I L.I.K.E. my job. Reinhard Lindner
In der Zen-Lehre bedeutet Meditation: dem Moment Qualität geben. Im Tao spricht man davon, die Unmittelbarkeit des Augenblicks zu erleben. Folgendes Beispiel veranschaulicht das Wesen von Tao: Leute sitzen in einem Bus und fotografieren ganz aufgeregt eine wunderschöne Landschaft. Ein Fahrgast bleibt sitzen und fotografiert nicht. Er wird gefragt, warum er denn nicht fotografieren möchte. Worauf der Gast antwortet, er schaue sich die Landschaft gleich hier und jetzt an und genieße den Augenblick. Die Masse der Menschen fotografiert lieber und geht dabei an der Schönheit des Augenblicks vorbei.
Meditation heißt, dem Moment die volle Aufmerksamkeit zu schenken. In das Hier und das Jetzt gänzlich einzutauchen, mit maximaler Präsenz. Wenn es Ihnen beispielsweise gelingt, Ihren Espresso so zu trinken, dass Sie sich voll und ganz auf das Trinken oder noch besser das Genießen des Kaffees konzentrieren, ohne dass Sie ein Gedanke aus der Vergangenheit oder der Zukunft ablenkt oder belastet, meditieren Sie bereits. Fünf Minuten gedanklich beim Kaffee zu bleiben, wie er riecht, wie er schmeckt, was er bewirkt, wenn Sie ihn Schluck für Schluck genießen, vielleicht sogar schätzen und dafür dankbar sind, und Sie dürfen sich bereits als Meister der Meditation bezeichnen. Wenn Sie es schaffen, mit Ihrem Kind oder Enkelkind 15 Minuten zu spielen und dabei in die Welt des Kindes eintauchen, ihm Ihre ganze Aufmerksamkeit schenken, ohne dass Sie ein anderer Gedanke beschäftigt, meditieren Sie im Sinne von Zen bereits auf einem sehr hohen Niveau. Sie werden feststellen, es ist nicht so einfach, den Fokus auf eine Sache zu legen, in ein Thema ganz tief einzutauchen und maximale Präsenz zu zeigen. Während eines Mitarbeitergesprächs als Führungskraft Ihrem Gegenüber das Gefühl zu geben, diese Zeit widmen Sie voll und ganz Ihrem Mitarbeiter, ist pure Wertschätzung. So bekommt das Gespräch Qualität und es entsteht Vertrauen. Wenn Mitarbeiter ihrer Führungskraft vertrauen (und natürlich auch umgekehrt), trägt dies wesentlich zu einer guten Unternehmenskultur bei. Bringen Sie diese Fähigkeit der Präsenz auf die nächste Ebene, also von einem Einzelgespräch in ein Teammeeting oder in einen Strategieworkshop, wird der Hebel nochmals um einiges größer und Sie sind effektiv. Insofern ist es absolut berechtigt und nachvollziehbar, dass Intuition und Meditation so erfolgsentscheidende Fähigkeiten von Führungskräften sein werden und es in der Gegenwart bereits sind.
Meditation schafft Resilienz
„Er sagt – und ist stolz darauf – er geht in
seinen Pflichten auf. Bald aber, und nicht ganz so munter,
geht er in seinen Pflichten unter.“ [Eugen Roth]
Resilienz ist im letzten Jahrzehnt zu einem der stärksten Kaufmotive geworden. Was macht uns stärker, stresssicherer, widerstandsfähiger, also resilienter? Der Wohlstand unserer Gesellschaft hat ein noch nie dagewesenes Niveau erreicht. Pro erwachsenem Familienmitglied ein Auto, pro Zimmer ein Flat-Screen und pro Quartal ein Urlaub, zumindest ein Kurzurlaub oder ein Städtetrip, wenn auch nur zum Einkaufen, prägen unseren Lebensstil. Es geht uns also so gut wie noch nie. Und dennoch nimmt die Zahl der psychisch Erkrankten ständig zu. Burnout ist zur Volkskrankheit Nummer 1 geworden.
Mit 308,3 Arbeitsunfähigkeitstagen je 1.000 Mitglieder entfielen laut Statista Deutschland im Jahr 2018 die meisten Burnout-Krankheitstage auf Führungskräfte im Verkauf. Zusammen mit Berufen im Dialogmarketing und in der Altenpflege gehören die Verkäufer zum wiederholten Male zu den „Burnout-anfälligsten“ Berufsgruppen. Der Wert liegt dabei zweieinhalb Mal höher als der Durchschnitt unter AOK-Mitgliedern. Auch die Diagnosehäufigkeit hat sich in den letzten Jahren drastisch erhöht: Wurde im Jahr 2005 durchschnittlich 1 Fall von Burnout je 1.000 Mitglieder diagnostiziert, waren es 2018 bereits 5,7 Fälle.
Burnout, erstmals 1974 von dem Psychologen Herbert Freudenberger als „Zusammenbruch aufgrund von Überarbeitung oder Stress“ erwähnt, galt lange als Manager- und Workaholic-Krankheit: Es ist der große Zusammenbruch, das Feuer, das nach Jahren oder Jahrzehnten der Überarbeitung ausgeht, so zumindest wurde das Burnout-Syndrom in den Medien lange Zeit dargestellt und bekannt gemacht.
Burnout ist in Deutschland keine eigenständige Diagnose, es wird von Ärzten unter dem Kürzel Z73 zusammengefasst. Z73 steht für „Probleme mit Bezug auf Schwierigkeiten bei der Lebensbewältigung“. Mittlerweile ist Burnout längst keine reine Managerkrankheit mehr, auch Berufseinsteiger leiden unter Überforderung und Stress. Sind Millennials wirklich mehr erschöpft als andere? Kann man überhaupt ausbrennen, bevor man richtig gebrannt hat?
Anfang des Jahres löste die amerikanische Journalistin Anne Helen Petersen mit ihrem Essay „How Millennials Became the Burnout Generation“ eine Diskussion über das Burnout-Syndrom bei jungen Menschen aus. Sie beschreibt in ihrem Artikel eine Generation, die zwar ehrgeizig, perfektionistisch und beruflich erfolgreich ist, aber reihenweise an den einfachsten täglichen Aufgaben – Rechnungen bezahlen, Arzttermine ausmachen, Stiefel zum Schuster bringen und wieder abholen – scheitert. Sie nennt es „errand paralysis“, Erledigungslähmung. „Es (das Burnout) ist unser Leben“, schreibt sie in ihrem Artikel. Die Hintergrundmusik, vor der das Leben ihrer Generation stattfinde, die Basistemperatur ihrer Körper.
Andere Studien, die sich nicht auf das Burnout, sondern auf das allgemeine Stresslevel beziehen, bestätigen ebenso die These der überforderten Millennials. Bei jedem dritten amerikanischen Studenten wurde in den Jahren 2016 und 2017 eine psychische Krankheit diagnostiziert, fand eine US-weite Umfrage heraus. Eine ähnliche Tendenz zeigt sich in Deutschland. Eine Studie, die der AOK-Bundesverband 2016 in Auftrag gegeben hat, ergab: 53 Prozent der mehr als 18.000 befragten Studierenden stehen unter starkem Stress.3
Meditation ist ein Zugang zu vorhandenen Ressourcen und eine Kraftquelle, um die eigene Resilienz zu stärken. Die Annahme, Meditation sei nur etwas für Mönche und Esoteriker, ist längst überholt. Denn regelmäßiges Meditieren stärkt nicht nur unser mentales Immunsystem, sondern wirkt sich auch positiv auf unseren beruflichen Erfolg aus.
In Asien ist Meditieren quasi so alt wie die Menschheit selbst. Schon seit Jahrtausenden ist es in vielen Kulturen und Religionen eine weitverbreitete Praxis. In den fernöstlichen Traditionen dient das Meditieren dazu, Erleuchtung zu finden oder das Nirwana zu erreichen. In christlichen, islamischen oder jüdischen Traditionen meditieren die Menschen, um dem Göttlichen näher zu sein.
Wir sehen eine klare Tendenz, dass das Meditieren auch außerhalb des Religiösen immer mehr Verbreitung und vor allem auch Anerkennung findet. Diese spirituelle Praxis soll dazu beitragen, mit sich selbst in Einklang zu kommen, den Weg nach innen anzutreten, den Geist zu leeren und Wohlbefinden herzustellen.
Wie geht Meditation?
Die Ergebnisse des Max-Planck-Instituts für Hirnforschung bestätigen, dass die besten Zeiten zum Meditieren morgens und abends sind. Dies ist leicht erklärbar. Morgens beeinflussen wir so die Grundstimmung des Tages. Das bedeutet, wenn wir ruhig und entspannt in den Tag starten, geben wir Stress weniger Chancen, an uns heranzukommen, und abends steuern wir durch Meditation Lernprozesse für den Schlaf. Natürlich gibt es unzählige Bücher für alle Entwicklungsstufen und Anwendungsbereiche der Meditation. Die Resilienz Akademie liefert hier eine sehr praktikable Anleitung in wenigen Schritten:4
− Schaffen Sie sich eine Meditationsinsel:
Ein ruhiger Rückzugsort hilft Ihnen, die Konzentration vollständig auf sich zu lenken. Es ist ratsam, wenn Sie in der Anfangszeit stets denselben Ort wählen. Die vertraute Umgebung und Situation erleichtern den Einstieg in die Reise nach innen. Wählen Sie einen Ort, an dem Sie sich wohl und ungestört fühlen.
− Nehmen Sie eine bequeme Haltung ein:
Der Klassiker der Meditationshaltungen ist wohl der Schneidersitz. Auch der ist allerdings kein Muss. Sie können im Fersensitz oder gar auf einem Stuhl sitzen. Sogar das eher untypische Liegen ist möglich. Egal wie Sie sich positionieren, achten Sie darauf, dass die Haltung bequem ist und Sie lange darin verweilen können. Wenn Sie sitzen, achten Sie zusätzlich auf eine aufrechte Haltung (kein Rundrücken oder kollabieren der Wirbelsäule). Das erleichtert das Atmen und schont Ihren Rücken. Hierfür können Sie beispielsweise ein Meditationskissen zu Hilfe nehmen. Achtung: Beim Sitzen soll kein falscher Ehrgeiz aufkommen. Wenn es schmerzt, eine bequemere Sitzposition einnehmen.
− Finden Sie Ihr inneres/drittes