PETRAS. Hans-Dieter Schütt
Telefonate des Entsetzens. Tobende oder traurig sprachlose Ungespräche. Thomas Schmauser ist der hysterisch flatternde, brüllend unglückliche, tapsig ungeschickte Ehemann, der in seinen beruflichen Egoismen wie in einem Labyrinth umherirrt, und Anja Schneider, diese besondere Schauspielerin aus dem Grenzland von Schmiegsamkeit und Kühle, gibt eine einschneidend leidende Ehefrau. Der durchdringende Blick einer zutiefst Zeropferten; das beinahe bewegungslose Vibrieren einer gebeugten Mutter, der die Krankheit des Kindes gleichsam in den eigenen Körper wächst.
Ob Fritzi Haberlandt, ein Mädchenclown der Extraklasse, ob Peter Kurth, ein Zartkoloss erster Güte – nur zwei Weitere seien genannt für die Compagnien, die Petras landauf, landab, im „Nebendraußen“ (Peter Handke) des Mainstreams bildet, federnde Springinsfelde des tragikomischen, wunderlichen Funkelns. Petras witzelt, klettert, stürzt, labert, schweigt, lästert und würgt sich an Urtexten entlang. Hamlets Dänemark, in Kassel (Titelrolle Milan Peschel) war eine Hafenbar mit Würstchenstand. Pistolen ballern, keiner fällt um. Der Geist von Hamlets Vater klaut das Fahrrad von Laertes. Am Schlagzeug sitzt zum Schluss der skelettierte Tod. Des Prinzen Hauptsatz im tiefsten Theaterdunkel: Ich hab keine Idee. Der Satz ist Hamlets Gesicht und Schicksal. Der letzte Winkel, in die er sich verkriecht: die eigenen Mundwinkel. Wo der Rest, der hier nur rast, wirklich Schweigen sein darf. Utopie? Finaler Rettungsstuss.
Gern verbindet der Mensch das Datum seiner Geburt mit der leichtfertigen Behauptung, er sei zur Welt gekommen. Als dauere dies nicht lebenslang. Als stehe nicht fortwährend die Frage, wie man zur Welt und gleichzeitig zu sich selbst kommt. Durch die Welt hindurch? An ihr vorbei? Zur Welt zu kommen heißt, zur Vernunft kommen zu müssen – die dir irgendwann dein traurigstes Talent auf Erden klarmacht: zu kurz zu kommen. Die Wesen im Theater von Armin Petras stehen, wie gewurzelt, ohne Chance, zu entrinnen, oder aber sie rennen und rennen, sie offenbaren so das große Werk der Zeit, das uns von den Köpfen in die Füße sinkt: Wahre Tragödien haben Bodenhaftung. Der Mensch: Er soll sich aus allem nichts machen? Der spielende Mensch: Aus nichts kann er alles machen.
Szene Buch, Regie: Armin Petras, Münchner Kammerspiele 2015
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