Seewölfe - Piraten der Weltmeere 131. Roy Palmer

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 131 - Roy Palmer


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Er wollte ein zweites Zusammentreffen der Hottentotten mit den Spaniern und Portugiesen vermeiden, es durfte kein neues Blutvergießen geben. Nmogo, der Häuptling der Hottentotten, hatte eingewilligt. Auch Baredi, Neffe von Nmogo und Unterhäuptling des Stammes, hatte sich an Hasards Ratschläge gehalten. Er hätte do Velho und Ignazio im Pinienwald überfallen können, hatte es aber nicht getan, weil der Seewolf ihn darum gebeten hatte, den eitlen Portugiesen ihm zu überlassen.

      Das Boot schaukelte immer bedrohlicher und drohte umzuschlagen. Dan verlor fast das Gleichgewicht. Er sah Ignazios Faust wie einen Hammer auf seinen Kopf zuschießen. Im letzten Augenblick zog er den Kopf ein, fing sich, riß die Handspake hoch und knallte sie dem Mann aus Porto gegen den Arm, ehe dieser die Pistole aus dem Gurt ziehen konnte.

      Von der Mündung des Flusses her wurden Rufe laut. De Hernandez und Santillan, die Bootsführer, hatten die Flüche und entsetzten Schreie ihrer Kameraden vernommen und verlangten nach einer Erklärung. Da sie keinerlei Erwiderung erhielten, war damit zu rechnen, daß sie gleichfalls anrückten – und das hätte das Kräfteverhältnis zwischen Seewölfen und Spaniern auf drastische Weise für Hasard und seine Männer verschlechtert.

      Ferris Tucker hatte einen Gegner nach Steuerbord aus dem Boot geräumt, Shane hatte einen Spanier niedergeknüppelt und wandte sich gerade dem nächsten zu. Carberry und Smoky kämpften gleichfalls wie die Berserker und hatten keine Mühe, sich gegen die geringe Übermacht zu behaupten.

      Nur der Kerl, den Hasards rothaariger Schiffszimmermann in die Fluten befördert hatte, kroch an Land, rappelte sich auf und zückte sein Messer. Er wollte es voll Haß auf Ferris zu schleudern – und dies war der Moment, in dem Baredi nicht länger an sich halten konnte. Bisher hatte er mit seinen Spähern im Gebüsch gestanden und sich auf die Betrachtung dieser unvergleichlichen Szene beschränkt. Jetzt handelte auch er.

      Batuti, der schwarze Herkules aus Gambia, hatte Baredi auf Hasards Geheiß hin auseinandergesetzt, daß in dieser Nacht keine Feuerrohre, keine Stichwaffen, keine Speere, Pfeile, Messer benutzt werden durften. Der Seewolf wollte kein Massaker, und daran hielt sich selbstverständlich auch der Hottentotte. Obwohl er allen Grund hatte, sich an den Spaniern zu rächen, hob er jetzt nur eine Keule – aus dem Holz eines Affenbrotbaumes geschnitzt – und zog sie dem wurfbereiten spanischen Soldaten über den Schädel. Der Soldado hatte ausgesprochenes Pech, weil er seinen Helm im Fluß verloren hatte. Zweifellos hätte ihn die Kopfbedeckung vor der Wucht des Keulenhiebes bewahrt – so aber dröhnte es in seinem Kopf, als habe ihn ein Elefant getreten. Er sank mit einem matten Laut in das Dickicht.

      Fast im selben Augenblick kenterte das Boot.

      Dan brachte sich mit einem Satz vor dem umkippenden Feuerbecken in Sicherheit, federte aus der Jolle und landete im Wasser. Ignazio tauchte neben ihm ein und versuchte sofort, Dans Schultern zu packen und ihn unter Wasser zu drücken.

      Dan O’Flynn parierte jedoch. Er brachte seine rechte Hand noch früh genug hoch, zielte mit der Eichenholzspake und ließ sie niedersausen.

      Diesmal hielt Ignazio trotz seiner robusten körperlichen Konstitution nicht stand. Er verlor das Bewußtsein, sank und drohte, jämmerlich zu ertrinken. Dan klemmte sich die Spake einfach unter den Arm, griff nach den Haaren des Mannes und schleppte ihn zum Ufer.

      Ferris Tucker hatte die Böschung schon erreicht. Er hievte einen besinnungslosen spanischen Seemann zu Baredi und den anderen zwei Hottentotten hinauf und blickte grinsend auf den Kerl, der von Baredi niedergeschlagen worden war.

      Shane, Smoky und Carberry tauchten neben Dan O’Flynn auf. Auch sie zerrten ein paar Ohnmächtige durch das Wasser aufs Ufer zu. Zwei der Bootsinsassen waren noch bei Bewußtsein, sie schwammen zum Festland und klommen schwer atmend aus dem Wasser. Sofort hoben sie die Hände und unternahmen keinen Versuch mehr, sich zur Wehr zu setzen. Sie hatten die Nase voll.

      „He!“ rief Dan den Kameraden zu. „Wo steckt denn eigentlich der Seewolf?“

      Ferris hatte sich auf dem Ufer umgedreht und spähte von den Kameraden zu dem gekenterten Boot und vom Rumpf des Bootes zum gegenüberliegenden Ufer. „Ja, Dan hat recht – Hasard und do Velho, dieser Hurensohn, sind verschwunden …“

      „Tauchen“, stieß Carberry hervor. „Wir müssen sofort nach ihnen tauchen.“

      Big Old Shane hatte in Rückenlage gleich zwei Spanier abgeschleppt, um sie vor dem Absaufen zu bewahren. Jetzt wuchtete er sie an Land, stemmte sich ein Stück am Ufer hoch und erwiderte: „Ach Quatsch, ihr glaubt doch wohl nicht, daß Hasard mit dem Portugiesen zusammen immer noch unter Wasser … Unsinn, das wäre ja …“

      „Hör auf zu stottern“, grollte der Profos. „Unternehmen wir lieber was.“ Er schob den bewußtlosen Spanier, für den er gnädigerweise den Lebensretter spielte, wie ein Stück Treibholz auf das Ufer zu. Der Spanier rauschte mit Bugwelle auf die Hottentotten zu, die sich bückten und die Hände ausstreckten, um ihn in Empfang zu nehmen.

      Carberry drehte sich im Wasser um und schwamm mit mächtigen Zügen. Ferris Tucker ließ sich vornübersinken und stach mit vorgestreckten Armen in den Fluß zurück. Dan lieferte Ignazio bei Baredi und dessen zwei Begleitern ab, entledigte sich rasch seiner Stiefel und kehrte dann um, um ebenfalls nach dem Seewolf zu suchen.

      Was war geschehen?

      Vor sich selbst hatte Lucio do Velho eingestanden, daß er eine Reihe von Fehlern begangen hatte. Niemals hätte er nur mit dem einen Boot in die Flußmündung eindringen und seine Jolle auch nicht so nah an das rechte Ufer heranlenken dürfen. Aber da war das Geräusch im Dikkicht gewesen – und er war darauf hereingefallen. Die Männer hatten auf sein Zeichen hin die Riemen binnenbords geholt und zu den Musketen gegriffen.

      Ignazio hatte sich hinter die Serpentine gekauert, aber das alles hatte viel zu lange gedauert, sie hatten weder die Musketenhähne spannen noch das kleine Geschütz zünden können. Zu überraschend war dieser Angriff aus dem Dunkel erfolgt.

      Ihre volle Konzentration hatte sich auf das gerichtet, was schräg vor ihnen gewesen war. Ein weiterer Fehler – so hatten sie die Gestalten übersehen, die hinter ihnen aus dem Dikkicht aufgetaucht waren.

      Do Velho hatte sich umgewandt, den Mund aufgerissen und die Pistole gezückt, als der Seewolf auf ihn zugesprungen war. Philip Hasard Killigrew hatte ihm die Pistole aus der Hand gefetzt und ihm, do Velho, den Schrei in der Kehle erstickt, indem er ihn von der Achterducht gerissen hatte.

      Do Velho hatte sich bei dem Bestreben, sich an der Ruderpinne festzuhalten, fast die Hand verrenkt. In die tiefsten Schlünde der Hölle hatte er den verhaßten Seewolf verwünscht, dann waren die Fluten über ihm zusammengeschlagen.

      War nun alles verloren?

      Do Velho hatte unter Wasser versucht, sich von dem Seewolf zu lösen, aber der hatte ihn wie mit Eisenklammern festgehalten. Wenigstens das Messer oder den Degen hatte der portugiesische Kommandant zücken wollen, aber Killigrew hatte ihm die Faust unters Kinn gerammt. Do Velho hatte es fast die Sinne geraubt. Er hatte Wasser geschluckt und wäre elend ertrunken, wenn der Seewolf ihn nicht zum gegenüberliegenden Ufer befördert hätte.

      Hasard hatte sich für das westliche Ufer als Landeplatz entschieden, weil er sich mit seinem Erzfeind ohnehin schon in der Mitte des Gewässers befunden hatte. So weit hatte sie der Satz von der Bootsducht hinausbefördert. Und nun schwamm Hasard kurz entschlossen auf die andere Seite – nicht zuletzt auch, weil er befürchtete, auf dem entgegengesetzten Weg mit der Jolle der Spanier und Portugiesen ins Gehege zu geraten oder von einem der Dons einen Hieb mit dem Riemen über den Schädel zu empfangen.

      Hasard gelangte an das Ufer und zerrte den augenscheinlich besinnungslosen Lucio do Velho auf den schlammigen Untergrund zwischen den Sträuchern. Er wollte damit beginnen, dem Mann das Wasser aus dem Körper zu pumpen und ihn wiederzubeleben, da geschah es.

      Do Velho schoß hoch.

      Mit allem hatte der Seewolf gerechnet, nur damit nicht. Wieder einmal erwies sich der karrierebewußte, von einem gleichsam fanatischen Jagdtrieb besessene Capitan weitaus zäher, als Hasard angenommen hatte. Ja, do Velho hatte Wasser geschluckt, aber er hatte es wieder ausgespien, als der Seewolf


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