Auf der Suche nach Eirenechora. Wolf-Dieter Ostermann

Auf der Suche nach Eirenechora - Wolf-Dieter Ostermann


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zartes Gespinst fängt mich auf, trägt mich in einen bewusstlosen Schwebezustand ...

      Mit dem Gefühl, jahrelang geschlafen zu haben, wache ich auf und sehe mich verwundert um. Wo bin ich?

      Wie schön dieser Garten ist! Über unzähligen bunten Wiesenblumen glitzern die Tautropfen auf den langen, weichen Grashalmen im Sonnenlicht; Zweige voll reifer Himbeeren laden mich zu einem erfrischenden Frühstück ein.

      Dann strecke ich mich genüsslich im Gras aus und blicke zu den behäbigen weißen Wolkenschiffen am Himmel empor, lausche dem Summen der Insekten und dem leisen Rauschen des Windes und versinke in gedankenloser Glückseligkeit.

      Irgendwann grummelt mein Magen und ich richte mich wieder auf. Das Blau des Himmels scheint noch tiefer geworden, die Sonne hat den Zenit überschritten. Kratzende Geräusche lenken meinen Blick auf einen großen alten Apfelbaum, von dessen Stamm aus ein Eichhörnchen neugierig zu mir hinüberblickt, plötzlich zweimal um den Stamm rast, um dann wieder seine schwarzen Knopfaugen prüfend auf mich zu richten. Als ich langsam aufstehe, verschwindet es in Sekundenschnelle zwischen den Ästen.

      Ich pflücke einen großen, rotbackigen Apfel, setze mich unter den Baum und lehne mich an den rauen Stamm. Ein Bussard zieht am Himmel seine Kreise.

      Ehe ich es mich versehe, ist die Sonne untergegangen und hinterlässt am Himmel ein überwältigendes Farbenspiel: von leuchtendem Orange zu weichem Rosè und schließlich zartem Violett.

      Bald darauf erscheint, zunächst kaum erkennbar, der erste Stern, der mir dann, bei zunehmender Dunkelheit, mit kraftvollem Leuchten zuzublinzeln scheint.

      Ruft er mich …? Über diesem Gedanken schlafe ich ein, und er klingt noch nach, als ich von hellem Morgenlicht aus tiefer Bewusstlosigkeit emporgeschleudert werde. Ich fühle mich voller Tatendrang, springe auf, sehe mich nach einer Arbeit um und treffe alsbald auf meine Gastgeberin, die sich gerade anschickt, gebückt dem Unkraut zu Leibe zu rücken. „Das kann ich doch machen!“ rufe ich spontan. Langsam und umständlich richtet sie sich auf. „Seit ich denken kann, mühe ich mich mit der Gartenarbeit ab, aber wenn du wirklich Lust dazu hast, überlasse ich sie dir für heute gerne! Eigentlich sollst du dich ja erholen, und jetzt schenkst du mir eine Atempause!“ Offensichtlich gerührt lässt sie sich in einen Liegestuhl sinken, und ich mache mich mit Feuereifer ans Werk. Je mehr ich erledigt habe, desto größer wird der Schaffensdrang; ich frage immer wieder nach weiteren Aufgaben und bin ganz überrascht, als es Zeit wird, an ein Mittagessen zu denken.

      Ich darf bei der Zubereitung helfen, und weil im Garten nichts mehr zu tun ist, fange ich danach an, das Häuschen der Alten, die mir teils schmunzelnd, teils kopfschüttelnd dabei zuschaut, zu säubern und aufzuräumen.

      Dabei fällt mir ein altes, schon halb verwittertes Buch mit dem seltsamen Titel „Eirenechora“ in die Hand.

      Verlegen sehe ich mich nach meiner Retterin um; ein aufmunterndes Nicken ermutigt mich, es vorsichtig aufzuschlagen, und nun versinke ich in einer geheimnisvollen und faszinierenden Welt voll einladender Freundlichkeit, die so ganz anders erscheint als die bislang erfahrene.

      „Wenn man so leben könnte!“ entfährt es mir unwillkürlich mit einem tiefen Seufzer ...

      „Es gibt dieses Land!“

      Ich will jetzt nicht gestört, nicht aus meiner Versenkung hervorgezogen werden; aber der warme, leise und doch eindringliche Ton der Stimme gewinnt immer mehr Raum in mir, lässt eine zarte Ahnung von der Möglichkeit selig geborgenen Lebens aufkeimen; mein Herz wird unruhig, beginnt zu hämmern, mein Atem geht plötzlich in kurzen, hektischen Stößen, und eine seltsame Aufgeregtheit macht sich breit.

      Zitternd sehe ich mich um, stoße nur ein Wort heftig hervor: „Wo?“

      „Es liegt sehr verborgen an einem geheimen Ort; viele haben danach gesucht, doch nur wenige haben es schließlich gefunden.

      Aber wenn du das Ziel nie aus den Augen verlierst und trotz aller Strapazen und Enttäuschungen nicht aufgibst, gehörst du vielleicht eines Tages zu ihnen!“

      Unbemerkt ist die Nacht hereingebrochen; wir legen uns schlafen, aber ich finde keine Ruhe, durchwandere weite Räume, erlebe wirre Verwicklungen und verstörende Bedrohungen, fahre hoch, versinke wieder in einen Dämmerzustand, der aber nur die Ereignisse sich von neuem überstürzen lässt, so dass ich bald darauf, schwer atmend und klatschnass im Gesicht, dankbar feststelle, mich offenbar in den Morgen hinübergerettet zu haben ...

      MUTPROBE

      Beim ersten Schein des neuen Tages atme ich tief durch, stehe leise auf, schüttele mich, dass die Gespenster und Schrecken der Nacht von mir abfallen und im Boden versickern, und schleiche mich aus der Hütte heraus, verlasse den paradiesischen Garten und wandere direkt ins dämmerzarte, verheißungsvolle Morgenrot hinein…

      Als die Sonne schon voll am Himmel steht, entdecke ich unterhalb meines Pfades einen verlockend plätschernden Bach, klettere den Hang hinunter, um etwas zu trinken, und setze mich auf die dicke Wurzel eines Baumes an seinem Ufer. Wie zufällig fahre ich mit der Hand in die Tasche meiner Jacke, ertaste dort etwas Hartes und ziehe einen fein ziselierten Messingbecher hervor.

      Plötzlich scheint der Boden unter mir zu beben und mit lautem Krachen bricht ein riesiges Schlachtross durch das Gebüsch. Ich ducke mich vor den aufwirbelnden Hufen, spüre schon ihren Schlag und das unter mir aufspritzende Wasser – aber wenige Zentimeter vor mir kommt das Pferd doch noch zum Stehen.

      Zitternd sehe ich auf und blicke in das finstere Gesicht eines dunkelhaarigen, ganz in schwarzes Leder gekleideten Mannes.

      „Was machst Du auf meinem Land?“ herrscht er mich an und seine Augen scheinen Funken zu sprühen.

      Ich kann ihn nur anstarren, bin gelähmt vor Angst. Tausend Erklärungen schwirren durch meinen Kopf, die ihn ganz sicher nicht befriedigen werden. Unruhig schnaubt das Pferd, hebt und senkt seine gewaltigen Hufe kaum eine Handbreit vor mir.

      Auf einmal breitet sich eine tiefe Ruhe in mir aus. Mein Hirn hört auf zu denken, eine Kraft, die nicht meinem Kopf entstammt, lässt mich langsam, wie nachdenklich, die Hand mit dem Becher ins Wasser tauchen, als gäbe es keine Bedrohung. Dann hebe ich den Becher dem Reiter entgegen: ‘Wollt Ihr Euch nicht erfrischen…?’

      Hoch bäumt sich das Pferd auf, die Hufe streifen fast mein Gesicht. Mit einem gewaltigen Satz fliegt es über den Bach und ist im nächsten Augenblick im Gebüsch am anderen Ufer verschwunden.

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