Spinner. Schelme. Scharlatane. Gerhard Dienes

Spinner. Schelme. Scharlatane - Gerhard Dienes


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      Johannes Sachslehner

      PORTRÄTS aus dem

       WIENER NARRENKASTL

      ISBN 978-3-990-040438-6

      Wien – Graz – Klagenfurt

      © 2016 by Styria Premium in der

      Verlagsgruppe Styria GmbH & Co KG

      Alle Rechte vorbehalten

      Bücher aus der Verlagsgruppe Styria gibt es in jeder Buchhandlung und im Online-Shop

      

      Covergestaltung: Bruno Wegscheider

      Produktion und Gestaltung: Alfred Hoffmann

      Reproduktion und Bildbearbeitung: Pixelstorm, Wien

      E-Book-Herstellung: Zeilenwert GmbH 2017

      INHALT

       Cover

       Titel

       Impressum

       Fast a jeder Wiener is a klaner Spinner

       Der Goldmacher · Der Mann, der sich Sehfeld nannte

       Der Handaufleger · Franz Joseph Graf von Thun

       Der Narrendattel · Johann Lochner

       Der geniale Illusionist · Johann Nepomuk Mälzel

       Der Selbstverewiger · Joseph Michael Kyselak

       Der Zauberer vom Cobenzl · Carl Ludwig von Reichenbach

       Der Wuotanspriester · Guido von List

       Der Eisnarr · Hanns Hörbiger

       Der Verjünger · Eugen Steinach

       Der Arioheroiker · Jörg Lanz von Liebenfels

       Der verirrte Philosoph · Otto Weininger

       Der politische Traumwandler · Peter Waller

       Quellen- und Literaturverzeichnis

       Bildnachweis

      FAST A

       JEDER WIENER

       IS A KLANER

       SPINNER

      Die Menschen sind so notwendig verrückt, dass nicht verrückt sein nur hieße, verrückt sein nach einer anderen Art von Verrücktheit.

       Blaise Pascal, Gedanken

      Stultorum infinitus est numerus ·

      Die Narren seynd ohne Zahl und ohne Ziel

       Abraham a Sancta Clara,

       Hundert Ausbündige Narren

      Fast a jeder Wiener is a klaner Spinner“, sang einst der Wiener Liedermacher Hans Lang und das Publikum pflichtete ihm gerne bei – ja, die Wiener galten und gelten als etwas „ver-rückt“. Gleich hundert „ausbündige Narren“ wollte Abraham a Sancta Clara unter seinen Zeitgenossen erkennen: vom „Astrologischen Narren“ bis zum „Weiber-Narren“, vom „Bücher-Narren“ bis zum „Zauberey-Narren“. Ganz Wien war dem wortgewaltigen Barfußprediger und eifrigen „Narrengeißler“ (Ulrich Holbein) ein „Narrennest“ und ein „Karrn voller Narrn“ – „Wer die Welt nennt ein Narren-Häusel, der nennt sie recht“, war sein beliebter Spruch.

      Die Wiener selbst bewiesen eine gewisse Neigung für das Närrische: Man schätzte die komischen Käuze, seltsamen Originale und schnurrigen Zeitgenossen, sie gehörten irgendwie dazu, boten willkommenen Stoff zur Belustigung, aber auch zu manchem Ärger. Man genoss die groben Possen des Hanswursts auf den Stegreifbühnen der Stadt, beklatschte den Harlekin der Commedia dell’arte und lachte über den Kasperl und seine Abenteuer. Hatte man partout keinen Narren zur Hand, so wanderte man am Sonntag zum Narrenturm beim Allgemeinen Krankenhaus, um hier die „Halbtollen“ und wirklich Wahnsinnigen zu sehen, oder man erfand so manch Närrisches einfach selbst – die „Unsinnsgesellschaft“ um Franz Schubert und Leopold Kupelwieser, die ihren Stammsitz im Gasthaus „Zum rothen Hahn“ auf der Landstraße hatte, ist dafür beredtes Zeugnis. Man liebte das Spiel mit närrischen Rollen, mit seltsamen Pseudonymen und allerlei Verkleidungen, es gefiel, die „Mitmenschen und sich selbst zum Narren zu halten“, wie Emil Karl Blümml in seiner Abhandlung über den „Narrendattel“ schreibt. Kurz gesagt: Die Narren waren den Wienern schon immer lieber als öde schulmeisterliche Belehrung. Sie ermöglichten das befreiende Lachen über eine in der närrischen Perspektive grotesk verzerrte Welt.

      DER NARR UND DAS ABSEITIGE DENKEN

      Der Narr, sagt Erasmus von Rotterdam in seiner berühmten satirischen Schrift Lob der Torheit, zeichne sich durch die Abwesenheit von Verstand aus. Das war nicht unbedingt ein Makel: Der unvernünftige „Hofnarr“ bewegte sich in unmittelbarer Nähe des Herrschers, der weise Berater und der Tor, beide standen dem Regenten gemeinsam zur Seite. Dem Narren war es vorbehalten, im Gewand der Narretei unverblümt Dinge sagen zu können, die dem Weisen nicht gut angestanden wären: Verrücktes, Lustiges, aber auch Kritisches, Provokantes. Man verzieh ihm ob seiner Torheit und lachte über seine Scherze. Der Narr war durch seine Tracht, die Narrenkappe, geschützt und konnte nicht zur Verantwortung gezogen werden.

      Erasmus geht in seinen Überlegungen zur Torheit aber noch weiter und wagt eine These: Er meint, dass es die „Narrheit“ brauche, um schöpferisch zu sein. Es sei Fiktion, dass das menschliche Dasein von Vernunft geleitet werde, gerade die „Narrheit“ sorge für neue Ideen.

      Genau dieses „unkalkulierte, abseitige, ungebändigte, regellose, flanierende Denken“ (Alexander Košenina) zeichnet die Protagonisten dieses Buches aus. Die „Narren“, von denen hier die Rede ist, sind unbequem. Es sind


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