Vampire unter uns!. Mark Benecke
Der Biss als Technik wird nur sehr selten verwendet, da er erhebliche Gefahren beinhaltet und daher in einem solchen Vertrauensverhältnis, wie es zwischen Spender und Vampir meist herrscht, nicht angewendet wird, um Schaden zu vermeiden. (Was nicht heißt, dass nicht gebissen wird – manchmal mag sogar Blut dabei fließen –, aber der Biss wird normalerweise kaum als Mittel angewendet, um realistisch an Blut zu gelangen.)
In der Subkultur selbst gibt es zumeist Regeln, die dem beidseitigen Schutz dienen und allgemein wird anerkannt, dass Sicherheit im Vordergrund steht.
Solche Blutabnahmen und das Trinken sind nicht selten ein sehr erotischer Akt und jedes Mal ein sehr persönlicher Austausch.
In der Wissenschaft gibt es Begriffe wie Hämatophagie und Hämatophilie für das Trinken von Blut. Dies bezeichnet teilweise auch den körperlichen und / oder geistigen Drang und die Notwendigkeit Blut zu trinken, damit der Vampir bei Kräften bleibt. In der Medizin wird dieses Phänomen auch gerne schnell als eine Art Psychose angesehen und als sexuelle Paraphilie bezeichnet.
Viele sanguine Vampire behaupten, dass es für sie in unbestimmten Abständen notwendig ist, Blut zu sich zu nehmen. Menschenblut ist dabei, rein energetisch und genetisch, besser verwertbar als das Blut eines Tieres.
Die Gefahren des sanguinen Vampirismus, sowohl für den Spender (Blutverlust, Verletzungen, Infektionen etc.) wie für den Vampir (Körperverletzung beim Spender, Krankheiten durch das Blut etc.) sind beiden Seiten zumeist sehr bewusst. Daher wird auch ein gehobenes Maß an Achtung und Sicherheit erwartet und darauf geachtet. Nichts geschieht gegen den Willen.
Der menschliche Leser, für den das Phänomen des Vampirismus eines aus Geschichten und Legenden ist, mag von der Vorstellung, dass jemand das Blut eines anderen trinkt – und dies auch noch im gegenseitigen Einverständnis, vielleicht sogar zur gegenseitigen Lustgewinnung – befremdet, vielleicht sogar angeekelt sein. Doch im Grunde ist diese Form der Abneigung nur eine Reaktion auf etwas Ungewohntes, denn an sich ist dieser Austausch nur ein intimer Akt. Blut und Fleisch haben die meisten Menschen schon im Supermarkt an der Fleischtheke gekauft, zwar nicht das eines Menschen, aber macht es das besser?
Doch die vermutete Natur des Bösen und ein Kern dunkler Wahrheit liegt sehr wohl in den Geschichten, die sich um den Schatten ranken, der durch die Nacht streift und Menschen das Leben nimmt.
Die Subkultur des Vampirismus wird, gerade von christlichen Stellen, sehr kritisch angesehen und darin wird viel Böses vermutet. Dass es diese Natur durchaus gibt, sei unbestritten… Doch findet sich in genannter Subkultur viel mehr Respekt und gegenseitige Anerkennung als in den meisten anderen menschlichen Bereichen. Dieser Respekt bietet auch ein hohes Maß an Sicherheit, durch Selbsterkenntnis und Selbstkontrolle.
Das von den Menschen als solches definierte „Böse“ findet sich in viel häufiger und größerer Form in seinen eigenen Reihen; die Schrecken, welche die heutigen moralisierenden und verurteilenden, großen Religionen anderen angetan haben, sind in keiner Weise mit dem zu vergleichen, was in der Subkultur stattfindet – selbst wenn es auch dort die Dunkelheit in ihrer reinsten Form gibt…
Das seltenste und gefährlichste Phänomen, das auf dem alle warnenden Stellen ihre Parolen aufbauen, sind die Jäger. Dies sind jene Vampire, die – oft sogar in der Subkultur selbst – als psychisch Kranke angesehen werden. Jene, die dunkle Dinge tun, die einen (Straf-)Tatbestand erfüllen. Dies sind Vampire, die über jede Grenze hinausgehen und sich Blut nehmen, ohne einem Codex – außer vielleicht ihrem eigenen oder den verbotenen – zu folgen.
In ihrer Welt wollen sie göttergleich und unsterblich werden; sie dienen der Natur und unterwerfen sich nicht den Regeln der Menschen. Für manche von ihnen mag die Jagd auf die ultimative Beute – den Menschen – einen ebensolchen Reiz ausmachen, wie für den Menschen die Jagd auf ein wildes Raubtier.
Durch die Geschichte sind verschiedene Fälle von solchen „kriminellen“ Vampiren bekannt geworden. Manche mögen in den Statistiken unter Mord oder Folter einfach untergegangen sein. Gegeben hat es sie durchaus und es gibt sie noch immer.
Mit einem zunehmenden Maß an wissenschaftlichen und kriminaltechnischen Möglichkeiten wächst jedoch auch die ‚Herausforderung’ an den Jäger, denn der Jäger ist nur dann vollkommen, wenn er nicht als solcher erkannt wird.
Endworte
Es gibt Welten neben, unter und über der des Menschen. Es gibt Menschen, die so edel sind, dass sie sich von den anderen durch ihre Taten abheben. Der Großteil der Menschheit jedoch dümpelt auf einem recht bescheidenen, geistigen und kontrollierten Niveau herum und lässt sich vom TV ruhig stellen und von den Medien so weit einschüchtern, dass er kontrollierbar genug bleibt, um ihn auszubeuten.
In diesem Artikel habe ich beim psychischen Vampirismus die Verbindung dazu gezogen, dass ganze Nationen bei bestimmter Definitionsfolge dieser Art des Vampirismus frönen, sei es indem sie durch Steuern ihre Bürger aussaugen oder sei es, dass sie andere Länder wirtschaftlich und an Schätzen oder Arbeitskraft ausbeuten – die Liste ist endlos…
Bei näherer Betrachtung stimmt dies aber nicht direkt, denn eigentlich handelt es sich hierbei weniger um eine Art des Vampirismus, als um eine Form des Melkens. Denn die Bürger wissen um das, was mit ihnen getan wird – ihnen wird nur eingeredet, es wäre gut für sie.
Man braucht Feindbilder, um Massen zu kontrollieren. Im Kleinen funktioniert dies tatsächlich sogar noch mit dem Bild des Vampirs.
Es gibt diese Realität neben der des Menschen – Vampire sind unter ihnen. Und selbst wenn es nur besondere Persönlichkeiten sind, die diesen Namen für sich beanspruchen – so wie man einen Titel für sich beansprucht – so sind sie ebenso real.
Menschen fürchten, was sie nicht kennen. Vampire sind Wesen, die nach wie vor im Dunkel bleiben und viele ihrer Taten und Angewohnheiten wird der Mensch nicht verstehen. Der Urtypus dieser Angst vor ihnen scheint noch in den meisten Menschen, neben einer Form von Faszination, fest verwurzelt zu sein.
Angeblich handelt es sich bei jenen, die sich mit dem Vampirismus auf den verschiedenen Ebenen beschäftigen, um einen großen Personenkreis der untereinander real und virtuell vernetzt ist.
Abgesehen davon, dass solche Aussagen mehr als nichts sagend sind, lassen sie ein vollkommen falsches Bild entstehen.
Es gibt durchaus Personen, die sich zu Gruppen (Häusern, Covens, Havens etc.) zusammengeschlossen haben, diese Gruppen sind aber zumeist sehr klein. Es gibt durchaus auch reale Treffen und solche Vereinigungen, die in mehr oder minder großen Abständen tatsächlich zusammenkommen – zumeist handelt es sich dabei aber um Vereinigungen, die sich im Internet zusammengeschlossen haben und selbst, wenn sie eine Vereinigung darstellen, ist es nur sehr selten, dass alle gemeinsam sich treffen.
Die meisten Gemeinschaften und den meisten Austausch zu dem Thema gibt es auf internen Seiten im Internet, auf denen teilweise auch recht brisante Themen besprochen werden.
Wirklich reale Zusammenkünfte und Vereinigungen gibt es zwar, sie sind aber eher selten.
Dies mag vorwiegend an der starken Individualisierung liegen; Vampire sind von Natur aus eher Einzelgänger. Es sind Wesen, die ihrem Leben einen hohen Wert beimessen und sich daher nur schlecht in Gemeinschaften ‚unterwerfen’ können. Gemeinschaften können aber nicht ohne eine gewisse Struktur bestehen, durch die sich Individuen oft eingesperrt fühlen.
In den virtuellen Weiten des Internets funktioniert dies weitaus besser, da man größtenteils sowieso anonym ist und Strukturen dort nur bedingt und oberflächlich zum Tragen kommen.
Oft existiert zwar der Wunsch, in den geregelten Strukturen eines Tempels oder Ordens mehr zu lernen, als man durch Eigenstudium und eigene Kraft erreichen könnte; oft ist auch die zusammengeschlossene Macht einer Vereinigung und die dadurch größeren Möglichkeiten zu lernen und ggf. zu lehren durchaus reizvoll – aber es macht auch Angst. Denn viele ‚Vampire’ (auch wenn sie sich als Außenseiter der Gesellschaft sehen und als Teil von etwas, das mehr ist – ggf. auch erhabener ist als die Menschlichkeit)