Ein Plus für die Demokratie. Thomas Pfisterer

Ein Plus für die Demokratie - Thomas Pfisterer


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Thomas Pfisterer

      Ein Plus für die Demokratie von Thomas Pfisterer wird unter Creative Commons Namensnennung-Nicht kommerziell-Keine Bearbeitung 4.0 International lizenziert, sofern nichts anderes angegeben ist.

      © 2021 – CC BY-NC-ND (Werk), CC BY-SA (Text)

      Autor: Thomas Pfisterer Verlag: EIZ Publishing Produktion, Satz & Vertrieb: buch & netz, buchundnetz.com ISBN: 978-3-03805-359-0 (Print – Hardcover) 978-3-03805-358-3 (Print – Softcover) 978-3-03805-389-7 (PDF) 978-3-03805-390-3 (ePub) 978-3-03805-391-0 (mobi/Kindle) DOI: https://doi.org/10.36862/eiz-359 Version: 0.54 – 20210316

      Dieses Werk ist als buch & netz Online-Buch und als eBook in verschiedenen Formaten sowie als gedrucktes Buch verfügbar. Weitere Informationen finden Sie unter der URL: https://buchundnetz.com/werke/ein-plus-fuer-die-demokratie/.

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      Vorwort

      Für den eiligen Leser, vor allemaus dem Parlament, sei auf die KURZFASSUNG, die Ziffern 1, 2, 15, die «Kasten» je zu Beginn der Ziffern und auf die Anhänge verwiesen. Man kann vielerorts in den Text einsteigen und mit den Ziffern den Weg finden.

      Die Schweiz steht vor der Frage, ob und allenfalls wie sie sich um die vertragliche Ordnung der institutionellen Beziehungen im Bereich der bilateralen Verträge mit der EU bemühen solle. Der Entwurf für ein institutionelles Rahmenabkommen von 2018 liegt – unfertig – auf dem Tisch. Thema ist in dieser Schrift, wie bei der Anwendung des Rahmenabkommens oder eines ähnlichen Vertrags die Demokratie, mithin die Rechte von Volk und Parlament, gewahrt werden können. Zu dieser Frage soll hier eine vorläufige Antwort gesucht werden.

      Die Quellenlage für die Auslegung und Anwendung des Entwurfs zum Rahmenabkommen ist schmal und unsicher. Daher lag es nahe, den Inhalt des Textes in Gesprächen mit Persönlichkeitenaus der Wissenschaft und der Praxis (hinten Ziffer 18.1) zu überprüfen und aufgrund dieser Gespräche zu ergänzen. Zusätzlich konnte zur Meinungsbildung des Autors eine gewisse Erfahrung im Umgang mit Parlament, Regierung und Verwaltung in gut 30 Jahren der Beobachtung und teils Mitarbeit in Behörden und Organisationen beitragen: Aus der Aussenperspektive des Verwaltungs- und Bundesrichters (1973 – 1991) und der Innenperspektive des Mitgliedes einer Kantonsregierung (1991 – 2000) und des Parlaments (Ständerat 1999 – 2007), oft auch in Auseinandersetzung mit Fragen der Zusammenarbeit mit der EU. Wertvoll war in dieser Hinsicht vor allem die Zeit als Mitglied der Kantonsregierung Aargau, beginnend in der Schlussphase der Auseinandersetzung um den EWR-Beitritt der Schweiz, dann während der ersten Jahre der Konferenz der Kantonsregierungen (KdK), während der Totalrevision der Bundesverfassung unter dem Titel der «Beziehungen (der Kantone) zur Aussenpolitik» (tatsächlich betreffend die Rolle der Kantone in der EU‑Zusammenarbeit), im Rahmen der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit des Kantons Aargau mit dem Bundesland Baden-Württemberg, schwergewichtig in der damals geschaffenen Hochrheinkommission (mit Mitgliedern bis zur Stufe der Gemeinden) und in der Nordwestschweiz allgemein (von der Begründung der Regio-S Bahn bis zur Mitgliedschaft in der Oberrheinkonferenz), oder im Rahmen der Begleitorganisation der KdK zu den «Bilateralen I». Aus der Perspektive des Ständerats konnten die Beratung der «Bilateralen II» und eine Reihe von einschlägigen innen- und aussenpolitischen Vorlagen verfolgt werden.

      Alle Mängel der nachfolgenden Ausführungen verantwortet allein der Autor.

      Angeregt wurde diese Arbeit von Sean Müller und Adrian Vatter (damals beide Professoren an der Universität Bern, Sean Müller heute an der Universität Lausanne) im Zusammenhang mit der Vorbereitung ihres Werkes «Der Ständerat», das 2020 erschienen ist. Die Thematik der EU‑Zusammenarbeit liess sich nicht aus der Sicht der Rolle des Ständerats allein behandeln. Das Parlament war insgesamt einzubeziehen. Vor allem Andreas Kellerhals, Direktor des Europa Instituts an der Universität Zürich, ermunterte dazu, das Thema in einer gesonderten Schrift zu bearbeiten, die schliesslich von EIZ Publishing in elektronischer Form (kostenfreies E-Book) und als Printversion verlegt worden ist.

      Für die kritische Durchsicht von Teilen des Manuskripts ist zu danken Rudolf Christen, Martin Graf, Michael Schoenenberger sowie Michael Mayer, vorab ihm und seinen Mitarbeitenden auch für die Verlagsarbeit. Zu Beginn der Arbeiten an dieser Schrift diskutierte der Autor mit Matthias Oesch, Professor an der Universität Zürich, am Ende mit Astrid Epiney, Professorin an der Universität Freiburg/Schweiz und Rektorin der Universität sowie verschiedentlich mit Henri Gétaz, Generalsekretär der EFTA und früherer Direktor der DEA.

      Thomas Pfisterer

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      Kurzfassung

      Das Volk und die Stände haben die Weiterführung des bilateralen Weges überwiegend bestätigt. Diese Entscheide sind ernst zu nehmen. Sie enthalten zwei Dimensionen.

      Erstens die Weiterführung des bilateralen Weges: Die Debatte rund um den Entwurf eines Rahmenabkommens 2018 hat sich weithin auf die Fragen zur Binnenmarktbeteiligung und zur dynamischen Rechtsübernahme beschränkt. Dabei liegt nicht einmal ein fertiger Vertragstext vor. Namentlich fehlen offizielle Kommentare aus dem Bundesrat.

      Zweitens die Gewährleistung des Einflusses von Volk und Ständen: Die grundsätzliche Diskussion um die Rolle der Demokratie im Verhältnis der Schweiz zur EU ist bisher zu kurz gekommen.

      Die vorliegende Schrift widmet sich allgemein dem Umgang mit der Demokratie in Verträgen zur Beteiligung der Schweiz am EU-Binnenmarkt. Ihr Thema ist nicht, ob dem Entwurf zum Rahmenabkommen 2018 zuzustimmen oder ob er abzulehnen sei. Die direkte Demokratie ist erst recht bei anspruchsvollen Gegenständen auf einen intensiven Austausch unter den Bürgerinnen und Bürgern sowie der Behörden mit den Bürgerinnen und Bürgern angewiesen, so auch hier über die Mitsprache von Parlament und Volk bei der Binnenmarktbeteiligung. Es sei versucht, zu dieser Demokratie-Debatte sachliche Beiträge zu leisten.

      Um der eiligen Leserschaft einen Überblick zu geben, seien im Folgenden die wichtigsten Erkenntnisse der Betrachtung zusammengefasst.

       Die Frage nach dem demokratischen Minimalstandard Schweiz – EU:

      Welche Anforderungen sind aus der Sicht der schweizerischen Demokratie an die Verträge Schweiz-EU zu stellen? Wie können sich die demokratischen Institutionen der Schweiz bestmöglich in die Anwendung von Binnenmarktabkommen einbringen?

      Der Entwurf zum Rahmenabkommen 2018 ist für Marktzugangsabkommen der erste einschlägige Fall. Darum eignet er sich, die Demokratieproblematik allgemein zu untersuchen. Es gilt zu prüfen, welchen minimalen Standard an Demokratie das Rahmenabkommen bietet. Wie sollen allgemein die Rollen von Parlament und Volk zu den Verträgen Schweiz – EU ausgestaltet werden?

       Was im Entwurf zum Rahmenabkommen 2018 «zur Binnenmarktbeteiligung steht»:

       Das Rahmenabkommen sichert der Schweiz im beschränkten Bereich von (bewusst nur) fünf Marktzugangsabkommen den Binnenmarktzugang. Das Rahmenabkommen kommt zum Zug, wenn die EU Neuerungen und damit Rechtsübernahmen für die Schweiz zur Personenfreizügigkeit, zum Land- und Luftverkehr, zum Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen, zu den Konformitätsbewertungen oder allenfalls zu vereinbarten künftigen Abkommen wie im Strombereich vorschlägt, vorsieht oder diskutiert. Die einschlägigen Regeln des Binnenmarkts der EU entwickeln sich dynamisch weiter. Das Rahmenabkommen hat den Anspruch, die Weiterentwicklung von EU-Recht mit der Eigenständigkeit der Schweiz in Einklang zu bringen.

       Gemäss Rahmenabkommen soll die Schweiz mit der EU eine dynamische Rechtsübernahme mit dem Grundsatz der Weiterentwicklung vereinbaren, umgesetzt in einer Pflicht zur zeitgerechten Übernahme der einschlägigen EU-Rechtsakte in die entsprechenden Abkommen. Rechtsübernahmen dürften meist problemlos sein. Wenn sie problematisch


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