Osteopathische Diagnostik und Therapie. John Martin Littlejohn
folgt extremer, krampfartiger Schmerz als Folge von Erbrechen und Diarrhö, die wiederum mit dem Vegetativen Nervensystem zusammenhängen.
Pathologie
1. Geschwächter Zustand von Magen- und Darmschleimhaut. Der Keim agiert nicht auf das System, bis er mit diesen Schleimhäuten in Kontakt kommt. Das Gift des im Blut festgestellten Keims erzeugt die Cholerasymptome. Man hält dies für die Basis von Cholera. Bei gesundem Magen und intakter Schleimhaut greift der Keim den Patienten nicht an, weil der Magensaft germizid ist. Dies ist eine logische Tatsache, die wir in unserer medikamentenfreien Therapie nutzen können. Bei alkalischerem Zustand des Magens und des Instestinum werden Säuren verordnet, um sie zu neutralisieren. Wir können diese Methode umkehren, indem wir Sekretionen im Magen unterstützen, bis dieser nach Wiederherstellung seines Normalzustandes fähig ist, genügend Magensaft zu produzieren, um alle Keime zu töten, die sich angesiedelt haben.39 Wird der Magen alkalischer, kann sich Cholera entwickeln. Die prädisponierenden Ursachen sind u. a. heißes Klima, unhygienische Zustände, Feuchtigkeit und Wohnen am Meer, denn das von dort kommende Ozon schwächt die Schleimhaut. Übermäßiges Essen und Trinken sind ebenfalls prädisponierende Ursachen.
2. Ein charakteristischer Zustand ist ein postmortaler Temperaturanstieg bei raschem Eintreten der Leichenstarre. Denguefieber und Cholera ähneln sich – der Körper tendiert dazu, seine Flüssigkeit auszustoßen und größere Festigkeit zurückzulassen. Der Zustand ist in erster Linie durch übermäßige Kontraktionen des Muskelsystems und Flüssigkeitsmangel bedingt.
3. Nach dem Tod stellen wir auch eine hämorrhagische Marmorierung der Haut fest, hervorgerufen durch die Auflösung des Bluts. Schneller Stoffwechsel aufgrund übermäßiger Vasokonstriktion.
4. Ein weiteres Merkmal bei Cholera ist der geschrumpfte und kontrahierte Zustand von Magen und Darm bedingt durch übermäßige Vasokonstriktion und Peristaltik sowie durch eine Alkalität der Gewebe, was dazu führt, dass sich nicht nur das Blut, sondern auch die Schleimhaut und die Peyer-Drüsen, also die Sekretionsdrüsen in Magen und Darm, auflösen.
5. Stets kommt es zu einer plötzlichen Auszehrung und Schwächung der Gewebe, insbesondere der Schleimhaut, was zu Transudationen des Serums aus dem Magen ins Instestinum führt. Sind Letztere katarrhalisch, befällt die Cholera sie unmittelbar. Ist die Schleimhaut anämisch, wird die Cholera sie sehr schnell angreifen.
Bei typhoider Cholera, die eine Komplikation von Typhusfieber und Cholera darstellt, sind alle Drüsen des Darmtrakts betroffen.
In den meisten Fällen von Cholera zeigt sich die Schleimhaut nach dem Tod wund und irritiert. Weitere pathologische Zustände sind:
1. Anschoppung der Nieren und der Leber.
2. Fettige Degeneration von Leber, Milz, Nieren und Herz.
3. In den Blutgefäßen besteht ein hyperämischer Zustand, gefolgt von regionaler Stauung. Das gilt vor allem für die Medulla.
Die pathologischen Zustände lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:
1. Abbau epithelialer Gewebe.
2. Desintegration der weißen und roten Blutkörperchen. Aus diesen Veränderungen und den Aktivitäten der Keime ergeben sich drei Stadien:
a. Schmerz ohne Diarrhö, Übelkeit, Kopfschmerzen, einigermaßen normale Temperatur. Diese Phase dauert fünf Stunden bis eine Woche.
b. Kollapsstadium. Jetzt ist die Diarrhö extrem und außer Kontrolle mit schmerzhaften, charakteristischen Koliken. Dazu kommen Muskelschmerzen, intensiver Durst und eine eiskalte Körperoberfläche, während die Temperatur im Körperinneren zwischen 39,5 und 40,5 Grad Celsius beträgt. Es herrscht ein Stupor oder ein komatöser Zustand vor. Dieses Stadium dauert zwischen 12 und 15 Stunden.
c. Überlebt der Patient, kommt es zu einer Reaktion, die sich zunächst in Wärme äußert.
3. Trennung der flüssigen von den festen Elementen im Blut. Nach Stupor und Koma hört die extreme Diarrhö auf und an ihre Stelle tritt ein äußerst starker Harnfluss. Ist dieses Stadium wiederherzustellen, bestehen große Chancen für eine Erholung des Patienten.
Behandlung
1. Präventive Behandlung, Hygiene, Desinfektion usf. wurden bereits unter Typhusfieber erörtert. Wasser sollte gekocht werden. Verordnen Sie reichliche, gut verdauliche Nahrung – vorverdaut wie z. B. Pankreatin. Entziehen Sie dem Patienten die Nahrung nicht, denn es handelt sich hier um eine Erkrankung, die zu einem gewissen Grad auch Mangelernährung zurückgeht.
2. Befreiung von Läsionen. Nehmen Sie eine Spezialbehandlung der größeren Nervi splanchnici im abdominalen Bereich vor (Th6–Th10).
a. Führen Sie eine ähnliche leichte Behandlung lokal am Abdomen aus.
b. Eine starke Stimulation des rechten pneumogastrischen Nervs ist ebenso von Wert, weil dieser Nerv Magen, Herz und Lungen beeinflusst. Man erreicht ihn am besten an der rechten Halsseite, entweder am Atlas aus oder an der Klavikula. Dort liegt er in der Hülle der karotiden Arterie. Alle Impulse – seien sie durch den pneumogastrischen Nerv stimulierend oder hemmend – werden zum anterioren Teil des Solarplexus gesendet, wo der Impuls an die Bedürfnisse der Organe angepasst wird. Wird der Nerv nun z. B. bei hyperstimuliertem Magen stimuliert, passt der Solarplexus die Stimulation an die Bedürfnisse des Magens an – und reflektiert einen hemmenden Impuls dorthin. Wegen dieser Fähigkeit, Impulse bedürfnisgerecht anzupassen, nennt man den Solarplexus zu Recht auch das Bauchhirn.40
3. Bei exzessiver peristaltischer Aktivität:
a. Starke Hemmung aufwärts von Th11 aus.
b. Um die Zirkulation an der Oberfläche zu erleichtern, stimulieren Sie Th3 und Th4 mittels rhythmischer Behandlung.
c. Das Instestinum sollte mit antiseptischem Seifenwasser gespült werden, um irritierende Substanzen zu entfernen.
d. Injektion einer normalen Salzlösung in den Darmbereich. NaCl zusammen mit Seifenlauge bringt ein gutes Ergebnis.
e. Leichte Hemmung im Bereich des Kolon, beginnend an der sigmoidalen Flexur.
4. Erbrechen sollte mit der üblichen Methode behandelt werden: Hemmung an Th6 und Th7, rhythmische Behandlung an Th4 und Th5, in schweren Fällen Hemmung an Th4 und Th5.
5. Diarrhö lässt sich durch stark hemmende Druckbehandlung der Nervi splanchnici an Th4, Th5 und Th6 lindern. Im ersten Stadium ist die Diarrhö noch schmerzlos, im zweiten Stadium wird sie jedoch schmerzhaft. Nach der Behandlung der Nervi splanchnici sollte eine starke Hemmung am rechten Nervus vagus durchgeführt werden. Ins Blut injizierte Kochsalzlösung (NaCl) erzielt eine gute Wirkung. Das Blut wird hierdurch isotonisch. Menschen, die ständig hartes Wasser trinken, können es durch Einnehmen von Borax41 weichmachen, denn Borax enthärtet das Wasser.
6. Behandlung von Schlaflosigkeit:
a. Rhythmische Behandlung der Karotiden;
b. Hemmung an C7 und Th1.
7. Herzschmerzen kontrollieren Sie durch Behandlung des Ganglion cervicale superius.
8. In Fällen mangelnder Koordination von Lungen und Herz nehmen Sie, wenn der Patient sehr schwach ist, eine rhythmische Behandlung des linken pneumogastrischen Nervs vor.
Wir haben zwei Schlüsselbehandlungen gefunden:
1. Körperwärme – oberflächliche Zirkulation.
2. Anregung der Urinausscheidung.
CHOLERA (2)
Cholera ist eine akute katarrhalische Entzündung des Magens und des Instestinum. Charakteristisch sind:
1. schwere Bauchschmerzen,