiserstarrten Augen schienen wieder zu leben, sobald das Licht sich in ihnen spiegelte.

      Tucker überwand das Grauen, das ihn wieder ansprang, und der Profos versuchte dem toten Blick der Eisaugen auszuweichen und die Leiche zu ignorieren. Doch das war nicht so einfach. Die anderen hatten ihn schon gesehen, Carberry noch nicht, und so war es für ihn noch unheimlicher.

      Eine lausige Nacht stand ihnen bevor, die Nacht mit einem Toten, der sich an ihrem Feuer wärmte.

      2.

      Auf der „Isabella VIII.“ hatte man das Manöver von Anfang an beobachtet, wie das Boot zu dem Eisberg hinüberglitt, wie die Männer auf das Eis sprangen und das Wrack untersuchten.

      „Die haben es gut“, sagte Bob Grey, „unternehmen eine kleine Fahrt und haben Abwechslung. Bei uns geht die Langeweile weiter bis zum Kotzen.“

      Erst sehr viel später ging ihm ein Licht auf, und er war froh, daß er doch nicht dabei gewesen war.

      Ben Brighton, Big Old Shane und Smoky standen im Ruderhaus. Hasards Stellvertreter Ben zog die Stirn in Falten. Smoky sah, daß die Sanduhr, die ihnen noch geblieben war, gerade ablief und drehte sie für die nächste halbe Stunde um, ehe er sie in die kleine Verankerung zurückstellte.

      „Viel länger wird es wohl nicht dauern“, sagte er dabei. „Bis


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