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war erst der Anfang

       Wir sind nur Gast auf Erden, Flüchtlinge nicht einmal das

       IV.SPIRITUALITÄT IN DER KUNST: DIE ALLES DURCHDRINGENDE RESONANZSPHÄRE

       Kunst lädt ein, „anders“ zu sein

       Eine lyrische Bildmeditation: Zu den Werken von Teresa Gonçalves Lobo

       furchenfelder

       Was bedeutet „Spiritualität“?

       AUSKLANG

       Anmerkungen

       Der Autor

       Die Künstlerin

       Die Werke von Teresa Gonçalves Lobo

       Impressum

      Auftakt

      Zwei Freunde gehen durch die Stadt. Plötzlich bleibt der eine stehen und sagt zum anderen: „Hörst du es auch, wie schön da ein Vogel singt?“ Der andere wundert sich: „Wie kannst du im Großstadtlärm eine einzelne Vogelstimme hören?“ Im Weitergehen lässt der eine unbemerkt eine Münze fallen. Jetzt fragt der andere: „Hast du nicht auch eine Münze fallen hören!?“ Da wundert sich der eine: „Wie kannst du im Großstadtlärm eine einzelne Münze fallen hören?“ Für einen Augenblick bleiben beide stehen, schauen sich an und gehen dann wortlos weiter.

      Der eine ist gern in der Stille zu Besuch, er fühlt sich wohl unter den Menschen, genießt es aber immer wieder, auch allein unterwegs zu sein. Er liebt die Natur, spricht mit Bäumen, umarmt sie, atmet tief ein und aus und spürt dabei, wie seine Seele weit wird. Er wandert gern, am besten entlang eines Baches stromaufwärts, und freut sich an allem, was er sehen, hören, riechen, schmecken, pflücken und genießen kann …

      Der andere liebt das Leben in der Stadt, die Abwechslung, das bunte Treiben auf den öffentlichen Plätzen. Unter den vielen Menschen, die da kommen und gehen, fühlt er sich wohl. Wenn es ruhig wird um ihn herum, wird er unruhig. Bahnhöfe und Flughäfen sind für ihn gewissermaßen „Andachtsplätze“. In den Warteräumen beschäftigt ihn die Frage, woher die Menschen kommen, wohin sie gehen, von wem sie sich soeben verabschiedet haben und wer am Ende ihrer Reise wohl auf sie warten mag.

      Der singende Vogel und die fallende Münze, auf die sie sich gegenseitig aufmerksam gemacht haben, gehen beiden nicht aus dem Kopf; doch keiner wüsste, was er davon im Moment dem anderen mitteilen könnte … „Wir kommen dorthin, wohin wir schauen“, denkt der eine. „Was wir im Herzen tragen, da hinein werden wir verwandelt. Den Sinn des Lebens finden wir über unsere Sinne, dazu aber bedarf es der Stille, der Ruhe, des Alleinseins als Voraussetzung für das ‚All-eins-Sein‘ mit den Menschen, mit Gott und der Welt.“ An seinem Freund gefällt ihm „das andere“, von dem er nichts wüsste, wenn es diesen nicht gäbe.

      Der andere, den das Fallen der Münze hellhörig macht, nimmt mit beiden Händen, was er bekommen kann. „Nur Bares ist Wahres“, sagt er gern. Er liebt die Abwechslung und die Freiheit, sich immer wieder etwas gönnen zu können. Jetzt aber zögert er, seinem Freund davon zu erzählen: Dieser könnte das missverstehen und von ihm denken, er hätte am Lärm der Stadt größeren Gefallen als am Gesang eines Vogels. Dass er in vielen Dingen ganz anders denkt, erachtet er als Gewinn; wo zwei immer einer Meinung seien, wäre einer der beiden überflüssig, wie – so behauptet er – Winston Churchill gesagt haben soll.

      Irgendwann entlang ihres Weges ergibt sich aus diesen getrennt voneinander gedachten Gedanken ein gutes und langes Gespräch, was für eigenartige Vögel sie doch wären, wie grundverschieden und dabei doch so liebevoll umeinander besorgt und darüber froh, dass der eine nicht ohne den anderen unterwegs ist.

      Dieses Buch ist der Versuch, das Gespräch dieser beiden Freunde weiterzuführen, ihren unausgesprochenen Fragen, Gedanken und Überlegungen Raum zu geben. Einige Leserinnen und Leser sind den beiden schon in meinem Buch „Klang der Seele“ begegnet; damals allerdings hatten sie sich noch nicht so gut gekannt. Die Unterschiede zwischen den beiden waren größer: der eine jung, der andere alt und jeder der beiden noch eher nur mit dem eigenen Standpunkt beschäftigt und noch nicht so erfahren im Umgang miteinander wie die beiden Freunde jetzt.

      Wie damals geht es auch heute noch darum, auf der Spielwiese des Alltags gleich vierfach das Abenteuer der Resonanz als Ermutigung zu entdecken: Einmal dadurch, im Gespräch miteinander erleben zu dürfen, mit unseren Gedanken und Gefühlen nicht allein zu sein und sich von anderen verstanden zu wissen; über Unterschiede hinweg „gut“ miteinander zu „können“, einen „Draht“ zueinander zu finden, weil, wie wir manchmal sagen, zwischen uns „die Chemie stimmt“.

      Nicht weniger wichtig ist die Erfahrung, dass Auseinandersetzungen Gelegenheiten bieten, die eigenen Gedanken zu schärfen, in einer Streitkultur die Kunst zu üben, Argumente präziser zu formulieren, daran zu wachsen, den Horizont zu erweitern und sich über Dazugelerntes und neue Sichtweisen freuen zu können. Der Volksmund weiß ja nicht nur, dass „Gleich und Gleich sich gern gesellt“, sondern auch, dass Gegensätze sich anziehen, weil er aus Erfahrung weiß, wie viel Kraft und Potenzial in klug geführten Auseinandersetzungen stecken. Vorausgesetzt freilich, beide Seiten sind dabei mehr am Gemeinsamen als am Trennenden interessiert, mehr an Klärungen als an Siegen.

      Das dritte und vierte Feld der Resonanz als ermutigende Erfahrung sind eng verwoben und die geheimnisvollsten und schönsten, weil sie aus der Stille kommen und wieder in die Stille führen. Sie lassen staunen, sie bedürfen keiner Worte. Das dritte Feld lässt sich am besten mit dem Bild der Reise und des Unterwegsseins fassen, mit dem Erreichen eines Ziels – in der äußeren wie inneren Welt. Ist man angekommen, gibt es einem das Gefühl, mit Menschen und auch mit den Orten, an denen sie leben, verbunden zu sein, sich geborgen und nicht allein (gelassen) zu fühlen.

      Dieses Feld ist aber gleichzeitig das am schwersten zu fassende, weil es den Menschen auch mit den Abgründen des Menschen konfrontiert und ihn so die Orte, an denen solches passiert, meiden lässt, weil er an ihnen nicht freiwillig an negative Erfahrungen im menschlichen Miteinander erinnert werden möchte. Solche Erfahrungen gipfeln nicht selten in dem Satz: „Dort gehe ich nicht (mehr) hin!“ Damit kommt zum Ausdruck, wie mühsam und belastend es sein kann, an Negativ-Erlebtes erinnert zu werden; gleichzeitig aber wird dadurch auch bewusst, dass ein Mensch dem Leben und seinen täglichen Zumutungen nicht immer nur ausweichen, sondern daran auch wachsen kann. Resonanz erscheint so als die Grundmelodie allen Lebens, der sich kein Mensch zu verweigern vermag.

      Bei allem, was er unternimmt, bietet ihm das Leben eine Spielwiese für das Abenteuer der Resonanz: Einmal in inniger Begegnung und Übereinstimmung mit anderen Menschen, dann in der Abgrenzung von ihnen beziehungsweise in der Auseinandersetzung mit ihnen; und das alles immer und überall in Verbindung mit der Natur und den konkreten Ereignisorten. Die dort erfahrenen Erlebnisse lassen seine erlebten Erfahrungen unverwechselbar an diesen Ort gebunden sein, und wenn er davon später zu erzählen beginnt, wird er immer zu sagen wissen, wo und wann sich etwas mit wem ereignet hat. Von der Geburt bis zum


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