Beter as de Dood. Hans Hermann Cordes
der Sprache zu erzählen, die in dieser Zeit üblicherweise gesprochen worden ist. Dabei ist allerdings das Idiom angewandt worden, das dem plattdeutschen Dialekt in Norddeutschland am nächsten kommt.
• siehe Anhang – Das Mädchen mit den Schwefelhölzern
De veer Muskanten vun Bremen
Etwas Besseres als den Tod findest du überall sagten sich Esel, Hund, Katze und Hahn, gerade erst dem sicheren Tode entronnen, weil sie ihren Herrschaften nicht mehr zu Nutzen waren und machten sich auf den Weg nach Bremen, wo vier neue Ratsmusikanten gesucht wurden.
So beginnt das Märchen der Brüder Grimm, das auf Erzählungen der Familie von Haxthausen aus Bökendorf, einem Ortsteil von Brakel im Kreis Höxter zurückgeht. Das Herrenhaus Schloss Bökerhof war in den Jahren 1810 - 1834 Treffpunkt des so genannten Bökendorfer Romantikerkreises, dem u. a. Jacob, Wilhelm und Ludwig Emil Grimm, Heinrich Hoffmann von Fallersleben, Clemens Brentano und die Schwestern von Droste zu Hülshoff angehörten. Begründet wurde dieser Literaturkreis durch die Brüder von Haxthausen. Bei ihren Zusammentreffen sammelten die Brüder Jacob und Wilhelm Grimm auch hier ihre Märchen, Volkslieder und Sagen, zu denen die anderen Literaten beitrugen. Zu den bekanntesten Märchen vom Bökerhof zählten die Bremer Stadtmusikanten. Der illustre Kreis wurde sich wohl nicht einig darüber, ob die Bremer Stadtmusikanten nun tatsächlich nach Bremen gelangten oder gewissermaßen vor den Toren der Stadt ihre dauerhafte Bleibe fanden. Die Romantiker betrachteten die ganze Sache ein wenig romantischer, hätten sich die Tiere dort in der Räuberhütte im Walde für immer gut gehen lassen. Doch die Geschichte ist anders verlaufen, als es sich dieser Kreis denken oder vorstellen konnte.
Auch wenn es sich hierbei um ein Märchen aus dem Bereich der Tierfabel handelt, sind leicht Vergleiche zu den Mägden und Knechten zu erkennen, die von den großen Höfen und Gütern verjagt wurden, wenn sie ihren Herrschaften, aus welchen Gründen auch immer, nicht mehr zu Diensten sein konnten, nicht einmal mehr, um wenigstens ihr Gnadenbrot zu erhalten. Insoweit sind durchaus sozialutopische Aspekte zu erkennen. Kritik an den prekären Verhältnissen der Unterschichten klingt nur in sehr vorsichtiger Form an, um nicht mit den Mächtigen der Zeit in Konflikt zu geraten, was die Brüder Grimm selbst am eigenen Leib erfahren mussten.
Etwas Besseres als den Tod findest du überall, sagten sich nicht nur die „nichtsnutzigen“ Kreaturen, um aus ihrem Leben doch noch das Beste zu machen, sondern ist auch vielfach Leitmotiv in der Literatur, nicht aufzugeben, sondern mit Kraft und Mut einen Neuanfang zu wagen und sein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen. Carl Zuckmayer greift dieses Thema in seinem Theaterstück Der Hauptmann von Köpenick auf, wenn der Schuster Voigt dem bei seiner Schwester und ihrem Mann zur Untermiete wohnenden todkranken Mädchen aus dem Märchen vorliest.
Dass die Tiere erst einmal im Urwald des Hasbruchs vor den Toren der Freien Hansestadt eine Ruhe- und Erholungspause einlegten, um dann mit neuem Tatendrang gen Bremen aufzubrechen, erschließt sich erst aus dem weiteren Verlauf des Geschehens.
De Buer harr al den Afdecker Bescheed geven, he künn vörbikomen un sienen Esel Grieskopp afholen. För’n poor Doler künn he em hebben. Üm de Hund Footto un de Katt Boortputzer scherte he sik al sülvst, sä de Buer. De Hohn Kiki kreeg ‘n Kopp körter un denn af mit em in’n Pott un Pann, dat wöör ‘t denn.
Wenn ‘t di an’n Krogen geiht, weiht keen goder Wind,
dat harrn use dree Veerbener un de Hohn kapeert un sik fix ut’n Stoff mokt.
De Deerten harrn sik dat kort överleggt. Dat wöör alltomol better as in’ne Veehverweertung to lannen. Af dör de Mitt un in ‘t Holt. För de Frünnen wöör dat doch nich so licht, as se menten. As se an Ovend jümmers noch in’n Woold faststekten, hefft se sik dat kommodig mokt, up weekt Moos leggt un sik to Roh begeven. Kort vör’n Inslopen hefft se over in de Neegde lüttjet Huus sehn, ut’n Schosteen steeg witter Rook up. Vun witten Rook harrn se al mol wat bi anner Gelegenheit hört. Vörsicht, ganz suttje, hefft se sik an dat Huus ansleken un dör dat Finster in de Stuuv blickt. Dor sitten an’n groten Holtdisch veer Mannslüüd, de hefft sik dat gootgohn loten. Se hefft Beer un Wien drunken, Broot mit Schinken un Speck eten un noch so allerhand rinhaut un jümmers nich so ganz anstännige Leder sungen. De Esel wöör ganz bi de Sook un harr mit den annern dree ok glieks den dootsekern Plon utklamüsert. Up Kommando un mit höllschen Larm sünd de veer dör ‘t Finster in de Stuuv sprungen. De Larm güng de Räuvers güng
dör Mark un Been.
Postkartenmotiv zu den Bremer Stadtmusikanten von Oskar Herrfurth (vor 1934) Dor wöör nu goder Root düer.
Düsse Dööspaddels hefft foorts Rietut nohmen un sik in Holt verkrupen. De Esel, de Hund, de Katt un de Hohn hefft denn de Plätz an Disch innohmen un
eten, as wenn se veer Weken hungern schullen.
De Keerls vun dat Räuverwarf hefft sik over nich so fix
in’t Buckshoorn jogen loten
un hefft de Jüngsten vun jem to dat Huus torüchschickt, üm no ‘n Rechten to kieken.
De Esel hett em bin Intritt in ‘t Huus ornlichen Pedd in’n Moors verpasst, de Hund hett em in ‘t Been beten, de Katt hett em binoh de Ogen utkratzt un de Hohn hett sien Kikeriki kreiht. Dat wöör den Jungkeerl vun de Räuvers to veel un he hett sien Räuverhauptmann gresige Geschichten vertellt. De Räuvers hett man nie nich wedder sehn in de Neegde vun düssen Huus.
De veer Frünnen hefft sik dat nu goot gohn loten un in Freden leevt. Se harrn de Afsicht, vun nu an jümmers un ewig dor to blieven. Over dat güng denn noch nich so, as se sik dat dachten. Dat möss so komen, as dat komen is. Wenn’t keen Eten mehr do is un keen Bringdeenst vörhannen, denn mutt man sik wat anners infallen loten. De kloke Esel hett denn de ole Idee vun de Bremer Stadtmuskanten wedder in ‘t Späl brocht. Alle veer wören inverstohn. Vun wegen de Veer sünd nie nich in Bremen ankomen, dat stimmt nu redig nich. Nu, wo de Deerten ornlich Mumm in’ne Knoken harrn, hefft se sik den kortfardigen Weg utsöcht, üm noch bitieden dat Anbott för de Raatsmuskanten aftogeven.
Dat wöör för jem eene Streek Wegstünn vun twee Daag, un de hefft se torüchleggt vun Hasbrook (Hasbruch) dör Hölter un över Wischen. Se mössen uppassen, dat nüms se to foten kregen. Man kunn jo nich weten. De Voss is ut sien Bo kropen un hett sik woll up’n Hohn as so ‘n lüttje Mohltiet freit. Dor is denn de Hund up em losgohn, hett em angnurrt un torüchjogt to siene hungerige Familje. De veer Frünnen harrn mehr Glück as dacht. As se denn bi dat Dörp Grolland ankomen sünd, hefft se dat Lann Ollenborg verloten un sünd över de Grenz no de Freie Hansestadt Bremen komen. Da wören se seker. De Anbottsfrist wöör ok noch nich aflopen. Se mössen vörspälen, un de Börgermeester wöör hellup begeistert.
De ne’en Raatsmuskanten hefft denn bi Hochtieden upspält, den Hochtietstog anföhrt, bi Gräffnissen de Troermusik mokt, dat de Troergemeen Snotten un Tronen blarrt hefft. Dat Orchester hett sik tosomensett ut twee Trumpeten, twee Pieper un af un an möss ok een vun jem de Posaune blosen, bi Stootsbesöken de Natschonolhymnen spälen, un de Raats- chor möss de Natschonolhymnen singen. De veer Raatsmuskanten wören vun nu nich mehr ut’n Leven vun de Stadt wegtodenken. Un dor ehre Stimmen so schöön klingen, warrt överleggt, of se nich ok in Rathschor mitsingen künnt.
Un wokeen dat tolest vertellt hett, den is de Mund noch warm.
Was noch anzumerken ist
An hellen Tagen kann man die vier Bremer Stadt- oder Ratsmusikanten im Rathaus auf ihren Instrumenten leise spielen hören. Sie erinnern sich dann an die längst vergessenen schlechten Zeiten. Im Sommer legen sie eine Probe ihres Könnens auf dem Liebfrauenkirchhof ab, wenn sie dort ihre Geschichte den Leuten erzählen und spielen. Wer ihre Geschichte dann weiter erzählt, dem ist der Mund noch warm.