Berlin - eine Biografie. Wolfram Letzner

Berlin - eine Biografie - Wolfram Letzner


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Friedrich nicht mehr in der Mark gewesen. 1437 regelte er seine Nachfolge für die verschiedenen hohenzollernschen Territorien. Der bisherige Statthalter in der Mark Johann (der Alchemist) sollte das Fürstentum Bayreuth übernehmen, während Friedrichs I. zweitältester Sohn als Friedrich II. sein Nachfolger als Kurfürst von Brandenburg werden sollte. Als Friedrich I. am 20. September 1440, am Vorabend seines 69. Geburtstages, auf der Cadolzburg, wo weiterhin das Zentrum der hohenzollernschen Herrschaft lag, verstarb, war er in der Mark halbvergessen.

       Berlin wird Residenzstadt

      Friedrich II. wurde am 19. November 1413 auf der Burg zu Tangermünde, der seinerzeitigen kurfürstlichen Hauptresidenz in der Altmark, geboren. Ostern 1421 wurde er mit der gleichaltrigen polnischen Königstochter Hedwig verlobt und an den polnischen Königshof nach Krakau gegeben, wo seine weitere Erziehung erfolgte. Der Tod Hedwigs, die 1431 in seinen Armen starb, führte bei Friedrich zu einer schwermütigen Grundeinstellung, die ihn zeitlebens nicht verließ. Als Reflex auf seine polnisch geprägte Erziehung war Friedrich später als Landesherr darüber hinaus in einem besonderen Maße deutsch orientiert. Nach dem Tod seiner Braut kehrte er 1431 in die fränkischen Stammlande der Hohenzollern zurück.

      Die väterliche Erbfolgeverfügung von 1437 bescherte ihm dann die Mark, wo er nach dem Tode Friedrichs I. die Regierung als Markgraf und Kurfürst übernahm. Hier konzentrierte er sich vor allem auf die Stärkung seiner eigenen Herrschaft und kümmerte sich anders als sein Vater nur wenig um die Reichspolitik. Besonders störten ihn die Selbständigkeitsbestrebungen der größeren märkischen Städte, allen voran Berlin/​Cöllns, das sich schon 1432 zu einer einheitlichen Stadtgemeinde zusammengeschlossen hatte. Schon bei der Huldigung durch die Stadt am 14. November 1440 bestätigte er zwar formell die städtischen Privilegien, verweigerte aber den üblichen landesherrlichen Eid auf deren Wahrung.

      1441 heiratete Friedrich Katharina von Sachsen (1421 – 76), mit der er vier Kinder hatte, von denen aber nur die beiden Töchter Dorothea und Margarete das Erwachsenenalter erreichten, während die beiden Söhne bereits als Kinder starben.

      1442 kam es in Berlin/​Cölln zu Auseinandersetzungen zwischen dem städtischen Patriziat und den nach politischer Teilhabe an der Stadtregierung strebenden Handwerkerinnungen. Als sich diese mit der Bitte um landesherrliche Vermittlung an Friedrich wandten, erschien er mit 600 bewaffneten Reitern vor der Stadt und erzwang die Öffnung der Stadttore. Als scheinbarer Vermittler zwischen den innerstädtischen Fronten zwang er zunächst den patrizischen Rat zum Rücktritt. Dann ordnete er die Trennung der Stadtgemeinden Berlin und Cölln an und verbot ihnen Bündnisse mit märkischen und auswärtigen Städten, wie etwa der Hanse. Zugleich öffnete er den Innungen den Zugang zu den Räten der beiden Städte, behielt sich aber die Bestätigung und Ernennung der künftigen Ratsherren vor. Ferner entzog er den Städten wichtige wirtschaftliche und rechtliche Privilegien, die diese bislang innegehabt hatten. Am 29. August 1442 mussten die neuen Stadträte eine Unterwerfungsurkunde gegenüber dem kurfürstlichen Landesherrn unterschreiben.

      Schließlich ließ sich Friedrich auf der Werderinsel nördlich von Cölln einen Bauplatz für ein Schloss abtreten, zu dem er am 31. Juli 1443 persönlich den Grundstein legte. Der Bau dieses Schlosses wurde in der Bevölkerung allgemein als Errichtung einer Zwingburg gegen die Städte angesehen, was schließlich im Januar 1448 unter Führung des Cöllner Bürgermeisters Bernd Ryke zu einem Aufstand der Bürgerschaft führte. Die erzürnten Bürger nahmen den kurfürstlichen Richter Balthasar Haken gefangen und stürmten das »Hohe Haus«, die bisherige landesherrliche Residenz in Berlin, wo sie zahlreiche Dokumente und kurfürstliche Urkunden verbrannten. Schließlich setzten sie die Baustelle des Schlosses unter Wasser. Dieser »Berliner Unwille« blieb jedoch ohne Unterstützung der Hanse oder anderer Städte. Auf sich allein gestellt musste sich die Doppelstadt, einem ständischen Gerichtsspruch in Spandau beugen, wonach die Städte weiter an die »Reformation« des Jahres 1442 gebunden seien. Die Anführer des Aufstandes, darunter auch Bernd Ryke, wurden der Stadt verwiesen und verbannt. Am 23. September 1448 mussten die verbleibenden Ratsherren der Doppelstadt Friedrich II. im Rathaus von Spandau erneut huldigen.

      1451 konnte Friedrich das Schloss in Cölln beziehen. Im selben Jahr verlegte er das kurfürstliche Hofgericht von Tangermünde in das Schloss zu Cölln, wo er mit Unterstützung kurfürstlicher Räte als Landesherr Recht sprach. Dies ist zugleich der Beginn der Geschichte des Berliner Kammergerichts.

      Als durch den frühen Tod seiner Braut Hedwig innerlich stark geprägter und tiefgläubiger Mensch unternahm Friedrich 1453/​54 eine Pilgerfahrt ins Heilige Land. Nach seiner Rückkehr öffnete er 1454 die Schlosskapelle seinen Untertanen als Pfarrkirche. Schon 1447 hatte er vom Papst die Anerkennung seiner Hoheit über die Bistümer Brandenburg und Havelberg verbunden mit dem Recht der Ernennung der Bischöfe erworben.

      1465 erhob Friedrich die Pfarrkirche im Schloss zum Domstift, das mit neun Domherren besetzt wurde, und stiftete damit zugleich den Berliner Dom. Im selben Jahr verstarb aber auch sein Sohn Johann im Alter von zwölf Jahren, womit Friedrich nun ohne männlichen Erben war. Das mag die Melancholie bestärkt haben, die Friedrichs gesamtes Leben prägte, und ab 1467 krankhafte Züge annahm.

      1470 dankte er von Depressionen geplagt und ohne männlichen Erben zugunsten seines ein Jahr jüngeren Bruders Albrecht Achilles (1414 – 86) ab und zog sich nach Franken zurück, wo er bereits am 10. Februar 1471 in Neustadt a. d. Aisch starb.

      Der älteste Siedlungskern Berlins entwickelte sich um den »Olden Markt« – den späteren Molkenmarkt – und die Nikolaikirche, deren granitener Turmsockel aus der Zeit um 1230 stammt und damit das wohl älteste Baudenkmal im Stadtzentrum aus mittelalterlicher Zeit darstellt. Die Nikolaikirche insgesamt wurde aber erst 1470 fertiggestellt. Das heutige Nikolaiviertel um die Kirche wurde im Vorfeld des 750-jährigen Stadtjubiläums von 1982 – 87 mit den in der damaligen DDR vorhandenen Möglichkeiten (Betonfertigteile) als historisierende Nachgestaltung des mittelalterlichen Stadtzentrums wieder aufgebaut und ist in Anbetracht dessen als gut gelungen anzusehen.

      Aus der Mitte des 13. Jhs. stammt auch die Ruine der Klosterkirche an der Klosterstraße. Die Marienkirche entstand um 1270 als Backsteinbau auf einem Granitsockel und wurde wohl bis 1340 zur gotischen Hallenkirche umgebaut. Vor der Kirche befindet sich das Sühnekreuz von 1347. In der Waisenstraße befinden sich die letzten Reste der Stadtmauer aus dem 13. Jh. Die Kapelle des Heiliggeistspitals in der Spandauer Straße stammt aus der Zeit um 1300 und ist heute in das 1906 errichtete Gebäude der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Humboldt-Universität integriert, der sie als Fest- und Vortragssaal dient.

      Der untere Teil des Juliusturms auf der Spandauer Zitadelle stammt als Relikt der askanischen Burg aus der Zeit um 1200 und ist damit das älteste Gebäude in Berlin. Demgegenüber stammt der ihm unmittelbar benachbarte Palas »erst« aus der Zeit um 1475. Die Nikolaikirche in der Spandauer Altstadt dürfte in der ersten Hälfte des 15. Jhs. errichtet worden sein. Das Gotische Haus in der Breiten Straße 32 stammt aus dem frühen 15. Jh. und stellt das älteste ursprüngliche Privathaus Berlins dar. Im Hohen Steinweg finden sich noch Reste der mittelalterlichen Stadtmauer Spandaus aus dem 14. Jh.

      Zu erwähnen sind auch die 42 mittelalterlichen Dorfkirchen in den 1920 nach Berlin eingemeindeten früheren Landgemeinden. Die älteste von ihnen ist die von Marienfelde (um 1220), die kleinste die von Schmargendorf (14. Jh.). Von besonderer Bedeutung sind die gotischen Wandmalereien aus der Zeit um 1390 in der Dahlemer St. Annenkirche. Es handelt sich um die ältesten erhaltenen Bildzeugnisse im Berliner Raum.

      Von besonderem Interesse ist das Museumsdorf Düppel in Zehlendorf, eine Rekonstruktion einer Dorfanlage um 1220 auf den Fundamenten einer tatsächlichen mittelalterlichen Siedlung, das einen guten Einblick in das mittelalterliche Landleben nicht nur im Berliner Raum bietet.

      Die Dorfkirche Schmargendorf –

      Auch heute noch die kleinste


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