Turbo zum Traumjob: Der Zielgruppenbrief. Cornelia Riechers
sondern Sie können auch auf kurzem Weg zu Ihrem Traumjob kommen – ganz ohne die lästige Konkurrenz, die eine öffentliche Stellenausschreibung mit sich bringt.
Nehmen wir einmal an, eine Firma hat ein Problem, das sie mit eigenen Mitteln nicht lösen kann. Zunächst werden eine Reihe von Adhoc-Maßnahmen ausprobiert: Überstunden, Zeitarbeit, Fortbildung, externe Beratung und anderes. Wenn das Problem dann immer noch besteht, denkt man vielleicht schon vage darüber nach, einen neuen Mitarbeiter einzustellen. Aber dann muss noch der Bereichsleiter zustimmen, ein Budget muss bewilligt werden, eventuell hat auch der Betriebsrat ein Wort mitzureden, die Stelle muss zuerst intern ausgeschrieben werden ... Darüber vergehen Monate. Wenn Sie innerhalb dieser Monate einer Firma Ihre Mitarbeit anbieten, während die Probleme noch schwelen und noch bevor ein Stellenangebot veröffentlicht wird, dann haben Sie die Chance, der einzige Bewerber zu sein.
Auf den Leib geschneidert
Die Strategie des aktiven Zugehens auf Firmen birgt darüber hinaus einen weiteren Vorteil: So lange noch keine konkrete Stellenausschreibung existiert, bleibt Raum für Gestaltung. Sind Sie der passende Kandidat, dann berücksichtigt das Unternehmen meistens Ihre Wünsche bezüglich Aufgaben, Arbeitszeit und Arbeitsort – natürlich im Rahmen der eigenen Bedürfnisse. Die neue Stelle wird Ihnen sozusagen auf den Leib geschneidert.
In den folgenden Kapiteln erfahren Sie mehr über den Zielgruppenbrief und lernen, wie Sie dieses Instrument bei Ihrer Jobsuche wirkungsvoll einsetzen.
WOHER STAMMT DIE IDEE
Der Zielgruppenbrief geht auf Dr. Fritz Stoebe zurück, der später zum „Nestor des Outplacement“ in Deutschland wurde. Im Alter von 54 Jahren verlor er seinen Posten als Geschäftsführer. Konfrontiert mit den Schwierigkeiten der beruflichen Neuorientierung, entwickelte er ein systematisches Konzept der Jobsuche und machte es sich zur Aufgabe, auch anderen Betroffenen damit zu helfen. Die Idee der Zielgruppenbriefe entstand 1977 aus Stoebes Zusammenarbeit mit Wolfgang Mewes, dem geistigen Vater der EKS-Strategie. Bei dieser „engpasskonzentrierten Strategie“ geht es darum, dem größten Problem oder Schwachpunkt des Kunden den eigenen größten Nutzen entgegenzusetzen.
Stoebe brachte dazu immer gerne das Beispiel von David und Goliath. Offenbar empfand er die Jobsuche eines Mitte 50-Jährigen als genau so schwierig wie den Kampf des Hirten gegen den Riesen, mit derselben ungleichen Kräfteverteilung. Wie konnte der kleine David nun den großen Goliath besiegen? Indem er sich einerseits auf seine eigene größte Stärke besann – das war der Umgang mit der Steinschleuder – und andererseits überlegte, wo Goliath seine größte Schwäche hatte – nämlich an der Schläfe. Da ist der Knochen dünn und direkt dahinter das empfindliche Gehirn. Wie die Geschichte ausging, ist bekannt. Die daraus abgeleitete Konzentration der eigenen Stärken auf den Punkt der maximalen Wirkung beim Gegenüber hat sich seit fast 40 Jahren als Karrierebeschleuniger bewährt.
Wenn Sie als Bewerber die gleiche Strategie einsetzen wie David, dann wird Ihnen bald der Arbeitsmarkt wie Goliath zu Füßen liegen.
David besiegt Goliath
FÜR WEN LOHNT SICH DER ZIELGRUPPENBRIEF
Als Bewerber werden Sie sich auch schon manchmal wie David im Kampf gegen Goliath gefühlt haben. Wenn die üblichen Methoden – wie die Beantwortung von Stellenangeboten, die Aktivierung des Kontaktnetzwerks oder ein eigenes Stellengesuch – sich als schwierig erweisen, kann der Zielgruppenbrief die Lösung sein. Er bringt Sie unmittelbar mit Ihren Wunscharbeitgebern in Verbindung.
Das funktioniert bei Führungskräften genau so wie bei Spezialisten oder Facharbeitern. Auch spielt es keine Rolle, ob Sie Berufsanfänger sind oder schon etliche Jahre Berufspraxis vorweisen können. Wichtig ist allein, dass Ihr Zielgruppenbrief – ebenso wie Ihre anderen Bewerbungsunterlagen – ein authentisches Bild Ihrer Person vermittelt.
So wird sich der Brief eines Geschäftsführers zwar im Inhalt und vielleicht auch im Sprachstil von dem einer Lagerfachkraft unterscheiden, aber die Wirkung ist in beiden Fällen die gleiche.
Als ebenso treffsicher wie Davids Steinschleuder erweist sich der Zielgruppenbrief besonders in zwei Fällen:
Fall 1: Sie haben nicht das übliche Profil
Wenn Ihr Profil nicht die in Ihrem Wunschjob üblichen Anforderungen erfüllt, stoßen Sie bei Ihren Bewerbungen vielfach auf Hindernisse. Haben Sie beispielsweise als Bereichsleiter Vertrieb nicht das normalerweise erwartete Studium absolviert, sondern sind durch Ihre Erfahrung und Ihre Leistungen so weit gekommen, dann können Sie häufig nicht einmal das Online-Bewerbungsformular bis zum Ende ausfüllen. Sie bleiben hängen, wenn Sie keinen Studienabschluss in das vorgesehene Feld eintragen können, und weiter geht es dann nicht mehr.
Fall 2: Sie passen in keine Schublade
Noch schwieriger gestaltet sich die Stellensuche, wenn Sie als Bewerber in gar kein gängiges Schema passen. Dafür gibt es zahlreiche Gründe:
• Ihr bisheriger Berufsweg ist ungewöhnlich verlaufen.
• Sie haben Ihre langjährige Erfahrung in ganz verschiedenen Bereichen gesammelt.
• Sie streben eine andere als die bisherige Tätigkeit an.
• Sie wollen als Quereinsteiger in eine fremde Branche wechseln.
• Sie sind schon ein älterer Jahrgang.
In all diesen Fällen werden Sie bei der klassischen Bewerbung auf Stellenangebote selten zum Zuge kommen, weil andere Kandidaten häufig besser den vorherrschenden Erwartungen entsprechen.
Im Zielgruppenbrief hingegen bieten Sie Ihr Wissen, Ihre Fähigkeiten und Ihre persönlichen Stärken spezifisch ausgewählten Zielgruppen an – unabhängig von einer konkreten Stellenausschreibung. Von den angeschriebenen Firmen wissen Sie oder haben in Erfahrung gebracht, dass Ihr Know-how dort gebraucht wird. Das Angebot, das Sie in Ihrem Zielgruppenbrief machen, veranlasst den Empfänger zum Nachdenken, ob und wie sein Unternehmen einen so qualifizierten Bewerber gebrauchen kann.
Das passiert natürlich nur, wenn Sie den Nerv des Empfängers treffen und ihm sehr genau darstellen, wie Sie ihn bei der Bewältigung seiner Probleme unterstützen können.
WELCHE SCHRITTE SIND ZUR VORBEREITUNG NÖTIG
Vielleicht haben Sie schon von Freunden oder Bekannten gehört, dass deren Initiativbewerbungen ohne Resonanz blieben. Wenn Sie möchten, dass das bei Ihnen anders läuft, dass Ihre Zielgruppenbriefe aufmerksam gelesen werden und nicht in der „Rundablage P“ landen, dann ist gründliche Vorbereitung vonnöten. Die besteht aus fünf Schritten:
1. Berufsziel: Klären Sie als erstes Ihr berufliches Ziel – das, was Sie am liebsten beruflich machen würden. Seien Sie dabei konkret. Also nicht “etwas im Vertrieb”, sondern: “im Vertriebs-Außendienst für anspruchsvolle technische Produkte Firmenkunden gewinnen und betreuen”.
2. Problemlöseprofil: Überlegen Sie, welche Ihrer Stärken Ihnen bei der gewünschten Tätigkeit nützlich sein können. Fassen Sie diese Kompetenzen in einem speziellen Problemlöseprofil zusammen.
3. Zielfirmen: Stellen Sie fest, in welchen Firmen es entsprechenden Bedarf gibt. Das sind Ihre Ziel-Arbeitgeber.
4. Kundenbedarf: Beschäftigen Sie sich mit Ihrer Zielgruppe und erstellen Sie eine Liste, wo Ihre Ziel-Arbeitgeber derzeit den größten Bedarf und die dringlichsten Probleme haben.
5. Kundennutzen: Stellen Sie den Problemen Ihrer Zielgruppe Ihre eigenen Stärken und Problemlösefähigkeiten gegenüber. Daraus ergibt sich dann Ihr Nutzenangebot.
Jeder dieser Schritte erfordert größte Sorgfalt. Wie Sie dabei am besten vorgehen, verraten Ihnen die folgenden Kapitel.
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