Seewölfe - Piraten der Weltmeere 545. Roy Palmer

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 545 - Roy Palmer


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vom Schauplatz dieses Geschehens lag eine Dreimastgaleone vor Anker – die „Santa Barbara“. Zu weit für Ebel Schachnam und dessen Schnapphähne. Sie ahnten nicht, daß Philip Hasard Killigrew, der Seewolf, im Begriff war, sich dem Schlupfwinkel der Bande zu nähern.

      Aber auch Hasard und seine Crew hatten nicht im geringsten eine Vorstellung davon, was sich in den nächsten Tagen abspielen würde. Die Männer hatten keine sonderlich gute Laune. Im Schein der Ankerlaterne hockten sie an Deck herum und spielten mit Würfeln oder tranken einen Schluck Wein. Die Freiwache lag in den Kojen.

      Bei Nacht konnte man nicht segeln. Die Schwemmlandebene von Mesopotamien war viel zu gefährlich. Überall konnte man mit dem Schiff steckenbleiben. Und ein gebranntes Kind scheut bekanntlich das Feuer. Vor kurzem waren die Mannen mit ihrer Lady Barbara schon einmal aufgebrummt – bei Abu Dhabi, an der Küste der Piraten.

      Inzwischen hatten sie den Persischen Golf ganz durchquert und waren bei Abadan den Shatt-al-Arab hinaufgesegelt – jenen Strom, der Euphrat und Tigris in sich vereinte. Der Seewolf wollte die Stelle erreichen, wo beide Flüsse zusammentrafen.

      „Und wie heißt das Nest?“ fragte Old O’Flynn gerade noch einmal.

      „Welches?“ wollte Ferris Tucker wissen.

      „Na, das Nest, wo Euphrat und Tigris zusammenfließen.“

      „Korna“, sagte Hasard lächelnd.

      „Al-Qurnah auf arabisch“, fügte Philip junior hinzu.

      Der Alte schnitt eine Grimasse. „Ja, ihr Klugscheißer habt mal wieder eine dicke Lippe. Aber das sage ich euch: wir verirren uns noch ganz gehörig in dieser Ecke Welt.“

      „Donegal“, sagte Carberry mit grollendem Organ. „Wenn du damit auf den Nil anspielen willst, gibt es Ärger.“

      „Ah, du willst mir drohen?“

      „Gar nichts will ich. Nur vom Nil will ich kein Sterbenswort mehr hören, verdammt noch mal. Und wir haben da eine Vereinbarung, vergiß das nicht.“

      „Klar, denke ich dran.“

      Richtig – sie hatten sich seinerzeit, nachdem die „Isabella VIII.“ im Treibsand von Ägypten steckengeblieben war, darauf geeinigt, über diese wohl blamabelste Episode ihres Lebens nie wieder zu reden. Außerdem hatten sie sich geschworen, daß so etwas nie wieder passieren würde.

      Aber jetzt hockten sie auf ihrem Schiff mitten im Schwemmland, und den Seewolf schien wieder mal der Hafer zu stechen. Was tun? Mitgegangen, mitgehangen – sie konnten sich nur fügen, denn sie waren alle mit dieser Fahrt einverstanden gewesen.

      „Freunde, ihr braucht euch keine Sorgen zu bereiten“, sagte Hasard. „Auf die Karten können wir uns verlassen. Bisher haben sie uns den richtigen Weg gewiesen. Und die ‚Santa Barbara‘ ist nur ein Leihschiff. Wir können sie verkaufen, wann wir wollen. Wir können sie auch verschenken, denn sie hat uns keinen Silberling gekostet.“

      „Das ist alles richtig“, entgegnete Don Juan de Alcazar. „Aber wo willst du eigentlich hin?“

      „Dorthin, wo wir noch nicht waren.“

      „In die Wüste der Türkei?“ fragte Old O’Flynn aufsässig.

      „Unsinn“, sagte der Seewolf. „Es gibt ein paar Plätze, die wir noch nicht erkundet haben. Zum Beispiel den Süden von Rußland.“

      „Ich werd’ verrückt“, sagte Big Old Shane ächzend. „Das ist selbst für mich zuviel.“

      „Ich möchte dich daran erinnern, daß wir mit unserem Schiff nicht fliegen können“, gab selbst der sonst so besonnene Ben Brighton zu bedenken.

      „Das brauchen wir auch nicht“, erwiderte Hasard vergnügt. „Wir kommen überall hin, keine Angst.“

      „Aber zur Zeit stecken wir in einer beschissenen Gegend“, meinte der Profos. „Der Arsch der Welt, meine ich. Und Abadan – na, das kann man ja wohl auch vergessen.“

      „Weil es dort keinen Rum zu kaufen gab?“ fragte Higgy grinsend.

      „Ach, du kannst mich mal.“

      „Rum gibt es nirgends in Arabien“, erklärte der Kutscher. „Wer welchen feilbietet, dem wird der Kopf abgehackt. Das gilt für alle alkoholischen Getränke. Der Koran verbietet sie.“

      „Das hast du uns schon hundertmal erzählt“, sagte Blacky.

      „Ist ja gut“, meinte Matt Davies. „Die Muselmanen dürfen keinen Wein und keinen Schnaps trinken. Aber ich habe allmählich die Nase voll von diesen scheinheiligen Alis. Heimlich sind sie nämlich doch alle Sünder, oder täusche ich mich?“

      „Wir alle sind Sünder in Gottes Augen“, sagte der Kutscher.

      Mac Pellew warf ihm einen schiefen Seitenblick zu. „Spinnst du? Du hast wohl deinen Beruf verfehlt. Hättest Bordkaplan werden sollen.“

      „Alles Quatsch“, erklärte Old O’Flynn. „Was Ed eben sagen wollte, ist die Tatsache, daß Nester wie Abadan reichlich langweilig sind.“

      „Danke“, sagte der Profos. „So habe ich das gemeint.“

      „Vielleicht ist in Bagdad mehr los“, sagte Hasard. Er lächelte immer noch.

      „Ein bekannter Name“, brummte Shane. „Aber wo liegt das eigentlich genau?“

      „Hinter Korna“, erwiderte Hasard junior.

      Shane stieß einen Fluch aus. „Das sagt mir auch nichts.“

      „Nördlich von Korna“, ergriff der Seewolf wieder das Wort. „Und in Bagdad gibt es einen großen Bazar, wo man alles mögliche kaufen kann. Nur keinen Schnaps.“

      „Das haben wir doch alles schon gehabt“, sagte Blacky. „In Masquat beispielsweise. Der Sultan war so großzügig.“

      „Sogar Frauen hätten wir haben können“, sagte Carberry mit einem Seufzer.

      „Aber wir benehmen uns wie die frommen Klosterbrüder“, meinte Roger Brighton. „Ist ja unsere eigene Schuld.“

      „Jedenfalls kann Bagdad uns nichts Neues bieten“, sagte Ferris zusammenfassend.

      „Laßt euch vom Zauber des Orients einfangen“, erklärte der Seewolf. „Wir sind nicht nur Korsaren, wir sind auch Entdecker. Will euch das nicht in den Kopf?“

      „Sie werden’s nie begreifen.“ Der Kutscher seufzte.

      Carberry musterte ihn drohend. „Nicht, wie? Aber du hast den großen Durchblick, was, wie? Nur du bist ein kluger Kopf, wenn man dich so quatschen hört.“

      Hasard gab seinem Koch und Feldscher Schützenhilfe. „Der Kutscher meint das nicht so, Ed. Er wirbt nur um mehr Verständnis für Reisen dieser Art.“

      „Na gut, na gut“, sagte Carberry einigermaßen beschwichtigt. „Wir können nicht immer nur die Dons überfallen und ihre Galeonen von den Masttoppen bis zum Kielschwein ausnehmen, das sehe ich ein. Wir können auch nicht immer nur andere Leute retten. Aber, zum Henker, wir können auch nicht monatelang nur öde Gegenden wie diese auskundschaften.“

      „Willst du meckern, Ed?“ fragte der Seewolf freundlich.

      Der Profos blickte seinen Kapitän entsetzt an. „Was? Ich doch nicht!“

      „Dann laßt uns das Thema wechseln“, sagte Hasard. „Wir können ja sehen, was der morgige Tag bringt. Ich schätze, daß wir Korna noch am Vormittag erreichen. Dann entscheiden wir, was wir weiter tun. Wie wäre es jetzt mit einem kleinen Umtrunk?“

      „Einverstanden, Sir“, antworteten die Männer.

      „Mac“, sagte der Seewolf. „Hiermit verordne ich als Seelenmedizin eine Extraration Brandy. Doppelt, verstanden?“

      „Aye, Sir.“ Mac war schon in der Kombüse verschwunden.

      „Das


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