Politik ohne Gott. Группа авторов
unter Hinweis auf Belange des Kindeswohles als Fall der Körperverletzung im Sinne des Strafgesetzbuches qualifizierte und einen einschlägig angeklagten Arzt nur deshalb freisprach, weil diesem die Unkenntnis dieser Rechtslage persönlich nicht anzulasten sei. Beim Gesetzgeber sprach sich anschließend schnell herum, dass ein Staat mit der Geschichte der Bundesrepublik schlecht beraten sei, ausgerechnet auch jüdischen Religionsgemeinschaften strafrechtliche Nachhilfe in Fragen der Körperverletzung erteilen zu wollen. Schon im Dezember 2012 kam es deshalb mit einer neuen familienrechtlichen Regelung im Bürgerlichen Gesetzbuch zur förmlichen Legalisierung der Beschneidung.
So ambivalent wie in der Gesetzgebung oder in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes geht es in der Frage der staatlichen Neutralität in den Angelegenheiten der Religionen allerdings auch im Grundgesetz selbst zu. So heißt es schon in der Präambel zum Grundgesetz, dass sich das deutsche Volk das Grundgesetz »im Bewusstsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen« gegeben habe. Dem bekenntnisorientierten, »nach den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften« erteilten Religionsunterricht in den öffentlichen Schulen wird im Grundgesetz die verfassungsrechtliche Garantie eines ordentlichen Lehrfaches zuteil. Im Ultima Ratio-Fall ist das Verbot verfassungsfeindlicher Parteien im Grundgesetz ebenso vorgesehen wie die theoretische Möglichkeit der Verwirkung von Grundrechten wie etwa der Meinungs-, der Presse- oder der Versammlungsfreiheit, wenn sie mit dem Ziel der Beseitigung der Verfassungsordnung der Bundesrepublik zum Einsatz kommen. Dem gegenüber kennt das Grundgesetz aber weder ein Religionsverbot oder die Verwirkung der Glaubens- oder Religionsfreiheit. Verboten werden können allenfalls Vereine, die sich mit religiöser Begründung aggressiv und militant gegen die Demokratie und den Rechtsstaat in Stellung bringen.
An Kopftüchern oder anderen religiösen Symbolen in öffentlichen Schulen oder anderen staatlichen Bereichen wird der säkulare demokratische Staat am Ende nicht scheitern. Gefährlich wird es aber dann, wenn religionskritische Publikationen, Karikaturen oder Kunstwerke, auch und gerade solche, die sich beispielsweise mit dem Islam auseinandersetzen, von interessierter Seite zum Anlass genommen werden, unter Berufung auf die Freiheit des religiösen Glaubens massive Einschränkungen der säkularen Errungenschaften der Meinungs- oder Kunstfreiheit zu fordern. Hier ist nicht ein förderndes Verhältnis des Staates zu den Religionsgemeinschaften gefragt, sondern die Stärkung des Gebotes der Neutralität des demokratischen Rechtsstaates im Interesse der energischen Verteidigung seiner säkularen Errungenschaften. Dass es mittlerweile rechtsextremistische oder rechtspopulistische Gruppierungen gibt, die sich mit diesen Errungenschaften tarnen, um ihren minderheits- und fremdenfeindlichen deutschen Nationalismus besser propagieren zu können, ändert hieran nichts.
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