Essen und Ernährungsbildung in der KiTa. Kariane Höhn

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wichtige rechtliche Grundlagen.

      2 Physische und psychische Entwicklungsvoraussetzungen für Essen und Ernährung

      Essen muss gelernt werden. Von Beginn an bringt der Mensch zwar schon zentrale Voraussetzungen für die Nahrungsaufnahme mit, als Säugling kann er aber nur begrenzt Nährstoffe und Speisen verarbeiten, weil die Organe z. T. noch nicht vollständig gereift sind. Ein Säugling oder Kleinkind (image Tab. 2.1) kann auch noch nicht selbstständig essen, weil die physischen Voraussetzungen noch nicht gegeben sind. Essen zu lernen ist zugleich mit der Entwicklung und Regulation von Emotionen und Motiven bzw. Bedürfnissen verbunden.

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      AlterBezeichnung

      Ein Verständnis dieser Voraussetzungen und deren Zusammenwirken ist eine wichtige Grundlage für die Förderung der physischen und psychischen Entwicklung sowie für Ernährungssozialisation und -bildung. Im Folgenden werden die dafür relevanten Grundlagen komprimiert dargestellt: die Entwicklung zentraler Verdauungs- und Stoffwechselorgane, der Motorik und der Sinne als physische Voraussetzungen (image Kap. 2.1), die Entwicklung der Emotionen und die lebenslange Verknüpfung von Essen und Emotionen (image Kap. 2.2) sowie der Zusammenhang zwischen Essen und Bedürfnisbefriedigung. Die unterschiedlichen Begriffe und Theorien werden auf den Bildungsbereich Essen und Ernährung bezogen und bewertet (image Kap. 2.3).

      Bei den Altersangaben werden die Entwicklungsphasen und -stufen berücksichtigt. Dabei ist jedoch zu beachten, dass Kinder in Abhängigkeit von ihren Entwicklungsbedingungen und -voraussetzungen (Kany & Schöler, 2010, Kap. 1.3 u. 1.4) in ihrer Entwicklung individuell sehr verschieden sein können (Montada et al., 2018, S. 28 ff.).

      2.1 Physische Voraussetzungen für Essen und Ernährung

      Ein Säugling verfügt bei Geburt zwar bereits über grundlegende Voraussetzungen für die Nahrungsaufnahme, dennoch muss er das Essen noch lernen. Um den Säugling dabei entwicklungsangemessen unterstützen zu können, sollten einige Erkenntnisse über seine Entwicklung beachtet werden.

      Wenn im Folgenden bei der aufs Essen bezogenen physischen Entwicklung das Alter angegeben wird, ist zu beachten, dass diese Altersangaben in der Regel auf Erfahrung beruhen und als Orientierung zu nutzen sind: In dem betreffenden Alter haben 90–95 % der Kinder den entsprechenden Entwicklungsschritt erreicht (Rosenkötter, 2021; zur »Normalität« und den notwendig zu differenzierenden Normen, wie statistische Norm, Idealnorm, Funktionalnorm, s. Kany & Schöler, 2010, S. 86 ff.; Schöler, 2019). Da Kinder verschieden sind und sich unterschiedlich entwickeln, sind solche Altersangaben immer mit Vorsicht zu nutzen: Einerseits können sie Hinweise auf den Entwicklungsstand geben, aufgrund der individuell sehr unterschiedlichen Entwicklungen sollten sie aber andererseits nicht vorschnell zur Diagnose einer Fehl- oder verzögerten Entwicklung führen (Manz, 2011, S. 63 ff.). Für alle im Folgenden beschriebenen Entwicklungen gilt daher immer, dass den Kindern ihre Zeit gegeben werden sollte, d. h. die interindividuelle Entwicklung verläuft in einer annähernd vergleichbaren Abfolge, aber unterschiedlich schnell (Montada et al., 2018).

      2.1.1 Pränatale Entwicklung

      Alle Sinne werden in der Embryonalphase angelegt und reifen unterschiedlich schnell und lang. Im letzten Schwangerschaftsdrittel sucht der Fetus z. B. Berührungsreize und vermag zu schmecken und zu hören. Zum Zeitpunkt der Geburt ist der Tastsinn am weitesten entwickelt, der Geruchs- und Geschmackssinn recht weit, das Gehör mäßig und der Gesichtssinn erst rudimentär entwickelt. (Manz & Manz, 2005, S. 88)

      So werden in Abhängigkeit von der Ernährung der Mutter die Grundlagen der Geschmacksakzeptanzen des Kindes gelegt – die »In-utero-Programmierung« (Ellrott, 2009a, 2009b). Mit 32 Wochen kann der Fötus darauf reagieren, wenn sich der Geschmack des Fruchtwassers verändert: Bei süßem Fruchtwasser schluckt er häufiger, als wenn Bitterstoffe im Fruchtwasser sind (Dr. Rainer Wild-Stiftung DRWS, 2008a; Krist et al., 2018; Manz & Manz, 2005; image Kap. 3.2). Zudem ist bereits pränatal der Geschmack mit dem Hören der Stimme der Mutter (und möglicher anderer Bezugspersonen) und dem ausgelösten (Wohl-)Befinden verbunden. Der Fötus empfindet schon Schmerzen, Berührungen und Lageveränderungen (Draganski & Thelen, 2018; Elsner & Pauen, 2018; Krombholz, 1999; Montada et al., 2018).

      Werden im Folgenden Geschmack und Geruch nicht einzeln genannt, sind mit Geschmack immer alle beteiligten Sinne gemäß der kulinarischen Definition gemeint


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