Our Moment of Choice. Группа авторов
in als auch durch Beziehungen. Wir können damit beginnen, indem wir das lieben, was direkt vor unserer Nase ist; indem wir die alltägliche Schönheit des Lebens wahrnehmen und diese würdigen – inmitten eines sterbenden Systems und längst obsolet gewordener Muster. Entscheidend ist, wie wir uns heute verhalten. Die Systemtheoretikerin und Dharma-Lehrerin Joanna Macy erinnert uns daran, dass wir zurzeit eine doppelte Rolle spielen: Wir sind gleichermaßen die Sterbebegleiter einer untergehenden Welt (einschließlich unserer eigenen veralteten Muster) und die Hebammen einer nachhaltigen Zukunft.6
Während wir gemeinsam an der Schaffung einer zukunftsfähigen menschlichen Zivilisation, die ihren Namen verdient, arbeiten, werden wir einige Jahrzehnte lang – bis weit in die zweite Hälfte dieses Jahrhunderts hinein – nicht wissen, ob es uns gelingen wird, durch das Nadelöhr zu schlüpfen und auf der anderen Seite wieder herauszukommen. Die Reise in Richtung diverser, sich erneuernder Kulturen hat keine Garantien im Gepäck, aber sie ist eine Reise der Heilung und des Dienens.
Ungewissheit und Nichtwissen werden uns weiterhin bescheiden bleiben lassen und imstande zu lernen. Wir müssen das Paradox akzeptieren, zu wissen, dass all unser Tun und Nichttun – unsere Art des Seins – von Bedeutung ist, und doch die Grenzen unseres Wissens anerkennen und uns von unserer Obsession befreien, alles vorhersehen und kontrollieren zu können. Wir müssen individuell und kollektiv in die Fragestellung hineinwachsen: Wie können wir zu verantwortungsvollen und bescheidenen Heilern des Planeten werden, indem wir selbst »Leben« sind und bewusst dem Leben dienende Bedingungen schaffen?
AUF DEN PUNKT GEBRACHT
Mit seinem Aufruf zu einer neuen Art des Handelns und des Seins, welche zur Wiederherstellung gesunder Ökosysteme beiträgt, Klimaresilienz auf kommunaler Ebene schafft und eine faire und gerechte Welt kreiert, in der die Qualität von Beziehungen an erster Stelle steht, plädiert Daniel Christian Wahl dafür, dass wir uns eher mit den Ursachen als den Symptomen befassen sollten. Wir sollten unseren Fokus von einem durch Mangel erzeugten Konkurrenzdenken in Richtung Fülle durch Kooperation lenken – als ein Wegbereiter für die Heilung unseres Planeten. Dies bedeutet, dass wir uns wieder verbinden und unsere Verbundenheit mit der lebendigen Erde verkörpern müssen, was eine nie da gewesene Kooperation und tiefe Achtsamkeit gegenüber allem Leben erfordert. Mit anderen Worten – den Akt des Dienens für die Gesundheit und das Wohlbefinden aller als den erleuchtetsten Weg zu uns selbst anzusehen.
Aktiv werden: Das können Sie tun …
Unternehmen Sie heute mal eine ganz konkrete Handlung, um die Umwelt zu erneuern und tiefe Achtsamkeit gegenüber allem Leben zu demonstrieren. Sie könnten z.B. einen Baum pflanzen, Mitglied in einem kommunalen Gartenverein werden, Blut spenden oder Müll vom Gehsteig aufsammeln.
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»Ein guter Mensch …«
von Constance Buffalo
Es gab eine Zeit, da hatten die Menschen vergessen, wie man sich gegenüber der Erde, ihren Geschöpfen und zueinander liebenswürdig verhält. Der Große Rat in der Geisterwelt hatte schließlich alle seine Hoffnungen in die Menschen fahren lassen. Die Menschheit hatte so viele Geschenke und Chancen erhalten, um ein Teil der Familie des Lebens zu werden, und doch dachten sie weiterhin nur an ihr eigenes Wohlbefinden und missachteten die Welt um sie herum. Sie nahmen sich mehr, als sie brauchten, und verschwendeten keinen Gedanken an die Älteren und Bedürftigen unter ihnen. Sie hatten ihre heilige Verwandtschaft und die wechselseitige Abhängigkeit von der Welt, in der sie lebten, vergessen.
Da beschloss der Rat, dass diese junge Spezies noch am folgenden Tage ausgelöscht werden sollte. Das große Adlerweibchen hörte ihre Worte im Nachtwind. Sie war über die Siedlungen hinweggeflogen und liebte die Verheißungen, die sie in so vielen Herzen erkannte. Ihr war klar, sie musste in das Dämmerlicht zwischen Nacht und Tag hineinfliegen und mit dem Großen Rat Zwiesprache halten.
Sie sagte: »Ich habe die Gebete gehört und in die Herzen jener geschaut, die in Gleichgewicht und Respekt zu leben versuchen. Ich habe den Rauch des brennenden Salbeis gerochen, während sie jeden Tag mit diesen Gebeten in ihren Herzen beginnen. Ich weiß, dass sie Liebe für ihre Welt in sich tragen und dass sie um Gnade und Hilfe bitten, damit ihre Beziehung mit der Schöpfung wachsen kann.«
Und an diesem Tage wurde beschlossen, dass, solange »ein guter Mensch« übrig sei, die Menschheit einen Platz im Kreislauf des Lebens haben sollte.
TRADITIONELLE CHIPPEWA-LEGENDE
Viele Jahre bestand meine berufliche Tätigkeit darin, herauszufinden, auf welche Weise die Erde und deren Bewohner zerstört werden können. Damals war ich Geschäftsführerin eines Unternehmens, das sich auf chemische und biologische Entgiftung spezialisiert hatte. Indem wir die Gefahrenstoffe erforschten, konnten wir die entsprechenden Gegenmittel herstellen. Vor diesem Hintergrund und der Tatsache, dass ich eine Angehörige des Stammes der Chippewa bin, hat vorstehende Legende eine besondere Bedeutung für mich. Vielleicht ist Ihnen mein Stamm ja auch unter dem Namen Ojibwa bekannt. Ich stamme von einem Chippewa-Stamm der nördlichen Wälder, der am großen Lake Superior, dem Oberen See, im Bundesstaat Wisconsin beheimatet ist. Unser Volk ist das viertgrößte unter den First Nations in den Vereinigten Staaten und das zweitgrößte Kanadas.
Ich überlebte jene Jahre unternehmerischer Spekulation in Sachen Zerstörung der Welt, indem ich zu meinen indianischen Anishinaabe-Lehren und Weisheitstraditionen zurückkehrte, die uns den Wert des Lebens als heiliges Geschenk lehren.
Damals lebte ich in Denver/Colorado. Eines Tages machte ich eine tiefe Erfahrung, die mich 156 Jahre in der Zeit zurückführte.
Ich fuhr durch die Berge Colorados und stoppte in der kleinen Ortschaft Kremmling, um dort zu übernachten. An der Rezeption von Bob’s Western Motel überkam mich ein heftiges Gefühl des Unbehagens. Ich erwähnte es gegenüber der Rezeptionistin, und diese vermutete, dass es womöglich von den Tiertrophäen herrühren könnte, die an der Wand des kleinen Büros hingen. Doch meine Gefühle waren wesentlich traurigerer Natur.
Schließlich entdeckte ich an der Wand einen alten indianischen Köcher und einen Bogen. Ein Gefühl des Schmerzes stieg in mir hoch, als die Rezeptionistin auf die Skalpe deutete, die über dem einen Ende des Bogens aufgehängt waren. »Die kommen irgendwo aus der Umgebung von Sand Creek«, erklärte mir die Frau. Ich verließ das Motel, vollkommen überwältigt von den Erinnerungen der Vergangenheit.
Sand Creek war der Name des Ortes, wo sich eines der grauenhaftesten Massaker an Indianern im Westen abgespielt hatte. Während der Stamm von Häuptling Black Kettle darauf wartete, ein neues Vertragspapier zu unterzeichnen, verließen die Männer das Zeltdorf, um nach Nahrung zu jagen, und ließen vor allem Frauen und Kinder zurück im Camp. Sie fühlten sich sicher, denn sie hatten in der Mitte des Camps eine amerikanische Flagge gehisst, und es gab zudem eine weiße Fahne, mit der sie ihre friedlichen Absichten signalisierten. Ohne ihr Wissen umzingelte Oberst John Chivington mit 675 Soldaten das Camp in der Nacht des 28. November 1864, und in den frühen Morgenstunden des darauffolgenden Tages eröffneten sie das Feuer. Sein Befehl lautete: »Tötet und skalpiert alle (Indianer), Erwachsene wie Kinder. Denn aus Nissen werden Läuse!«1
Sie töteten, skalpierten und verstümmelten sie in der Tat. Zwischen 130 und 150 Cheyenne und Arapaho fielen ihnen zum Opfer, ein Drittel davon waren Frauen und Kinder. Die geschändeten Körper wurden nach Denver gebracht, auf der Bühne des Apollo-Theaters aufgehängt und als Ware angeboten – einen Skalp konnte man für ein Paar Stiefel haben.
Diese Barbarei gegen ein friedvolles Indianercamp befeuerte die Vergeltung der Stämme im ganzen Westen und zerstörte die Aussicht auf Frieden und Versöhnung, die viele sich gewünscht hatten. Sowohl Gouverneur Evans, der den Angriff befohlen hatte, als auch Oberst Chivington brachte der Überfall Ruhm und