Dr. Hufeland’s Hausapotheke. Christoph Wilhelm Hufeland
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Dr. Hufeland’s
Haus- und Reiseapotheke
Jedermann sollte heute eine Hausapotheke sein eigen nennen. Wie oft muß nicht der Landbewohner in der Stadt auf den Arzt und später in der Apotheke auf die Bereitung der Arzenei warten, wie viele Zeit geht nicht damit verloren, während daheim ein teures Familienglied vor Schmerzen jammert und laut nach Hilfe schreit! Und doch genügen oft schon die einfachsten Mittel, dem Uebel abzuhelfen, wenn sie nur zur Stelle wären. Es ist außerdem gar nicht immer notwendig, die für eine Hausapotheke notwendigen und passenden Mittel für teures Geld in der Apotheke zu erstehen. Da draußen im Garten, an den Hecken und Zäunen, an Rainen und Wegrändern, da wächst so manches scheinbare unnütze Kraut und Unkraut, in das jedoch eine weise Vorsehung viele verborgene und wunderbare Kräfte hineinlegte zu Nutzen und Frommen des Beherrschers der Natur. Warum sollten wir uns diese verborgenen Kräfte nicht dienstbar machen? Ist es Bequemlichkeit, ist es Unwissenheit, die so viele an diesen Gottesgaben der Natur so achtlos vorübergehen läßt? Ich glaube, es ist mehr das letztere. Darum komm, lieber Leser, und lerne! Wir geben in nachfolgendem ein Verzeichnis der notwendigsten Bestandteile einer Hausapotheke und derjenigen arzeneilichen Mittel, die sich jedermann fast ohne pekuniäre Opfer beschaffen kann.
Abkürzungen: Gr. = Gramm, W. = Wasser.
A
Abführmittel sind solche Mittel, die reizend auf den Darm wirken und imstande sind, Darmentleerungen zu bewirken. Es gibt deren eine ganze Reihe, scharfe, erschlaffende und kühlende. Für die Hausapotheke sind zu empfehlen: Kurellasches Brustpulver, 3 x täglich 1 Eßlöffel voll für Erwachsene, eine Messerspitze voll für Kinder, – Rizinusöl, alle zwei Stunden einen Eßlöffel voll (Kinder die Hälfte), bis Wirkung erfolgt, – Karlsbader Salz oder gebrannte Magnesia, 1–2 Teelöffel voll in einem Glase lauwarmem Wasser gelöst, morgens nüchtern zu nehmen, – St. Germaintee, 2 gestrichene Kaffeelöffel voll auf 120 Gr. W., abends vor dem Schlafengehen zu trinken, die Wirkung stellt sich dann am nächsten Morgen ein, – Sennesblättertee, 5–15 Gr. auf 200 Gr. W., zweistündlich 2 Eßlöffel voll zu nehmen, bis Wirkung erfolgt.
Alantwurzel. Der Alant (Inula Helenium) ist auf Waldwiesen, an Gräben und Flußufern nicht selten anzutreffen. Die Wurzel hat im frischen Zustande einen kampferartigen, in getrocknetem Zustande einen veilchenartigen Geruch und besitzt einen eigentümlichen Harzstoff. Die Alantwurzel wirkt besonders schleimabsondernd und findet deshalb besonders Anwendung bei Verschleimungen der Atmungsorgane, außerdem auch bei Gicht, Gelbsucht und Bleichsucht und äußerlich gegen Hautausschläge. Anwendung: 0,5–1 Gr. pulverisierte Wurzel, täglich 3x, – 8–16 Gr. Pulver werden in 180 Gr. heißem W. aufgelöst, von der Lösung zweistündlich 1 Eßlöffel voll zu nehmen. – Zu Alanttee nimmt man 30 Gr. Wurzel und 12 Gr. Süßhornwurzel, läßt dieses 3 Stunden lang in 1 Liter kochendem Wasser ziehen und trinkt hiervon täglich einige Tassen bei Engbrüstigkeit und hartnäckigem Husten. Aeußerlich wird dieser Tee zum Waschen der Haut bei Krätze pp. gebraucht. Alant-Magentinktur: Nimm je 30 Gr. Alantwurzel, Sennesblätter, Süßholz, Quajaholz, Anis- und Koriandersamen, 120 Gr. entkernte und zerstoßene große Rosinen, übergieße alles mit 750 Gr. gutem Kornbranntwein, lasse die Flüssigkeit 4 Tage ziehen und seihe sie dann ab. Von dieser Tinktur nimmt man morgens und abends 60 Gr. bei Kolik, Gelbsucht und langwierigen Hautausschlägen.
Alaun, schwefelsaure Tonerde wirkt zusammenziehend und beschränkt die Schleimabsonderung. Man wendet ihn äußerlich an gegen Blutungen bei Wunden und Geschwüren, gegen Eiterung, in gebranntem Zustande gegen schwammige Auswüchse und Brand, als Lösung (0,10 : 30) bei Nasenbluten und Augenentzündungen, (1 : 100) bei Mundausspülungen und Einspritzungen in die Harnröhre und in die Scheide. Innerlich nimmt man Alaun in Dosen von 0,10–0,50 Gr. bei Magen- und Darmerkrankungen.
Alaunmolke wird in der Weise hergestellt, daß man ½ Liter Kuhmilch in einem ehernen Gefäß aufkocht und derselben 4 Gr. gestoßenen Alaun zusetzt. Die durch Filtration geschiedenen Molken werden tassenweise getrunken, so daß täglich ½–1 Liter verbraucht werden. Dies Getränk ist besonders für solche Kranke empfehlenswert, welche an Bluthusten oder an chronischem Durchfall leiden.
Aloe ist eine allgemeine Topfpflanze. Die fleischigen Blätter derselben, der Länge nach durchschnitten und aufgelegt, wirken vorzüglich bei Verwundungen, Entzündungen, Eiterungen und besonders heilend und hautbildend bei Verbrennungen. Der ausgepreßte Saft hat einen unangenehmen widerlichen Geruch und einen scharfen bitteren Geschmack. Er gehört zu den scharfen, drastischen Abführmitteln. Läßt man den Saft der Aloe verdunsten, so gewinnt man die trockene Aloe. Löst man von derselben eine Messerspitze voll in einem Glase heißen Wassers, so erhält man ein vorzügliches Augenwasser zur Anwendung bei trüben, rotunterlaufenen, triefenden und eiternden Augen.
Altee, weiße Pappel, Sammetpappel, Eibisch ist eine nicht unbekannte Gartenheilpflanze. Die Bestandteile dieser Pflanze, vorzüglich die Wurzeln, wirken einhüllend, besänftigend, erweichend und zerteilend und finden Anwendung, als Tee zubereitet, bei Husten, Heiserkeit, Katarrhen, auch äußerlich bei Entzündungen und chronischen Hautkrankheiten. Den Tee, welcher tassenweise getrunken wird, erhält man durch Aufguß von 1 Liter Wasser auf 8–12 Gr. getrocknete und zerschnittene Pflanzenteile und durch Einkochen dieser Flüssigkeit bis auf ¾ Liter. Die sogenannten Eibischzeltel, welche gerne gegen Husten genommen werden, bereitet man aus 50 Teilen Alteewurzel, 500 Teilen Raffinade und 5 Teilen Pomeranzenblütenwasser und dem nötigen Wasser. Auch zur Bereitung des allgemein bekannten Brusttees findet die Eibischwurzel Verwendung.
Ameisenspiritus bereitet man in folgender Weise: Eine Flasche wird mit Zucker ausgestäubt und in einen Ameisenhaufen versenkt. Nach kurzer Zeit hat sich die Flasche mit Ameisen gefüllt, worauf man die letzteren mit Kornbranntwein oder Sprit (2 Ko. auf 2 Ko. Ameisen) übergießt und die Flasche einige Tage in die Sonne stellt. Der so bereitete Ameisenspiritus ist als Einreibungsmittel beliebt bei Gicht, Rheumatismus, Lähmungen, Quetschungen und wirkt belebend und kräftigend auf Haut und Nerven.
Andorn gehört zu den Lippenblütlern, wächst auf unbebauten Stellen, auf Schutthaufen, auf Brachäckern, an Triften und Wegen und blüht vom Juni bis September. Die Blüten werden stark von den Bienen beflogen. Der Andorn ist auch unter den Namen Mariennessel, Berghopfen, Gotteshilfe, weißer Dorant bekannt. Die Pflanze enthält neben einem die Verdauung befördernden Bitterstoff noch verschiedene Salze, die auflösend wirken und besonders anregend den Blutumlauf beeinflussen. Die Pflanze findet deshalb Verwendung bei Brustverschleimung, bei Stockungen im Unterleibe, bei Blutstauungen, Anschwellungen der Leber und bei Hämorrhoiden. Man bedient