Die ersten drei Jahre Christentum. Gerd Ludemann
der geschichtlichen Zuverlässigkeit der dort erzählten Begebenheiten. Die historischkritische Bibelauslegung hat erkannt, dass Lukas aus dem Gesichtswinkel einer späteren Zeit schreibt, und auf viel Unhistorisches in der lukanischen Darstellung hingewiesen. Eine sorgfältige Analyse von Apg 1,1–8,40 soll das klären und zugleich ermitteln, an welchen Stellen vielleicht doch historisch brauchbares Material vorliegt.
Kapitel 2 untersucht ausgewählte Abschnitte aus den Paulusbriefen, der anderen Quelle für die ersten drei Jahre Christentum. Hier ist die Ausgangslage anders als bei der Apostelgeschichte, denn Paulus war über weite Strecken selbst Augenzeuge und hatte persönlichen Umgang mit zahlreichen anderen Augenzeugen. Seine Bemerkungen über die ersten drei Jahre Christentum sind daher näher am zu beschreibenden Objekt als die des Lukas. Dieser gibt zwar u. a. »Augenzeugen« als Quellen an24, lässt sich aber in der Darstellung, abgesehen vom zeitlichen Abstand zum Geschehen, nachweislich stark von seiner eigenen Theologie leiten. Daher besteht von vornherein eine größere Aussicht, auf der Basis der von Paulus zitierten Überlieferungen und seiner eigenen Aussagen Zuverlässiges über die ersten drei Jahren Christentum herauszufinden. Doch ziehe ich ergänzend auch die in Apg 1,1–8,40 als zuverlässig erkannten Traditionen über die ersten drei Jahre Christentum heran und befrage zusätzlich die Evangelien des Neuen Testaments nach Material, das zu dem in den Paulusbriefen passt.
Kapitel 3 stellt unter der Überschrift »Jerusalem und Damaskus – zwei Hauptorte der ersten drei Jahre Christentum« das Ergebnis vor: Zeitgleich gab es am Anfang der Kirche eine christliche Gemeinde in Damaskus und eine in Jerusalem, deren Praxis und Glaube sich deutlich voneinander unterschieden. Vor allem die Paulusbriefe erlauben, wichtige Merkmale dieser beiden Gemeinden herauszuarbeiten, ihr gegenseitiges Verhältnis zu klären und so Grunddaten der ersten drei Jahre Kirchengeschichte zu erheben.
Drei Anhänge vertiefen das Thema des Buches. Anhang 1: »Der historische Wert der Apostelgeschichte« schildert die Geschichte der Erforschung der Apostelgeschichte und untersucht den historischen Wert ausgewählter Texte außerhalb von Apg 1–8. Anhang 2: »Zum Missverhältnis zwischen Theologie und Geschichte im lukanischen Doppelwerk und im Alten Testament« schärft den Blick für die theologischen Interessen, die Lukas bei der Darstellung geleitet haben, und überprüft seinen Anspruch, sachgemäß und historisch genau zu berichten.25 Anhang 3: »Abriss einer Pauluschronologie« erläutert zwei heute übliche Methoden, Lebensdaten des Apostels und Abfassungszeiten seiner Briefe zu errechnen.
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