Jenseits des schweigenden Sterns. C. S. Lewis

Jenseits des schweigenden Sterns - C. S. Lewis


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gewichen, den die Bedienung »die Herrin« nannte, und diese Herrin war anscheinend eine britische Wirtin jener orthodoxen Schule, die Gäste als lästig erachtet. Seine Hoffnung war jetzt auf Sterk gerichtet, das gut sechs Meilen entfernt hinter der Hügelkette lag. Der Landkarte zufolge gab es in Sterk einen Gasthof. Der Wanderer war erfahren genug, nicht allzu große Hoffnungen auf diese Möglichkeit zu setzen, doch er hatte keine andere Wahl.

      Er ging ziemlich schnell und gleichmäßig, ohne viel umherzublicken, als wolle er sich den Weg mit interessanten Überlegungen verkürzen. Er war groß und etwa fünfunddreißig bis vierzig Jahre alt. Seine Schultern waren leicht gekrümmt und er war mit einer gewissen Schäbigkeit gekleidet, wie dies oft bei Intellektuellen in den Ferien der Fall ist. Auf den ersten Blick hätte man ihn leicht für einen Arzt oder Lehrer halten können, obwohl er weder das weltmännische Auftreten des einen noch die schwer zu beschreibende Forschheit des anderen hatte. Er war Philologe und Dozent an der Universität Cambridge. Sein Name war Ransom.

      Als er Nadderby verließ, hatte er gehofft, noch vor Sterk bei irgendwelchen freundlichen Bauern Unterkunft zu finden. Doch das Land diesseits der Hügel schien nahezu unbewohnt. Es war ein ödes, eintöniges Land, auf dem hauptsächlich Kohl und Rüben angebaut wurden, mit kümmerlichen Hecken und vereinzelten Bäumen. Es lockte keine Besucher an wie die abwechslungsreiche Landschaft südlich von Nadderby, und von dem Industriegebiet hinter Sterk war es durch die Hügelkette getrennt. Als die Abenddämmerung hereinbrach und der Gesang der Vögel verstummte, wurde es stiller, als es in einer englischen Landschaft gewöhnlich ist. Das Geräusch seiner Schritte auf der Schotterstraße begann, ihn zu stören.

      Er war ungefähr zwei Meilen gewandert, als er in der Ferne ein Licht entdeckte. Er hatte nun den Fuß der Hügel erreicht und es war beinahe dunkel. Er hoffte immer noch darauf, ein Bauernhaus zu finden, bis er recht nah an der Lichtquelle war und sah, dass es ein sehr kleines, hässliches Ziegelhaus aus dem neunzehnten Jahrhundert war. Als er an der offenen Tür vorbeiging, stürzte eine Frau heraus und prallte fast mit ihm zusammen.

      »Bitte entschuldigen Sie, Herr«, sagte sie. »Ich dachte, es wäre mein Harry.«

      Ransom fragte sie, ob er irgendwo zwischen hier und Sterk ein Quartier für die Nacht bekommen könnte.

      »Nein, Herr«, erwiderte die Frau. »Erst in Sterk. Aber ich glaube, in Nadderby kommen Sie eher unter.«

      Ihre Stimme klang unterwürfig und zugleich besorgt, als wäre ihre Aufmerksamkeit von etwas anderem in Anspruch genommen. Ransom erklärte, dass er es in Nadderby bereits versucht habe.

      »Dann weiß ich auch nicht, Herr«, antwortete sie. »Bis Sterk gibt es eigentlich nichts, jedenfalls nicht das, was Sie brauchen. Da ist nur ›Haus Aufstieg‹, wo mein Harry arbeitet, und ich habe gedacht, Sie kommen von dort, Herr, und deshalb bin ich herausgekommen, als ich Sie hörte, weil ich gedacht habe, er könnte es sein. Er müsste längst zu Hause sein.«

      »Haus Aufstieg«, sagte Ransom. »Was ist das? Ein Hof? Könnte ich dort übernachten?«

      »O nein, Herr. Wissen Sie, dort wohnen nur der Professor und der Herr aus London, seit Miss Alice gestorben ist. Die nehmen niemanden auf, Herr. Die haben nicht einmal Dienstboten, nur meinen Harry, der sich um die Feuerung kümmert; aber er schläft nicht im Haus.«

      »Wie heißt dieser Professor?«, fragte Ransom mit schwacher Hoffnung.

      »Ich weiß nicht, Herr, leider«, sagte die Frau. »Der zweite Herr heißt Devine, und Harry sagt, der andere ist ein Professor. Er versteht nicht viel davon, Herr, er ist ein bisschen einfältig, und darum möchte ich nicht, dass er so spät heimkommt, und die Herren haben gesagt, sie würden ihn immer um sechs nach Haus schicken. Und er arbeitet wirklich genug.«

      Die eintönige Stimme der Frau und ihr karger Wortschatz verrieten nicht viel über ihre Gefühle, aber Ransom stand nahe genug, um zu sehen, dass sie zitterte und dem Weinen nahe war. Ihm kam der Gedanke, zu dem geheimnisvollen Professor zu gehen und ihn zu bitten, den Jungen nach Hause zu schicken; und nur den Bruchteil einer Sekunde später fiel ihm ein, dass er, sobald er im Haus und unter Männern seines Berufs wäre, vielleicht aufgefordert würde, die Nacht bei ihnen zu verbringen. Von welcher Art seine Überlegung auch immer gewesen sein mochte, die Vorstellung, in »Haus Aufstieg« vorzusprechen, hatte die Gestalt eines festen Entschlusses angenommen. Er sagte der Frau, was er vorhatte.

      »Vielen, vielen Dank, Herr«, sagte sie. »Und wenn Sie so freundlich sein und ihn bis ans Tor und auf die Landstraße bringen würden, bevor Sie weitergehen; Sie verstehen schon, was ich meine, Herr. Er hat solche Angst vor dem Professor, und sobald Sie den Rücken kehren, würde er doch dableiben, wenn die Herren ihn nicht ausdrücklich fortschicken.«

      Ransom beruhigte die Frau, so gut er konnte, und verabschiedete sich von ihr, nachdem er sich vergewissert hatte, dass er das Haus nach ungefähr fünf Minuten auf der linken Seite sehen würde. Seine Beine waren während des Stehens steif geworden und nur mit Mühe ging er langsam weiter.

      Links von der Landstraße war keinerlei Lichtschein zu sehen, nichts als flaches Feld und eine dunkle Masse, die er für ein Waldstück hielt. Es kam ihm länger als fünf Minuten vor, bis er dorthin gelangte und merkte, dass er sich geirrt hatte. Die Straße war von einer dichten Hecke gesäumt und in die Hecke war ein weißes Tor eingelassen. Die Bäume, die sich über ihm erhoben, als er das Tor untersuchte, waren nicht der Rand eines Wäldchens, sondern nur eine Zeile, durch die der Himmel schimmerte. Er war jetzt überzeugt, dass dies das Tor zu »Haus Aufstieg« war und dass diese Bäume ein Haus und einen Garten umgaben. Er versuchte, das Tor zu öffnen, doch es war verschlossen. Eine Weile stand er unschlüssig, entmutigt von der Stille und der zunehmenden Dunkelheit. Sein erster Gedanke war, trotz seiner Müdigkeit nach Sterk weiterzuwandern; aber er hatte der alten Frau zuliebe eine lästige Pflicht auf sich genommen. Er wusste, dass er sich einen Weg durch die Hecke bahnen konnte, wenn er wirklich wollte. Aber er wollte nicht. Wollte nicht gewaltsam bei einem eigenbrötlerischen Sonderling eindringen – jemandem, der sogar auf dem Land sein Gartentor abschloss. Wie lächerlich würde er dastehen mit seiner albernen Geschichte von einer hysterischen Mutter, die in Tränen aufgelöst war, weil ihr schwachsinniger Junge eine halbe Stunde länger bei der Arbeit festgehalten wurde! Doch es war völlig klar, dass er hineingehen musste, und weil man mit einem Rucksack auf dem Rücken nicht durch eine Hecke kriechen kann, nahm er ihn ab und warf ihn über das Tor. Im selben Augenblick wurde ihm klar, dass er bis jetzt noch nicht wirklich entschlossen gewesen war – jetzt, wo er in den Garten einsteigen musste, zumindest, um seinen Rucksack wiederzuholen. Er ärgerte sich über die Frau und über sich selbst, aber schließlich ging er in die Hocke und zwängte sich durch die Hecke.

      Das war schwieriger als erwartet, und mehrere Minuten vergingen, bevor er sich in der nassen Dunkelheit auf der anderen Seite der Hecke aufrichten konnte, zerschunden von Dornen und Brennnesseln. Er tastete sich zum Tor, nahm seinen Rucksack auf und wandte sich dann um, um seine Umgebung genauer in Augenschein zu nehmen. Auf der Zufahrt war es heller als unter den Bäumen und es fiel ihm nicht schwer, ein großes Steinhaus zu erkennen, von dem er durch eine breite, ungepflegte Rasenfläche getrennt war. Nicht weit von ihm entfernt verzweigte sich die Zufahrt – der rechte Weg führte in einer sanften Kurve zum Haupteingang, der linke verlief geradeaus, offenbar zur Rückseite des Hauses. Ihm fiel auf, dass dieser Weg von tiefen Fahrspuren durchzogen war, in denen jetzt das Wasser stand – so als führen dort regelmäßig schwere Lastwagen. Der andere Weg, den er nun einschlug, war mit Moos überwachsen. Das Haus war völlig dunkel; an einigen Fenstern waren die Läden geschlossen, andere gähnten leer, ohne Läden oder Vorhänge; alle wirkten leblos und ungastlich. Das einzige Zeichen, das auf Bewohner deutete, war eine Rauchsäule, die hinter dem Haus emporstieg und so dicht war, dass man eher an einen Fabrikschornstein oder zumindest an eine Wäscherei dachte als an den Rauchabzug einer Küche. ›Haus Aufstieg‹ war offensichtlich nicht der Ort, wo man Fremde zum Übernachten einladen würde, und Ransom, der bereits einige Zeit mit seiner Betrachtung vertan hatte, hätte sich zweifellos abgewandt und seine unterbrochene Wanderung fortgesetzt, wäre er nicht durch sein unseliges Versprechen gebunden gewesen.

      Er stieg die drei Stufen zu der überdachten Veranda hoch, fand die Türglocke, läutete und wartete. Nach einer Weile läutete er wieder und setzte


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