Mord in der Harrer-Klinik. Gerd Hans Schmidt

Mord in der Harrer-Klinik - Gerd Hans Schmidt


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Frau wirft ihre Tasche über die Schulter, zwinkert Herbert zu und geht rasch zu den Stallungen.

      Was war etz des, fragt sich Herbert.

      Ilse Merkel und Herbert sitzen bei mir im Krankenzimmer. Mein Privatzimmerservice hat uns den guten Kaffee vom fünften Stock gebracht. Ilse beschwert sich, dass das Parkhaus hier ständig belegt und vor der Tür kein Platz zu finden ist. Das sei nervend.

      »Menzinger heißt der Reithans? Kräftig, gut gebaut, Haare eher dunkel? Mensch, ihr müsst herausfinden, ob der was mit meinem schönen Dr. Menzinger zu tun hat! Ilse, bitte mach das gleich morgen!«

      Was meinte das junge Ding in dem Käfer damit »es gibt viele tolle Reiter hier!« Herbert führt fast ein Selbstgespräch.

      »Na Herbert, wenn du’s wissen willst, finds’d des scho raus! Gell?« Ein wenig fränkisch ist auch mir geläufig. Ich kann die Äußerung des Mädchens aber zu diesem Zeitpunkt auch nicht so recht einordnen und finde das eher unwichtig.

      »Wir halten dich auf dem Laufenden, Wolff.«

      Als sich die beiden verabschieden, beugt sich Ilse zu mir herunter und gibt mir einen Kuss auf die Stirn. Herbert pfeift verschmitzt.

      Der Spätschichtpfleger verabschiedet sich.

      »Das mit den Parkplätzen hier ist nicht so prickelnd«, versuche ich noch ein Gespräch zu beginnen.

      »Parkplätze? Das können Sie hier vergessen. Morgens ist das Parkhaus voll, keine Chance. Und in den umliegenden Straßen ein absolutes Glücksspiel. Ich komme entspannt mit U-Bahn und Tram, ist halt nur nachts nicht so angenehm. Da fahren schon seltsame Typen durch die Stadt. Mein Kleinwagen ist hier vor der Tür fehl am Platz, noch dazu wenn rote Ferraris sogar die Feuerwehrzufahrt versperren.«

      Nämberch halt, denke ich mir.

      Trotz Multimediaausstattung auf dem Zimmer ist mir heute nach einem kurzweiligen Gespräch zu Mute. Auf der Station neben dem Schwesternzimmer gibt es einen Patientenbereich mit Sitzgelegenheiten und kleinen Tischen, wo ich, wenn ich Glück habe, heute Abend ein solches finde. Ein Gymnasiallehrer mit neuem Knie ist mein Opfer. »Kriminalität an Schulen« kommt bei unserer Kombination heute als Thema ’raus. Ich hätte doch auf meinem Zimmer bleiben sollen.

      Gegen 20.30 Uhr humple ich mit meinen Krücken zurück.

      Mein Gymnasiallehrer liegt zweiter Klasse und verabschiedet sich nach rechts. Mein Luxusappartement liegt geradeaus vor mir in einem ruhigeren Trakt der Klinik. So 15 Meter habe ich noch zu gehen, als ich sehe, wie meine Zimmertür sich langsam öffnet. Das dürfte eigentlich nicht sein, weil ich meinen elektronischen Codeschlüssel um den Hals trage. Ich bleibe instinktiv etwas rechts zum Aufzug hin stehen, nicht ohne meine Tür aus den Augen zu lassen. Erst kommt ein kapuzenverhüllter Kopf durch den Türspalt, der offensichtlich nichts Verdächtiges sieht. Die Tür öffnet sich weiter und eine ganz in schwarz gekleidete männliche Gestalt drückt sich langsam hindurch. Trotz Jogginghose und fest zugezogenem Kapuzenpulli kann ich erkennen, dass der Mann eine außergewöhnlich kräftige, muskulöse Statur besitzt.

      »Hallo, was machen Sie da«, rufe ich und ich muss von allen guten Geistern verlassen sein, denn wehrhaft bin ich im Moment gar nicht. Berufliche Gewohnheit.

      Die Gestalt erschrickt, weil er sich offenbar unbeobachtet fühlte und dreht sich in meine Richtung. Er hat mehr Licht im Rücken als von vorne, so dass ich das Gesicht nicht sehen kann.

      »Bleiben Sie stehen, Sie haben da nichts zu suchen«, rufe ich lauter und vergesse mein Handikap schon wieder.

      In dem Moment läuft er mit großen Schritten auf mich zu.

      Der will mich niederrennen, denke ich und schlagartig wird mir meine hilflose Lage bewusst, was mir den Angstschweiß auf die Stirne treibt.

      Kurz vor mir angelangt hält er wie ein Elfmeterschütze kurz inne, holt mit dem linken Bein aus und tritt mit voller Wucht gegen meine Krücke, so dass die mir aus der Hand und in die Ecke fliegt. Er weicht unvermittelt aus und läuft rechts an mir vorbei zur Treppenhaustür, die er fast mit Gewalt aufreißt und dahinter verschwindet. Mit einem lauten Knall fällt sie zu.

      Der Tritt gegen den Krückstock bringt mich aus dem Gleichgewicht und ich beginne zu schwanken und nach hinten umzufallen. Da umgreifen mich zwei kräftige Arme und halten mich fest. Ich liege in den Armen von Pfleger Sebastian. Er hat wohl mein Rufen gehört und nachgesehen.

      »Der Typ hat die Flucht ergriffen, als er mich hinter ihnen auftauchen sah. Der hätte sie eiskalt umgerannt, wenn er sie alleine erwischt hätte.«

      Zurück im Zimmer finden wir ein offenes Fenster und einen zerwühlten Nachttisch vor.

      Ich rufe sofort Herbert an: »Herbert, ich bin hier nicht mehr sicher, sag Ilse Bescheid!«

      Die sofort eingeleitete Fahndung ergibt natürlich nichts und im Zimmer finden sich keine verwertbaren Spuren. Der wollte mich garantiert im Zimmer erwischen.

      Nächster Tag und Ilse ist da. Mein dunkelhaariger Doktor ist der jüngere Bruder vom Reit-Menzinger. Ah schau an.

      »Also gibt es bei beiden eine Verbindung zu Margit Winkler! Der Doktor, kannte er die Winkler näher?«

      »Das wissen wir noch nicht genau«, sagt Ilse unzufrieden, »beruflich kannten sie sich auf jeden Fall und am Mordabend waren sie während des Vortrages gemeinsam im Konferenzzimmer.«

      »Und danach«, bohre ich nach.

      »So weit sind wir einfach noch nicht. Das ist hier ein riesen Klinikbetrieb und wir müssen praktisch wegen jeder Befragung einen Termin machen. Der eine Arzt operiert gerade, die andere Krankenschwester hat Schicht und ist erst morgen wieder da, die Verwaltung mauert allgemein wegen des Imageschadens und so weiter. Da ermittle ich lieber hinter der Mauer.«

      »Ilse!«

      »Ach ja, du weißt schon! Und dein Angreifer? Erkannt?«

      »Ganz ehrlich, eher nicht. Der Doktor war es nicht, der bewegt sich anders. Den konnte ich hier oft genug beobachten. Außerdem hätte der andere Möglichkeiten. Nein, der schwarze Typ bewegte sich eher wie … ja wie so ein Panther halt, oder so ähnlich Das kann man schlecht mit Worten beschreiben.«

      »Morgen geht’s hier ’raus, sagst du?«

      »Ja, ist auch besser so. Vielleicht überlegt der sich das und kommt wieder, der Schwarze. Ich geh’ nach Herzogenaurach in die Reha, haben die mir hier empfohlen. Stationär für mindestens drei Wochen. Ihr müsst also noch ohne mich weitermachen. Nimm dir noch ’mal das Gestüt vor!«

      »Da falle ich dann auch gleich auf, mit meiner Schrottkarre, wie der Herbert. Der sagt, dass der Reit-Menzinger den Ferrari fährt und ansonsten steht da kein Auto unter sechzigtausend Euro.«

      »Moment, was hast du gesagt? Ferrari?«

      »Roter Testarossa, schon älter, aber fein!«

      »Pfleger Sebastian faselte etwas von einem roten Ferrari vor der Klinik! Moment!«

      Ich klingele nach dem Personal und habe Glück. Sebastian hat Dienst.

      »Am Mittwoch, da bin ich mir fast sicher», antwortet Sebastian auf meine Frage, »am Mittwoch stand der da, hat fast alles blockiert, sogar die halbe Auffahrt!«

      Mittwoch. Am Abend des Mordes!

      »Ilse, nimm den Reit-Menzinger in die Zange und den Herbert mit!«

      »Was soll der für ein Motiv haben?«

      »Möglicherweise war die Winkler dort nicht nur zum Reiten, oder grad …« Ich antworte Ilse mit einem Augenzwinkern.

      »Wolff Schmitt!« Ilses Augen funkeln mich an. »Was du denkst!«

      »Fahr hin, sieh ihn dir an. Wenn Herberts Beschreibung nur annähernd passt, dann …«

      »Schon gut. Ich kümmere mich um den Don Juan!«

      Конец


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