Erfahrungen in einem sozialen Netzwerk. Edith Zeile

Erfahrungen in einem sozialen Netzwerk - Edith Zeile


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eingeschränkt durch den Faktor Zeit und vielleicht auch durch das fehlende technische Know-how.

      Aber immerhin! Oft genügt der erste Blick, wenn man einem netten Mann oder einer reizenden Frau begegnet.

      So war es auch hier: Kurz nachdem ich mich eingeloggt hatte und mir ein Spruch für die Profilseite eingefallen war, fiel mir das helle Profil eines Mannes am SCHWARZEN BRETT ins Auge, der auch einen originellen Spruch der lesenden Gemeinde mitteilte.

      Spontan machte ich ihm – um die Kommentarfunktion auszuprobieren – ein Kompliment. Seine lakonische Antwort: Ich sollte mich doch zuerst mal outen!

      So fing es also an. Glücklicherweise bin ich jemand, der auf Zurechtweisungen, Kritik oder andere Formen gepflegter verbaler Aggression wie Ironie oder Sarkasmus mit der überproportionalen Gelassenheit des Alters reagiert. So auch hier. K.L. verschwand fortan völlig unter den 90.000 schweigenden Mitgliedern der Community.

      Die anderen 9.000, die sich gelegentlich einbringen, und die 1.000, die laut Mitteilung des SB-Team regelmäßig für Unterhaltung sorgen, erlebe ich als sehr tolerant, liebenswürdig, hie und da bärbeißig, mitunter auch ein wenig zickig.

      Außerordentlich hoch ist der „Verwöhnfaktor“ anzusetzen, der durch „Lesenswert“-Klicks und die Grußfunktion aktiviert werden kann.

      Es ist durchaus hilfreich, den Gesprächston mit anderen Communities zu vergleichen. Ich kann da nur auf den Chatroom Science bei AOL, ein Philosophie-Forum, einen Zeitungs-Blog und Facebook zurückgreifen.

      Im Philosophie-Forum fand ein Gemetzel in Worten statt. Der bekannte Astrologe Reinhold Ebertin wurde, nachdem er das Wort „Reinkarnation“ leichtfertig in die Debatte geworfen hatte, regelrecht gelyncht. Er verließ wortlos – und damit sehr weise – die Gruppe. Verglichen mit solchen Erfahrungen verdient Seniorbook einen Preis in Sachen Höflichkeit!

      In einer realen Stadt leben Menschen mit unendlich vielen verschiedenen Begabungen. Bei SB lässt sich genau dasselbe feststellen. Man kommt aus dem Staunen nicht heraus:

      Fangen wir nur einmal mit dem SCHWARZEN BRETT an, das ja im Grunde aus mehreren Brettern besteht, damit die verschiedenen kreativen Erzeugnisse ordentlich aufgehängt werden können. Denn Ordnung muss schon sein – bei diesem kreativen Chaos!

      So kann man neben Aphorismen Zitate von Einstein oder Khalil Gibran lesen, man kann langatmige, phantasievolle, witzige, schwärmerische, frivole bis vulgäre Gedichte lesen, unendlich viele Limericks produzieren.

      Es gibt Rätsel, die nicht nach dem Namen von Käfern fragen, sondern mathematische Akrobatik erfordern, um die Schnelligkeit der Krabbelei von Käfern berechnen zu können. Rätsel, an denen man verzweifelt und sich vor sich selber nur mit seinem hohen Alter entschuldigen kann, und einfache, die einen zum schnellen „Sieger“ machen.

      Rätsel sind natürlich nicht nur zum Spielen gedacht. Es gibt ja so viele Lebensrätsel, die vielleicht noch kurz vor dem Tod gelöst werden könnten:

      Fragen am SCHWARZEN BRETT zu den vielen Geheimnissen von Mann-Frau-Beziehungen oder dem schillernden Wort „Zufall“ oder eine Überlegung zu den Vorzügen de Alters.

      Und dann die Werkstätten! Eine Schreib-, eine Mal- und eine Demokratie-Werkstatt!

      GESCHICHTEN, DIE DAS LEBEN SCHREIBT – wie viele Schriftsteller sind da zu entdecken! Spannende Krimis, Erzählungen voll knisternder Erotik, wunderbare exotische Reiseberichte neben makabren, grauenhaften Schilderungen von Vergewaltigung und sadistischen Abenteuern.

      Für Augen-Menschen – der russische Arzt Mirsakarim Norbekov nennt da insbesondere die Männer – gibt es eine zauberhafte FOTOWAND und Hunderte von Mitglieder-Portraits.

      Ich sah einmal eine geheimnisvolle Katze mit eng stehenden Augen, ein Tierportrait aus der Malwerkstatt, und herzförmige weibliche Pos – wer saß da Modell?

      Natürlich ist auch die THEMENWELT nicht zu vergessen, wo wiederum in zahllosen Rubriken längere Beiträge veröffentlicht werden können. Exzellente SB-Autoren geben Denkanstöße, und die SBler reagieren spontan mit großer Offenheit, Ehrlichkeit, erstaunlicher Sachkenntnis oder manchmal auch nur mit vier Emoticons hintereinander, dem Ansturm der Gefühle sozusagen ausgeliefert. Mitunter ergeben sich 900 Stellungnahmen, wenn das Thema das erfordert oder zulässt.

      Man lernt sich kennen, die Einstellung des anderen prägt sich ein, vielleicht deckt sie sich mit der eigenen, der Blick auf das Foto und den Namen folgt, und schon entsteht auf der inneren Leinwand eine Persönlichkeit.

      Die Fähigkeit der Imagination wird geschult, birgt natürlich auch Gefahren. Neugierde stellt sich ein, der Wunsch, das Bild im Inneren mit dem Bild im Außen zu vergleichen – und schon meldet man sich bei einem User-Treffen an.

      Es geht natürlich noch direkter. Da hat doch jemand tatsächlich das Wort von der Single-Börse ans SCHWARZE BRETT geheftet, und prompt gab es ganz konkrete Kontakt-Anzeigen mit Angabe des Gewichts (!) :-) usw.

      Warum denn nicht? Es sind blutjunge 50-jährige in diesem Kreis, warum sollten sie (und andere) nicht diese Gelegenheit nutzen, sich einen weiteren Lebensabschnittspartner zu suchen? Sich die nächsten 50 Jahre versüßen (oder versalzen?), kann doch auch eine Option sein. :-)

      Sie sehen, ich schreibe schon wieder zu viel. Ich bin ein wenig süchtig geworden wie die meisten hier unter uns.

      Das ist die zweite Gefahr. Die erste ist, die Welt der Phantasie mit der Welt der Realität gleichzusetzen.

      Die zweite ist, dem Zauber der virtuellen Welt zu verfallen. Geistige Kontakte sind oft gefährlicher als physische, sagen wenigstens die Theosophen, und ich denke dabei an meine eigene zehnstündige Tagessucht (vor Jahren) zurück.

      Heute sind es erst zwei Stunden täglich! Zwei Stunden, in denen die Welt neue Geheimnisse preisgibt, neue interessante Menschen ins Leben kommen, neue Rezepte, neue Litertaturtipps, neue Anregungen.

      Wenn man neu-gierig bleibt – das ist wichtig im Alter! – bleibt man ewig jung!

      Danke, liebes SB-Team – für dieses schöne Geschenk an die ewig jungen Alten!

       Seniorbook = Jahrmarkt der Eitelkeit

      William Thackeray gelingt mit seinem Sittenroman „Vanity Fair“ ein Panoramabild der englischen Gesellschaft im ausgehenden 18. Jahrhundert.

      Im Zentrum des Romans stehen zwei Frauen sehr unterschiedlichen Temperaments, um die eine Vielzahl von Männern kreist. Eine thematische Konstante ist die menschliche E i t e l k e i t.

      Indem er die Figur eines Erzählers einführt, erscheint dem Leser das Geschehen wie ein Puppenspiel.

      Ist es nur Zufall, dass mir dieser Roman, den ich vor Jahren einmal las, und vor allem sein Titel immer wieder einfällt?

      Noch vor Monaten war ich von Seniorbook begeistert:

      Das war das Stadium des Rausches: So viele interessante Menschen, Fotos, Themen! Wer einmal an einer Gruppentherapie teilgenommen hat oder in einem Fußballstadion saß, kennt dieses überwältigende Gefühl, Teil eines größeren Ganzen zu sein. Und bei SB ist man ja in touch with the world :-)

      Jetzt – nach einem halben Jahr und der Eingliederung vieler jüngerer User – habe ich genügend Distanz gewonnen, kann mich zurücklehnen, das Foto einer älteren Frau anschauen, die sich den überraschten, neugierigen, lüsternen, entsetzten Blicken anbietet …

      Stadium 2: Ernüchterung.

      ***

      Bei SB, diesem „Jahrmarkt der Eitelkeit“ zeigt sich jeder, weil er gesehen, gehört, geliebt und verstanden werden will.

      Das Netz hat längst alle zu Selbstdarstellern gemacht. Jeder hat in den Jahren seiner Netzauftritte die eigenen Stärken und Schwächen kennengelernt und vermarktet sich entsprechend.

      Oft ist nicht mehr als ein Kuss-Smiley nötig, um mehr als 500 Kommentare zu erhalten,


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