Familienglück im zweiten Anlauf. Dorothee Döring

Familienglück im zweiten Anlauf - Dorothee Döring


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Wut, Selbstzweifeln und somatischen Beschwerden leiden, empfinden Männer das Scheitern einer Liebe oft als persönliches Versagen und als Gesichtsverlust. Während Frauen durch ihre Trauer den erlittenen Verlust verarbeiten, sind Männer eher Verdrängungskünstler und suchen meist sofort eine neue Partnerin.

      Die meisten Menschen brauchen Zeit, um sich ein Leben ohne den ehemaligen Partner vorstellen zu können. Manche bleiben aber in der Opferrolle stecken und damit in der Vergangenheit. Sie verharren fortan in Gedanken: „Wie konnte er mir das antun. Nie mehr werde ich einen Menschen finden und mit ihm glücklich sein.“ Das ist schade, denn jeder Mensch kann lernen, eine Trennung zu akzeptieren, seinen Trennungsschmerz zu überwinden und seinen Blick wieder auf die Zukunft zu richten.

      Der Vollständigkeit wegen sei noch darauf hingewiesen, dass Paare sich auch einvernehmlich trennen können. Beide Partner kommen zu der Beurteilung, dass sich ihre Lebensvorstellungen zu weit voneinander entfernt haben, dass man sich entfremdet hat und dass es deshalb besser sei, sich zu trennen. Aber, selbst wenn sich die Partner einig sind, dass die Fortsetzung der Lebensgemeinschaft wenig Sinn ergibt, ist für sie die Trennungszeit bis zum Vollzug der Scheidung sehr schmerzhaft.

      Eine Scheidung tut auch in wirtschaftlicher Hinsicht weh. Beide ehemaligen Partner spüren den Mangel: Das Familieneinkommen wird geteilt und muss nun für zwei Haushalte reichen. Ein Scheidungsanwalt gebrauchte dafür ein treffendes Bild: Die Decke, die zuvor zwei Menschen wärmte, wird in der Mitte zerschnitten, mit der Folge, dass jeder ein bisschen friert (siehe hierzu im Anhang: „Neuregelung des Ehegattenunterhaltes“).

      Scheiden tut nicht nur den Erwachsenen weh, sondern vor allem den betroffenen Kindern.

      Durch die Scheidung der Eltern verändert sich die gesamte Lebenssituation der Kinder dramatisch. Sie müssen nicht nur die Trennung der Eltern hinnehmen, sondern in der Folgezeit oft auch mit neuen Partnern ihrer Eltern zurechtkommen. Wohnungs- und Schulwechsel, materielle Einschränkungen, Besuchsregelungen und vieles mehr müssen sie verkraften. Dabei sind sie einem Wechselbad von Gefühlen wie Wut, Trauer, Scham, Angst und Schuld ausgesetzt.

      Eine Trennung der Eltern bedeutet für das Kind den Verlust der bisherigen Lebensgrundlage, die sich im Zusammenleben mit Mama und Papa manifestierte. Eine Akzeptanz der neuen Situation durch das Kind ist sicher von seinem Alter und seiner Reife abhängig. Für Kinder im Kindergartenalter und darunter ist das Verhalten der Eltern unverständlich und Angst auslösend. Ältere Kinder können die Trennung der Eltern als notwendige Entscheidung erkennen, da sie selbst unter der spannungs- und aggressionsgeladenen Atmosphäre zu Hause leiden. Trotzdem hat jede Veränderung für Kinder jeder Altersstufe etwas Bedrohliches, Unbekanntes und sie sehnen sich nach einer heilen Familie, in der sich Mama und Papa gut verstehen.

      Der Prozess der Trennung (bzw. Scheidung) verläuft in drei Phasen:

      1 Die Vortrennungsphase: Der Prozess zunehmender Unzufriedenheit mit dem Partner, der schließlich zu der Erkenntnis führt, dass eine Trennung unumgänglich ist.

      2 Die Trennungsphase: in der die notwendigen Schritte einer Trennung vollzogen werden wie Hausrats- und Vermögensaufteilung, Sorgerechtsregelung, Wohnungsauflösung usw.

      3 Die Nachtrennungsphase: d. h. die Zeit nach vollzogener Trennung.

      Die Vortrennungsphase ist für Kinder verunsichernd. Sie haben Angst und glauben sogar, schuld daran zu sein, dass die Eltern sich ständig streiten. Aber auch, wenn sich die Eltern nicht offen streiten, bekommen Kinder schwelende Konflikte und latente Aggressionen der Eltern mit. Dann kommen in ihnen quälende Fragen und beunruhigende Gedanken hoch: Was ist mit meinen Eltern los? Was haben sie vor? Und was habe ich falsch gemacht, dass sie sich so verhalten?

      Das Wechselbad der Gefühle der Eltern verunsichert die Kinder. Sie fühlen sich ohnmächtig und spüren, dass sie kaum Einfluss auf das haben, was geschieht. Da die Eltern im kindlichen Denken einfach zusammengehören, wirkt eine mögliche Trennung wie eine unfassbare Bedrohung ihrer eigenen Existenz.

      Während der Trennungsphase gehen die dunklen Vorahnungen der Kinder in Gewissheit über, dass sich die Eltern trennen werden. Manche empfinden es fast als eine Erleichterung, dass die Zeit des Zweifelns und der Ungewissheit vorüber ist, andere klammern sich an die Hoffnung, dass die Eltern noch einmal zueinander finden könnten und reagieren mit Ungläubigkeit und Nichtakzeptanz der Situation.

      In der Nachtrennungsphase werden Kinder ebenfalls verunsichert, nämlich durch das veränderte Erziehungsverhalten der Eltern: Eltern haben wegen der Scheidung gegenüber ihren Kindern Schuldgefühle, aus denen heraus sie Grenzen nicht konsequent setzen und Dinge durchgehen lassen, die eigentlich einer Korrektur bedürften. Besonders der Elternteil, der seine Kinder nur am Wochenende oder in den Ferien sieht, hat Angst davor, die Liebe seines Kindes zu verlieren, und neigt dazu, sein Kind zu verwöhnen.

      Da Kinder ohnehin wie Seismographen auf die Gefühls- und Stimmungslage sowie auf Unsicherheiten der Eltern reagieren, sollten diese in aller Offenheit mit ihren Kindern reden und ihnen klarmachen, dass sie selbst auch die Trennung verarbeiten müssen. Gleichzeitig sollten sie ihnen aber auch die Zuversicht vermitteln, dass man die neue Situation gemeinsam, trotz aller Unsicherheit bewältigen wird.

      Verlassene Mütter oder Väter sind oft so schwer verletzt oder wütend über den Ex-Partner, dass sie vergessen, dass Kinder beide Elternteile lieben. Wenn Eltern ihren eigenen Frust bei ihrem Kind ablassen, den Partner schlechtmachen, fühlen sich die Kinder noch verzweifelter. Sie verstehen gar nicht, warum Papa oder Mama plötzlich böse sein soll. Einige Eltern erwarten sogar, dass ihr Kind Partei ergreift, setzen es unter enormen psychischen Druck und bringen es in einen Loyalitätskonflikt.

      In dieser Phase kann es zu weiteren Abschieden und Verlusten kommen: Meist ist eine Trennung auch mit einem Wohnsitzwechsel verbunden. Dann verliert das Kind wieder ein Stück Vertrautheit: seine Wohnumgebung, die Schule, den Kindergarten und vor allem seine Freunde. Manchmal hat das Kind nun auch mehr Verantwortung z. B. im Haushalt zu übernehmen und ist in manchen Situationen viel mehr auf sich gestellt, weil die Mutter gezwungen ist, für den Familienunterhalt zu sorgen.

      In der Nachtrennungsphase erleben Trennungskinder ihre Eltern als Einzelwesen. Das Ende der Elterlichkeit bemerken sie darin, dass Vater und Mutter sie nicht mehr gemeinsam erziehen. Die Übergabe der Kinder an den besuchsberechtigten Elternteil verdeutlicht die unabänderliche Trennung besonders schmerzhaft. Nicht selten haben Kinder dabei das Gefühl, dass sie sich zwischen Fronten bewegen – einschließlich der Risiken, die damit verbunden sind.

      Sabrina, 18:

      „Nur zu gut kann ich mich erinnern, als mich meine Mama mit Tränen in den Augen ansah und zu mir sagte: „Sabrina, Papa und ich werden uns trennen!“ Ich hatte es irgendwie schon geahnt, dass sich meine Mutter und mein Vater nicht mehr verstehen. Das konnte man auch nur zu gut hören. Immer diese ständigen Streitereien und diese Tränen. Kein Kind will so etwas wahrhaben. Doch irgendwann kommt die Zeit, wo nichts mehr so sein kann wie früher und sich das ganze Leben verändert. Ich war erst 10. Doch schon mit diesem Alter kann sich das ganze Leben verändern, als würde man schon erwachsen sein und ein neues Leben beginnen.

      Nichts ist so, wie es früher einmal war. Alles ist anders. Ich bin in ein tiefes, dunkles Loch gefallen, wie viele andere Scheidungskinder auch. Für mich war immer klar, dass ich bei meiner Mama bleiben würde. Ich hatte immer schon den besseren Bezug zu ihr. Diese Zeit war aber trotz allem sehr schlimm für mich, weil ich mit meiner Mutter in einen anderen Ort umzog, meine Freundinnen verlor, mich von meinen zwei Brüdern trennen musste und meinen Vater nur noch selten sah. Zu dieser Zeit war ich froh, dass ich meine Mutter hatte. Wir haben sehr viel zusammen unternommen und wir waren uns sehr nahe.

      Meine Eltern wollten mit Geschenken etwas gutmachen. Es ging mir wirklich gut, und bei meiner Mutter fehlte es mir auch an nichts. Alle hatten das Gefühl, dass es mir wieder besser gehen würde und ich alles gut überwunden hätte.

      Als ich dann 13 Jahre alt war, kam der nächste tiefe Fall. Meine Eltern fanden beide


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