Rundgang nur mit Korb. Peter Schmidt
ist das mit dem Sand für die Betonmischung wohl kein Problem. Vor der Gartenanlage liegen noch von dem und von dem überwucherte Sandreste, die wir wohl erst einmal aufbrauchen können. Mal sehen wie weit wir noch kommen. Ich nehme 8,00 Mark in der Stunde und eine Flasche Goldkrone, wegen der trockenen Zementluft.« Er klopfte sich mit der offenen Handfläche gegen seinen Brustkorb und hustete gekünstelt.
Nach einer höflichen Verabschiedung war das Gespräch beendet. Die rostige Gartenpforte quietschte und schlug scheppernd ins Schloss.
Im nächsten Moment lief Axel vor den Eingang der Gartensparte Karl Liebknecht und suchte nach den versunkenen Sandbänken seiner Gartenkollegen. Es waren in der Tat hier und da ein paar kleinere Erderhöhungen, die mit Gräsern und Quecken überwuchert waren. Er grub mit seinen Händen zwischen dem Grünbewuchs der ersten Anhöhe und fand körnigen und goldgelben Sand, der sich wunderbar zum Vermauern eignen würde. Dieser Selbstbedienungsladen ließ ihn die erste Hürde mühelos überspringen, aber die andere? ›Wie komme ich an so viele Zementsäcke? Mit der Lösung eines Problems wird sofort ein neues aufgerissen.‹ dachte Axel, als er auf der Simson nach Hause fuhr und ihm der Fahrtwind ins Gesicht blies.
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Axel war fest entschlossen, den benötigten Zement zu besorgen. Ein paar Minuten vor sechzehn Uhr hatte er auf Katzenpfötchen das Werkzeugmaschinenkombinat verlassen und war auf seine Simson geklettert. Kurz vor dem Bahnhof teilte sich die Straße an einer Kreuzung. Ein Weg führte zum Ort hinaus und der andere machte eine Biegung und was sich dahinter verbarg, war für Axel Neuland, dass er noch nie vorher betreten oder befahren hatte. Er entschied sich für die Rechtsabbiegung, legte sich mit seiner Simson in die Kurve und vergaß dabei den Blinker anzustellen. ›Zum Glück ist die Polizei oft genug nur dann da, wenn man sie braucht.‹ dachte er und seine Gedanken blieben auf der Stelle stehen, während sich das Moped weiter in unbekanntes Gelände voranarbeitete. ›Da hinten muss es irgendwo sein.‹ Links neben der Straße standen Baubaracken, an deren Ende sich ein freier mit gegossenen Betonplatten ausgelegter Platz anschloss. Dort schoss ein großes orangefarbenes Hochsilo in die Höhen des wolkenverhangenen Frühabendhimmels, das weithin wie ein Riesenrad über alles andere hinausragte.
Ein Mann mit halber Glatze und Hasenzähnen stand wie ein Aufseher vor dem Silo. Er kam, obwohl er auf dem Fleck festgewurzelt war, ein wenig gedanken- und hüftsteif daher. Sein ausgewaschener Blaumann war verstaubt. Axel nahm dies als Zeichen, dass er heute schon Zement ausgeschenkt hatte. Er holte Luft, um betont freundlich zu wirken. »Hallo mein Herr, kann ich bei Ihnen Zement bekommen.« Der Mann rührte sich nicht. Er erinnerte Axel noch mehr an einen Wachsoldaten. »Entschuldigen Sie, ich hätte gern Zement gekauft.« Der zweite Anlauf war ebenfalls freundlich formuliert, obwohl sich in Axel schon jetzt ein gewisser Widerstand regte. Der Wachmann ließ sich zu einer Reaktion hinreißen: »Ach wissen Sie, wir wollen doch alle was.« Die Schärfe seines Tons erhöhte Axels Widerstand. ›Bleib ruhig, sonst bekommst du gar nichts.‹ sagte er zu sich selbst. Immer noch freundlich und scheinbar gut gelaunt versuchte er es ein drittes Mal: »Wo kann ich denn Zement anmelden, wenn ich welchen benötige?« Der Mann mit den Hasenzähnen schien zu überlegen, welchen Stein er Axel in den Weg rollen konnte. »Beim Chef am besten, ohne sein Kopfnicken geht hier kein Hebel runter.«
»Wo finde ich den denn?«
»In seinem Büro …« er deutete mit einer sparsamen Kopfbewegung in Richtung Hauptgebäude » … Aber der ist jetzt nicht da.«
»Wann kommt er denn wieder?« Der Wachmann wurde zunehmend gereizter. Er riss wütend seine Augen auf. »Junger Mann, sehe ich so wichtig aus, als dass sich mein Kombinatsleiter bei mir abmeldet und mich um Erlaubnis bittet, auf der nächsten SED – Kreistagssitzung eine Rede halten zu dürfen?« Er drehte sich weg. Für ihn war die Unterredung abgeschlossen.
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Axel spürte wieder den Sommerwind über seine Wangen und sein Kinn streichen. Was sollte denn jetzt werden? Ohne Zement könnten sie bestimmt keine Laube bauen. Woher sollen sie denn alles bekommen? Sie bräuchten noch so viel. War er zu blauäugig? Sie kannten hier niemanden. Andere waren hier groß geworden und hatten Kontakte und sie? Er kam hier her und dachte, dass alles auf ihn wartete. Vielleicht waren die Erfolge ja nur Glückstreffer. Dabei wollte er doch Gerda nur etwas bieten, damit sie ihr Heimweh verlor.
Er fühlte einen Druck in der Magengrube. Den Druck, zu versagen. Sein grenzenloser Optimismus war zerschollen an den Klippen der rauen Wirklichkeit.
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»An dem kam man einfach nicht vorbei. Der wollte nicht und deshalb war da nichts zu machen. Der stand da wie ein Polizist und hat sein blödes Silo bewacht, als wenn dort die gesamten Goldschätze aus dem Grünen Gewölbe lagern würden.« Axel wedelte mit den Armen und Gerda erkannte ihren Mann nicht wieder. Sie versuchte, beruhigend auf ihn einzureden. »Wir haben doch schon eine ganze Menge erreicht. Sieh mal, vor einiger Zeit war der Garten noch kein Garten, sondern ein Unkrautbeet. Und wie sieht er jetzt schon aus?« Axel winkte ab. »Glückstreffer.« Gerda lächelte und gab sich Mühe, besonders einfühlsam zu sein: »Wir brauchen doch nicht unbedingt morgen eine fertige Laube. Und wenn es zwei oder drei Jahre dauert, wen kümmert es denn? Wir haben uns. Für mich würde es auch ganz ohne Laube gehen. Die Kinder fühlen sich wohl. Mir gefällt es schon viel besser. Und die Radieschen, die wir im nächsten Jahr ernten können, schmecken auch ohne Laube gut.« Er fuhr auf wie ein gescheuchter Hahn: »Hast du denn schon das kleinste Samenkörnchen für die Radieschen, die du im nächsten Jahr zu ernten gedenkst?«
»Ach Axel, du machst so viel für uns. Ärgere dich nicht über den Zementabzapfer.« Über den Zementabzapfer musste er lachen. Er konnte seine Mauer nicht mehr aufrechterhalten. Sie nahm ihn in den Arm. Er legte seinen Kopf auf ihre Schulter und atmete tief durch. Sie streichelte ihm über die Wangen: »Ach Axel, wir haben eine Schlacht, aber nicht den Krieg verloren. Was denkst du, wie viele Niederlagen wir noch einstecken müssen. Aber dabei darf man die errungenen Erfolge nicht außer Acht lassen.«
Am Donnerstagabend saß Axel allein im Wohnzimmer. Gerda war beim Sport, die Kinder lagen im Bett und schliefen. Er zeichnete auf Millimeterpapier die Draufsicht der Laube. ›Wir haben genügend Steine, um eine kleine Küche abzutrennen. Dann können wir in der Laube Mittagessen kochen.‹ Er radierte die Linien und damit seine Gedanken weg. ›Wir brauchen doch einen Geräteschuppen. Steine hätten wir auch dafür genug, aber dann brauchen wir eine zweite Tür. Und wir haben noch nicht einmal eine für den Eingang.‹ Jetzt trennte er sowohl eine kleine Küche als auch einen Teil Geräteschuppen ab. ›Wenn wir nur eine Tür bekommen, dann bauen wir sie hier zum Eingang ein. Dann mauern wir von außen zu und machen einen Zugang zum Schuppen vom Wohnzimmer aus. Wenn wir eine zweite Tür bekommen, mauern wir von innen zu und lassen in der Außenmauer Platz für eine zweite Zugangstür. Und wir brauchen vor allem Zement.‹ Bei diesem Gedanken erstarrte er und sah nichts weiter als ein großes schwarzes Loch vor sich.
Im Treppenhaus erklangen Frauenstimmen. Axel erkannte die Stimme von Gerda und einer weiteren Frau. Sie waren gut gelaunt. Die Stimmen wurden deutlicher. »Machs gut, Christa. Wir sehen uns allerspätestens am nächsten Donnerstag wieder.«
»Es war schön und von mir aus sehr gerne bis spätestens nächste Woche.« In der vierten Etage wurde ein Schlüssel ins Schloss gesteckt. Eine Tür öffnete sich und ging wieder zu. Jetzt hallten nur noch Gerdas Schritte durch den Hausflur und einen Augenblick später drehte sich ein Schlüssel und das Türschloss sprang auf.
»Hallo Axel?« Er war vom Sessel aufgestanden und ging zur Eingangstür. »Hallo Gerda. War es schön?« Sie strahlte über das ganze Gesicht. »Das hat so viel Spaß gemacht. Die Frau Richter kann richtig gute Übungen.«
»Und das Austauschen von Fraueninteressen kam sicherlich auch nicht zu kurz, oder?«
»Sogar bis nach Hause. Die Frau Knorrich, die direkt unter uns wohnt, die geht da auch hin. Ich habe sie gleich an ihren roten Haaren erkannt.«
»Können wir morgen mal nach Wittenberg fahren und dort nach Gartentüren sehen. Krugmann hat sich seine Eingangstüren für die Laube auch dort besorgt.«
»Von mir aus gerne. Wenn wir rechtzeitig loskommen, dann können wir uns